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Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Titel: Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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um reine Ausgelassenheit.
    Der alte Mann warf mir einen finsteren Blick zu und murmelte: »Na schön, dann eben zwei Statere.«
    Immer noch hilflos kichernd, kramte ich zwei Statere aus dem Geldbeutel hervor und gab sie ihm. Als er die Münzen in den Händen spürte, sah er wie Prometheus aus, als dieser vom Himmel das Feuer empfing.
    »Einen Moment mal«, wandte ich ein. »Wenn du gar kein Geld hast, wie konntest du dann das Maultier kaufen?«
    »Wir kaufen und verkaufen hier nicht für Geld«, antwortete er in verächtlichem Ton. »Geld ist zum Aufbewahren da. Ich habe ihm dafür zwei Harken und einen Scheffel Feigen gegeben.«
    »Der hat dich übers Ohr gehauen.«
    »Das ist ein gutes Maultier«, verteidigte sich der Alte mit weinerlicher Stimme. »Es wird den ganzen Tag ohne Pause laufen und braucht nicht viel Futter. Ich kenne es schon seit seiner Geburt, das arme Vieh.«
    »Na gut«, lenkte ich schließlich ein. »Aber jetzt solltest du lieber mal mit reinkommen und dir meinen Freund ansehen. Es geht ihm nicht gut.«
    Der alte Mann kicherte, und einen Augenblick lang wurde ich überaus mißtrauisch. Doch als wir das Haus wieder betraten, schlief Aristophanes friedlich.
    »Diese alte Breipackung versagt nie«, stellte der Alte stolz fest und fügte etwas verwundert hinzu: »Die wirkt sogar bei Griechen. Ich habe immer gedacht, in einem Griechen stecke mehr Bosheit, als dieser Brei herausziehen könne, deshalb habe ich von allem etwas mehr hineingetan.«
    »Er wird also wieder gesund?«
    »Schon sehr bald sogar. Hättest du ihn allerdings später zu mir gebracht, dann wäre er dir wahrscheinlich gestorben.«
    Ich nickte feierlich und gab ihm die Vier-Stater-Arethusa. Er nahm sie wie eine Mutter entgegen, die ihren Säugling von der Hebamme empfängt, setzte sich auf einen Krug neben dem Dreifuß und spielte eine Weile mit der Münze, indem er sie mit Fett aus seinem Haar einrieb, um sie zum Glänzen zu bringen.
    Ich glaube, ich hätte eigentlich müde sein müssen, war es aber nicht, und auch der alte Mann zeigte keine Anzeichen von Schläfrigkeit. Für einen von Rheuma praktisch gelähmten Menschen war er im Grunde sogar unglaublich rege. Als er sich das Profil der Quellnymphe Arethusa lange genug angesehen hatte, wandte er sich mir zu und fragte: »Du bist also ein Soldat, mein Junge?«
    »So in etwa.« Es war viele Jahre her, daß mich jemand einen Jungen genannt hatte.
    »Athener, sagst du?«
    »Genau.«
    »Das liegt in Griechenland, oder?«
    »Ja.«
    Er zuckte die Achseln, als wolle er sagen, es sei jetzt zu spät, daran noch etwas zu ändern. »Gegen wen kämpfen wir denn?«
    »Gegen uns.«
    »Wie bitte?«
    »Ihr kämpft gegen uns. Die Syrakuser gegen die Athener.«
    Er blickte mich an, als wäre ich übergeschnappt. »Die Athener gegen die Syrakuser?«
    »Ja. Ich dachte, das hättest du gewußt.«
    »Wir erfahren hier draußen keine Neuigkeiten«, sagte er, und seine Stimme ließ darauf schließen, daß er auch nichts von Neuigkeiten hielt. »Warum?«
    »Warum was?«
    »Warum kämpfen die Athener gegen die Syrakuser?«
    »Sie hatten einfach Lust dazu.«
    Das stellte ihn offenbar zufrieden, denn er widmete sich wieder dem Betrachten seiner Münze. Ich hatte Hunger, deshalb öffnete ich den Proviantbeutel und schüttete ein wenig Mehl in meine Schale. »Hast du etwas Wasser?« fragte ich, wobei ich nachdrücklich auf den zu drei Vierteln gefüllten Krug blickte, der auf dem Boden stand.
    »Nein«, antwortete er.
    »Wenn du mir ein bißchen Wasser gibst, kriegst du von mir Mehl.«
    Er nahm eine Holzschale vom Boden hoch und reichte mir den Krug, woraufhin ich ihm das Mehl gab.
    »Was ist mit ihm?« fragte ich mit einem Nicken in Richtung Aristophanes.
    »Morgen früh.« Der Alte rührte seinen Brei an. »Hast du vielleicht etwas Honig?«
    »Nein, aber ich habe eine Zwiebel.«
    »Eine Zwiebel!« War der Reichtum dieses Mannes an fremden und köstlichen Genußmitteln, so gab sein Gesichtsausdruck zu verstehen, womöglich unerschöpflich? Mit einem kleinen Messer, das auf dem Boden lag, schnitt ich die Zwiebel in der Mitte durch und warf ihm die eine Hälfte zu. Er fing sie auf und biß hinein, als wäre es ein Apfel. »Zwiebeln habe ich bis vor vielleicht drei Jahren angebaut, aber dann ist die Saat eingegangen.«
    »Und wieso hast du dir keine neue geholt?«
    »Die Saat ist hier in der ganzen Gegend eingegangen«, antwortete er. »Vielleicht gibt es in Akrai welche, aber da bin ich seit vierzig Jahren nicht

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