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Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Titel: Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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die Fäuste und stampfte mit dem Fuß auf. Rebekka sah mit stillem Triumph, wie der Stolz der Vornehmen litt, sie gönnte ihr diesen Ärger recht von Herzen. Als ein Sklave eintrat, um an den wartenden Nomarchen und das Fest zu mahnen, ließ Asso dem Vornehmen sagen, sie sei verhindert ihm zu folgen, heftiges Kopfweh mache es ihr unmöglich, er möge sich heute ohne sie behelfen.
    »Ich liebe meinen Sohn,« hörte dann Rebekka die Mutter vor sich hinmurmeln, »ich liebe ihn, ich möchte ihn erhoben sehen über die Häupter der Menschen; nicht an Kleinliches soll er sein Herz hängen, seine Kräfte verschwenden; beim Sonnenlicht! es ist Zeit, daß er sich von hier weg nach Theben verfügt, damit er aus diesem tatlosen Hinbrüten herausgerissen wird, damit er nicht Zeit behält, an unwürdige Zerstreuungen oder Jugendtorheiten zu denken, sondern, daß er seine Talente bewährt, vor den Augen seines Monarchen. Doch dieser Judenliebesgeschichte will ich sofort ein Ende machen.«
    Eben wollte sich die Witwe anschicken, einen Plan mit der Tänzerin zu entwerfen, um die geheimnisvollen Liebesabenteuer ihres Sohnes ans Licht zu ziehen, als sie durch die offengebliebene Türe denselben bemerkte, wie er langsam, selbstvergessen, die Säulenhalle herunterwandelte. Sobald sie dies gewahr wurde, gab sie der Tänzerin einen Wink, sich zu verbergen, denn, wie es ihr schien, näherte sich Menes diesem Zimmer. Rebekka schlüpfte hinter den grünen Vorhang, der das Ruhelager verbarg, Asso zog denselben glatt, rückte Tisch nebst Stuhl davor und setzte sich dann nachlässig nieder, eine Papyrusrolle zur Hand nehmend, damit es den Anschein haben solle, als sei sie ganz in das Studium derselben vertieft; dabei warf sie jedoch ungeduldige Blicke durch die Türspalte.
    »Jetzt muß es sich offenbaren,« rief sie leise hinter den Vorhang, »ich werde scharf beobachten, was in seiner Seele vorgeht. Hat er ein Geheimnis auf dem Herzen, so bleibt dasselbe meinem mütterlichen Scharfblick keine zwei Minuten lang verborgen, denn seinem Gemüt ist alle Verstellung unmöglich; zu lügen fällt ihm schwerer, als einem Höfling die Wahrheit zu sagen. Wahrhaftigkeit besitzt er leider oft in zu hohem Grade.«
    Nun beobachtete sie ihren Sohn, wie er langsam näher kam. Sogleich fiel ihr als verdächtiges Zeichen auf, daß er mehr auf sein Äußeres gehalten, wie er sonst pflegte, denn das Linnen seines Gewandes war von tadelloser Weiße, um das linke Armgelenk trug er sogar ein goldenes Armband, eine Verschönerung seines äußeren Menschen, die sie bisher noch nie an ihm wahrgenommen, selbst wenn er an hohen Festtagen im Tempel erschien. Die Freude an seiner schönen, schlanken Gestalt ward ihr hinreichlich durch die fast zur Gewißheit gewordene Vermutung verbittert, daß er ohne ihren Willen sich mit Geschöpfen niederer Art gemein gemacht hatte; dennoch überflog ihr Antlitz ein Lächeln der Befriedigung, als sie sah, wie er anmutig diese oder jene Blume vom Zweige bog, mit welcher kühnen Nachlässigkeit er Kopftuch und Mantel umgeworfen und wie elastisch seine glatten Arme jeder Bewegung des Körpers folgten.
    »Er könnte bei Hofe sein Glück machen,« murmelte sie, »schade, daß er gar zu ehrlich ist, dadurch verdirbt er sich alles.«
    Träumerischen Auges musterte Menes im zögernden Näherkommen die Statuen, die Säulen und gemalten Wände. Seine Mutter suchte vergebens hinter diesen weltvergessenen Mienen den heimlichen Verbrecher, den Schänder ihres Hauses; nichts Scheues lag in seinem Benehmen, nichts, was darauf hinzudeuten schien, er verberge den Blicken seiner Umgebung ein unerlaubtes Verhältnis. Nur etwas fiel ihr auf: das Auge des jungen Mannes strömte manchmal ein nie gesehenes, heiteres Licht aus; in diesem Blick, der meist so schwermütig am Boden hing, brannte heute zuweilen ein eigentümlich schwärmerisches Feuer auf. Nun hatte er endlich die Türe erreicht; ohne zu wissen, was er tat, stieß er sie auf, prallte aber nicht, wie er sonst wohl getan haben würde, beim Anblick seiner Mutter erschrocken zurück, sondern nickte ihr lächelnd zu. Asso traute ihren Augen nicht; das hatte er noch niemals getan, erzwungene Ehrfurchtsbezeugungen, unterwürfigen Gehorsam hatte er sonsthin stets seiner Mutter als Herrin des Hauses entgegengebracht, aber niemals freundliche Zutraulichkeit. Sie lud ihr Kind durch eine Handbewegung zum Sitzen ein.
    »Warum heute so geschmückt?« frug sie ihn.
    »Warum nicht?« gab er zur Antwort.
    »Das

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