Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Titel: Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
Vom Netzwerk:
Syrakusern die Athener fünfzig Schiffe verloren, die entweder im Gefecht sanken oder unbrauchbar gemacht wurden, und die Syrakuser vierzig. Als Quelle gibt er Sikanos an, den syrakusischen Kommandanten, der die Wracks höchstpersönlich gezählt habe und von Freund und Feind für einen zuverlässigen Mann gehalten werde.«
    »Also, jetzt bin ich platt!« staunte der alte Mann. »Haben wir von den Barbaren wirklich vierzig Schiffe versenkt? Damals sah das nicht danach aus.«
    »Bist du denn auch dabeigewesen?« fragte ich. Und dann, ganz plötzlich, erkannte ich ihn und konnte ihn mit seinem Namen ansprechen: Jason, Sohn des Alexides von Cholleidai.
    Danach stellte ich mich selbst vor, woraufhin er mir nur antwortete: »Du schuldest mir noch sieben Drachmen, Eupolis.«
    Zum ersten- und gleichzeitig letztenmal hatte ich Jason am Abend nach dem Schiffsgefecht gesehen. Er saß vor einem übelriechenden Feuer, das hauptsächlich mit ausrangierten Helmbüschen gespeist wurde (was für die damaligen Umstände ganz bezeichnend ist), und spielte mit sich selbst das Knöchelspiel. Um ihn aufzumuntern, fragte ich ihn, ob er mit mir ein Spiel machen wolle. Er erkundigte sich, ob ich Geld habe, und ich antwortete, ja, ein bißchen, also schlug er einen Einsatz von zwei Obolen pro Runde vor. Das war zu jener Zeit ein ziemlich hoher Einsatz, aber da ich wenig Sinn darin sah, reich zu sterben, stimmte ich seinem Vorschlag zu, und wir begannen mit dem Spiel. Natürlich gewann er jede Runde und zog mir auch noch den allerletzten Obolos, den ich besaß, aus der Tasche, zuzüglich der oben erwähnten sieben Drachmen. Als er feststellte, daß ich nicht den ganzen Betrag bezahlen konnte, war er äußerst aufgebracht, warf mir alle möglichen unflätigen Schimpfnamen an den Kopf und verlangte mein Schwert und die Rüstung als Sicherheit für meine Schulden. In jenem Moment hatte ich es ziemlich eilig, mich davonzuschleichen. Doch verfolgte er mich ständig durchs ganze Lager, wobei er unaufhörlich über seine lausigen sieben Drachmen jammerte, bis mir Kallikrates mit einigen Freunden zu Hilfe kam und ihn verjagte.
    Diesen Vorfall erwähne ich aus drei Gründen: Erstens bildet er eine einigermaßen heitere Einleitung zu einem recht traurigen Teil meiner Geschichte; zweitens hoffe ich, daß Jason, Sohn des Alexides, eines Tages jemanden diese Stelle vorlesen hört und sich in Grund und Boden schämt; und drittens als eine Anmerkung zu dem abgrundtief schlechten Geschmack der Moiren, die Männer wie mich und diesen boshaften Jason lebend aus Sizilien herauskommen ließen, andererseits aber dort so viele gute Männer umbrachten.
    Doch zurück zu meiner Geschichte. Nach der Schlacht im Hafen blieb als einzige Frage, wie wir, falls überhaupt, entkommen könnten. Auch wenn dem aufrichtigen Feldherrn Sikanos vielleicht bekannt war, daß die Syrakuser vierzig ihrer neunzig Schiffe verloren hatten – auf unserer Seite wußte das niemand. Und als Demosthenes unseren Schiffsbesatzungen gegenüber zu verstehen gab, daß man nicht abgeneigt sei, einen erneuten Durchbruchversuch ins Auge zu fassen, kam er nur knapp mit dem Leben davon. Wir beschlossen schließlich, unsere verbliebenen Schiffe zu verbrennen und auf dem Landweg nach Catina zu marschieren, das in diesem Augenblick für jeden einzelnen Mann unseres Heers eine Art Paradies auf Erden verkörperte. Zur Verbrennung unserer Schiffe kam es letztlich nie. Der Mann, der den Auftrag dazu erhalten hatte, dachte, es sei die Aufgabe von jemand anderem, und auf diese Weise blieben die Schiffe hübsch ordentlich nebeneinander aufgereiht für die Syrakuser liegen, die den Krieg somit beendeten, wie sie ihn angefangen hatten – nämlich mit genau neunzig Kriegsschiffen.
    Das nächste Problem war, wann wir losmarschieren sollten. Demosthenes war für den sofortigen Aufbruch, denn im Gegensatz zu seinen Mitstreitern hatte ihm die Niederlage nicht den letzten Verstand geraubt. Er erkannte, daß bei einem sofortigen Aufbruch nicht nur der Feind keine Zeit hätte, Einheiten zum Sperren der Straßen auszusenden, sondern unsere Soldaten auch keine Gelegenheit hätten, sich mit dem ganzen nutzlosen Plunder zu beladen, auf dessen Mitnahme ein Heer zum großen Nachteil der durchschnittlichen Marschgeschwindigkeit besteht, wenn es die Möglichkeit dazu hat. Doch Nikias wollte sich nicht vom Fleck rühren, ohne zuvor eine gründliche Bestandsaufnahme unseres Proviants zu machen und ausführliche Berechnungen

Weitere Kostenlose Bücher