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Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Titel: Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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den du eben mit Dattelkörnern beworfen? Doch sieh! die Glatze stieg aus einer bunten Sänfte, ein Sklave überdeckte die Ehrwürdige mit einem Kopftuch und vor Rebekkas erstaunten Blicken stand, das Leopardenfell umgeschlagen, in milchweißes Linnen gehüllt, ein stattlicher Priester. Der erste Gedanke, der ihr durch das erschrockene Gehirn zuckte, war: wir sind entdeckt, man hat unseren nächtlichen Gang belauscht! wir sind verloren!! Jedoch Schergen konnte ihr Auge nicht erspähen; um die Sänfte waren friedliche Diener beschäftigt; der eine von diesen entfaltete jetzt einen großen Schirm und hielt ihn über den mit dem Leopardenfell; während sich ein kleinerer, ebenfalls weißgekleideter Mann an die Seite des Priesters schlich. Beide schienen zu flüstern.
    »Nun, wird denn bald hier aufgemacht,« rief eine rauhe Stimme vor der Türe, »läßt man den Oberpriester Psenophis warten?«
    Rebekka öffnete und herein trat der stattliche Leopardenfellträger. Seine listig funkelnden Äuglein rollten lebhaft, als er Rebekkas ansichtig ward; er schien sie mit den Blicken betasten zu wollen und flüsterte seinem Nebenmanne einige Worte zu, die dieser lachend erwiderte.
    »Was steht zu Diensten, hoher Herr?« sagte die Jüdin demütig, »o ihr Götter! Euer hoher Besuch, mein Gebieter, beschämt mich.«
    Hierauf schlug sie, Schamröte erkünstelnd, die Augen nieder. Sie mochte denken, der Herr finde Gefallen an ihr, denn da er noch immer schwieg, ergriff sie ihre Handtrommel und frug, ob er einen Tanz begehre.
    »Nur ein paar Stellungen,« sagte der Priester freundlich.
    Rebekka warf ihre Tücher von sich, stellte sich auf die Fußspitzen, reckte die Arme gen Himmel und beugte sich kühn zurück, bis ihr Haar den Fußboden berührte.
    »Genug,« sagte der Priester. Alsdann wendete er sich an seinen Begleiter.
    »Sie wird dem König gefallen, denke ich,« flüsterte er, mit den Augenlidern zwinkernd.
    »Mein Kind,« redete er alsdann die Jüdin wohlwollend an, »willst du mir einen Gefallen erweisen?«
    »Jeden, o Herr!«
    »Nun, so sei heute abend, sobald die Dunkelheit hereingebrochen, zu Hause,« sagte der Priester. »Weiter verlange ich nichts von dir. Alsdann wird ein Sklave zu dir treten, tue, was er von dir verlangt.«
    »Jedoch –«
    »Frage nicht,« sagte der Priester bestimmt.
    »Tue, was dieser Sklave von dir verlangt. Du hast ein geschmeidiges, fischartiges Wesen an dir, du wirst dein Glück machen. Dein Glück! Hörst du?«
    Er erhob sich, flüsterte der erstaunten Jüdin das Wort: Asso! zu und schritt rasch von dannen.
    Nun erst ahnte Rebekka, um was es sich handelte. Mit der glühendsten Ungeduld erwartete sie die Nacht. Kaum war die Sonne verschwunden, so schmückte sie ihren Leib aufs reichste, wusch, badete und salbte sich, daß sie glänzte wie ein geschliffener Spiegel und lachte oft so überlaut auf, daß Isaak für ihren Verstand zu fürchten begann.
    »Ich bin so glücklich,« sagte sie, »ich möchte die ganze Welt umarmen.«
    Es war völlig dunkel geworden, als ein schwarzer Äthiopier von elefantenhaft breitem Gliederbau in das Gemach der Geschwister trat und nach Rebekka frug. Rebekka nannte den Namen: Asso! und sogleich verneigte sich der schwarze Riese demütig vor ihr.
    »Heil dir!« sprach er, indem er ein großes Tuch entfaltete, »Heil dir, Herrin!«
    »Was soll dies Tuch?« frug Rebekka erstaunt.
    »Trete darauf,« sagte grinsend der Sklave.
    »Gehe in das Nebengemach, Isaak,« befahl Rebekka.
    Isaak ging, einen fragenden Blick hinter sich werfend.
    »Befindet sich der König noch in den Mauern von Memphis?« frug Rebekka den Äthiopier leise. Dieser aber verzog seine Züge zu einem scheußlichen Grinsen, tat, als wisse er nicht, was sie ihn gefragt, und hatte, ehe sich Rebekka noch dagegen wehren konnte, das Tuch um ihren Leib geschlungen.
    »Halte dich still,« lachte das schwarze Ungeheuer, indem er die menschliche Last mit Leichtigkeit auf seinen Rücken lud, »halte dich still, bewege dich nicht, man darf nicht vermuten, daß ich ein Weib trage. Es muß Geheimnis bleiben.«
    »Ich werde ersticken,« keuchte Rebekka.
    »Suche dir ein Luftloch,« entgegnete der Sklave, dem es ein behagliches Schmunzeln entlockte, als er die schönen Glieder der Tänzerin sich an die seinen schmiegen fühlte.
    So ging es in die Nacht hinaus. Rebekkas Herz klopfte zum Zerspringen, denn, sagte sie sich, gehe ich meinem höchsten Ziele entgegen, so wird es von mir abhängen, vielleicht mit meinen

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