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Wallander 06 - Die fünfte Frau

Wallander 06 - Die fünfte Frau

Titel: Wallander 06 - Die fünfte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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zur schwedischen U N-Einheit . Er hatte Papiere und Fotos von Söldnern bei sich, die gefallen waren. Aber Schweden waren nicht darunter.«
    »Und warum kam er dann zur schwedischen Einheit?«
    »Wir Schweden galten als nett und großzügig. Er kam mit dem Karton und wollte den Inhalt verkaufen. Gott weiß, wie er da rangekommen ist.«
    »Und Sie haben ihn gekauft?«
    Hanzell nickte. »Sagen wir lieber, daß wir einen Tauschhandel machten. Ich glaube, ich habe ungefähr den Gegenwert von zehn |199| Kronen für den Karton bezahlt. Das meiste habe ich weggeworfen. Aber ich behielt ein paar von den Fotos. Unter anderem dieses.«
    Wallander ging einen Schritt weiter. »Harald Berggren«, sagte er. »Einer der Männer auf meinem Foto ist Schwede und heißt so. Nach dem Ausschlußverfahren muß es entweder der in der Mitte oder der auf der rechten Seite sein. Sagt Ihnen der Name etwas?«
    Hanzell dachte nach. Dann schüttelte er den Kopf. »Nein«, sagte er. »Aber das muß nicht viel besagen.«
    »Wieso nicht?«
    »Viele der Söldner haben ihre Namen geändert. Das galt nicht nur für Schweden. Für die Dauer des Kontrakts, den man hatte, nahm man einen neuen Namen an. Wenn alles vorbei war und man überlebt hatte, konnte man seinen alten Namen wieder annehmen.«
    »Das bedeutet, daß Harald Berggren unter einem ganz anderen Namen im Kongo gewesen sein kann?«
    »Ja.«
    »Es bedeutet auch, daß er sein Tagebuch unter seinem eigenen Namen geschrieben haben kann, der dann als Pseudonym fungierte?«
    »Ja.«
    »Und das kann weiter bedeuten, daß Harald Berggren unter einem anderen Namen getötet worden ist?«
    »Ja.«
    Wallander sah Hanzell forschend an. »Mit anderen Worten: Es ist fast unmöglich zu sagen, ob er lebt oder tot ist? Kann er unter einem Namen tot und unter einem anderen noch am Leben sein?«
    »Söldner sind scheue Menschen. Was man verstehen kann.«
    »Also ist es nahezu unmöglich, ihn zu finden, wenn er es nicht selbst will?«
    Olof Hanzell nickte. Wallander betrachtete den Teller mit Zwiebäcken.
    »Ich weiß, daß viele meiner früheren Kollegen eine andere Ansicht hatten«, sagte Hanzell. »Aber für mich waren Söldner immer verachtenswert. Sie töteten für Geld. Auch wenn sie behaupteten, daß sie für eine Ideologie kämpften. Für die Freiheit. |200| Gegen den Kommunismus. Aber die Wirklichkeit sah anders aus. Sie töteten unterschiedslos. Sie befolgten Befehle derer, die gerade am besten zahlten.«
    »Ein Söldner muß bedeutende Schwierigkeiten gehabt haben, zu einem normalen Leben zurückzukehren«, sagte Wallander.
    »Vielen gelang es nie. Sie wurden zu Schattengestalten am äußersten Rand der Gesellschaft. Oder sie soffen sich zu Tode. Ein Teil von ihnen war sicher auch schon vorher gestört.«
    »Wie meinen Sie das?«
    Hanzells Antwort kam ohne Zögern und mit Nachdruck. »Sadisten und Psychopathen.«
    Wallander nickte. Er verstand.
    Harald Berggren war ein Mann, den es gab und auch wieder nicht gab. Wie er in das Bild hineinpaßte, war mehr als unbestimmt.
    Das Gefühl war deutlich und klar. Wallander hatte sich festgefahren. Er wußte nicht, wie er weiter vorgehen sollte.

|201| 15
    Wallander blieb bis spät am Nachmittag in Nybrostrand. Doch er verbrachte nicht die gesamte Zeit bei Olof Hanzell. Er verließ das Haus um ein Uhr. Als er nach dem langen Gespräch in die Herbstluft hinaustrat, überkam ihn Ratlosigkeit. Was sollte sein nächster Schritt sein? Anstatt nach Ystad zurückzukehren, fuhr er ans Meer und stellte den Wagen ab. Nach einem gewissen Zögern entschloß er sich, einen Spaziergang zu machen.
    Vielleicht würde es ihm helfen, die Zusammenfassung zu machen, die er so nötig brauchte? Aber als er zum Strand kam und den beißenden Herbstwind fühlte, kehrte er zum Wagen zurück. Er setzte sich auf den Beifahrersitz und drehte die Rückenlehne herunter. Dann schloß er die Augen und rief sich die Ereignisse seit jenem Vormittag vor zwei Wochen in Erinnerung, als Sven Tyrén bei ihm erschienen war und erzählte, daß Holger Eriksson verschwunden sei. Heute, am 12.   Oktober, hatten sie einen weiteren Mord, der nach Aufklärung verlangte.
    Wallander versuchte, streng chronologisch vorzugehen. Eine der wichtigsten Einsichten, die ihm Rydberg vermittelt hatte, war die, daß Dinge, die als erstes geschahen, nicht notwendigerweise auch die ersten in einer Ursachenkette sein mußten. Holger Eriksson und Gösta Runfelt waren beide getötet worden. Aber warum? Waren es Racheakte? Oder

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