Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wallander 06 - Die fünfte Frau

Wallander 06 - Die fünfte Frau

Titel: Wallander 06 - Die fünfte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
Vom Netzwerk:
Südamerika oder in Alingsås gesehen worden wäre. Oder als Gespenst im Wald in der Nähe von Rätansbyn.«
    |294| »Wie hieß sie?«
    »Krista. Haberman mit Nachnamen.«
    Wallander erinnerte sich schwach an den Fall. Damals war viel spekuliert worden. »Die schöne Polin«, lautete eine Zeitungsüberschrift, an die er sich erinnerte.
    Wallander überlegte. »Sie hat also mit anderen Vogelbeobachtern korrespondiert«, sagte er. »Und hat sie manchmal besucht?«
    »Ja.«
    »Gibt es den Briefwechsel noch?«
    »Sie wurde vor ein paar Jahren für tot erklärt. Ein Verwandter aus Polen tauchte plötzlich auf und stellte Forderungen. Ihr Eigentum verschwand. Und das Haus wurde abgerissen für einen Neubau.«
    Wallander nickte. Es wäre zuviel verlangt gewesen, daß die Briefe und Postkarten noch da waren. »Ich erinnere mich ganz schwach an das Ganze«, sagte er. »Aber gab es nie irgendeinen Verdacht? Daß sie Selbstmord begangen hätte oder einem Verbrechen zum Opfer gefallen wäre?«
    »Natürlich gingen viele Gerüchte um. Und ich glaube, daß die Polizisten, die den Fall untersuchten, gute Arbeit geleistet haben. Es waren Leute hier aus der Gegend, die zwischen Gerede und Worten mit Inhalt unterscheiden konnten. Es gab Gerüchte über geheimnisvolle Autos. Daß sie nachts Besuche empfangen hätte. Und es wußte auch keiner, was sie trieb, wenn sie auf ihren Reisen war. Das wurde nie geklärt. Sie verschwand. Und sie ist immer noch verschwunden. Wenn sie noch lebt, ist sie also fünfundzwanzig Jahre älter. Alle werden älter. Auch die Verschwundenen.«
    Schon wieder, dachte Wallander. Aus der Vergangenheit taucht etwas auf. Ich reise hierher, um herauszufinden, warum Holger Eriksson der Kirche in Svenstavik Geld vermacht hat. Auf die Frage bekomme ich keine Antwort. Dagegen bekomme ich zu hören, daß es auch hier eine Hobby-Ornithologin gab, eine Frau, die seit über fünfundzwanzig Jahren verschwunden ist. Aber möglicherweise habe ich trotz allem die Antwort auf meine Frage bekommen. Auch wenn ich sie noch nicht verstehe.
    »Die Ermittlungsunterlagen liegen bestimmt in Östersund«, sagte Melander. »Sie wiegen sicher viele Kilo.«
    |295| Sie verließen die Kirche. Wallander betrachtete einen Vogel, der auf der Friedhofsmauer saß.
    »Kennen Sie einen Vogel, der Mittelspecht heißt?« fragte er.
    »Das ist ein Specht«, sagte Melander. »Das hört man ja. Aber ist der nicht ausgestorben? Zumindest in Schweden?«
    »Er ist im Begriff zu verschwinden«, sagte Wallander. »Nach Schweden ist er seit fünfzehn Jahren nicht mehr gekommen.«
    »Ich habe ihn vielleicht mal gesehen«, sagte Melander zögernd. »Aber die Spechte sind heutzutage selten. Mit den Kahlschlägen sind die alten Bäume verschwunden. Und darin haben sie meistens gesessen. Und natürlich auf den Telefonmasten.«
    Sie waren zum Einkaufszentrum zurückgegangen und bei Wallanders Wagen stehengeblieben.
    »Wollen Sie weiter?« fragte Melander. »Oder müssen Sie zurück nach Schonen?«
    »Ich fahre nach Gävle«, antwortete Wallander. »Wie lange dauert das? Drei, vier Stunden?«
    »Eher fünf. Die Straßen sind schneefrei und auch nicht glatt. Es ist gut zu fahren. Aber die Zeit brauchen Sie. Es sind fast vierhundert Kilometer.«
    »Ich danke Ihnen für die Hilfe«, sagte Wallander. »Und das gute Essen.«
    »Aber auf Ihre Fragen haben Sie keine Antwort gekriegt.«
    »Vielleicht doch«, sagte Wallander. »Das wird sich zeigen.«
    »Es war ein alter Polizist, der die Untersuchung nach dem Verschwinden von Krista Haberman durchgeführt hat«, sagte Melander. »Er fing damit an, als er in mittleren Jahren war. Und machte weiter, bis er pensioniert wurde. Noch auf dem Totenbett soll er davon gesprochen haben. Was mit ihr passiert wäre. Er kam nie davon los.«
    »Ja, das ist die Gefahr«, sagte Wallander.
    Sie verabschiedeten sich.
    »Wenn Sie mal zu uns runterkommen, müssen Sie reinschauen«, sagte Wallander.
    Melander lächelte. Die Pfeife war ausgegangen. »Meine Wege führen meistens nach oben«, sagte er. »Aber man weiß ja nie.«
    »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Bescheid sagten«, meinte |296| Wallander zum Schluß, »falls sich noch etwas tut, was erklärt, warum Holger Eriksson der Kirche Geld geschenkt hat.«
    »Es ist schon komisch«, sagte Melander. »Wenn er die Kirche gesehen hätte, könnte man es verstehen. Sie ist ja schön.«
    »Sie haben recht«, sagte Wallander. »Wenn er hier gewesen wäre, könnte man es

Weitere Kostenlose Bücher