Walzer, Küsse und Intrigen - Michaels, K: Walzer, Küsse und Intrigen
Kriegsdienstes angeht, bin ich nämlich betrüblich hinterm Mond.“
Rafe hob sein Glas und trank einen großen Schluck. Ohne Lucas anzusehen, antwortete er: „Auf See. Eine neue Jacht, ein plötzlicher Sturm, und sie waren verloren. Die Leichen wurden nie gefunden. Ich erfuhr es durch meine Tante Emmaline, während ich noch in Paris war.“
Irgendwie spürte Lucas, dass mehr dahinter steckte. Er lehnte sich vor und fragte leise: „Also hat niemand das Unglück gesehen?“
„Nein, warum?“
Lucas seufzte. Rafe war sein Freund, war frisch verheiratet, und seine Gattin würde ihm bald das erste Kind schenken. Wie Lucas mit eigenen Augen gesehen hatte, war das Paar offensichtlich glücklich. Rafe war ein guter Mann, ein guter Soldat, und sein Name war völlig unbefleckt. Diese Geschichte aber schrie förmlich danach, zum Skandal umgemünzt zu werden, wenn jemand wie Lord Frayne sie verbreitete.
„Am besten fange ich ganz von vorne an“, sagte er.
Ein wenig misstrauisch sah Rafe ihn an und meinte trocken: „Ja, das sehe ich auch so. Eigentlich nahm ich an, du hättest mich hergebeten, weil du um Nicoles Hand anhalten willst. Genauer gesagt nahm Charlotte das an. Was hat mein verblichener Onkel damit zu tun?“
„Nichts, Rafe, gar nichts. Wenigstens sollte er nicht. Es tut mir leid, aber ich habe uns alle in eine Klemme gebracht. Lass es dir erklären.“
Und er erzählte, vom Selbstmord seines Vaters, den er und seine Mutter für den feigen Ausweg eines Landesverräters gehalten hatten, von dem anonymen Brief, den er vor einem Jahr bekommen hatte, des Inhalts, dass sein Vater völlig unschuldig und nur als Sündenbock benutzt worden sei; seine eigene Suche nach dem wahren Sachverhalt riss er nur an, erwähnte aber seine Schelte an seine Zeitgenossen neulich im Klub und das daraus resultierende Angebot, Auskunft gegen Unterstützung zu tauschen.
„Weißt du, Rafe, ich war wirklich bereit, dem Mann zu helfen. Er hatte mir die so lange gesuchten Antworten versprochen, die auch endlich den Gram meiner Mutter lindern würden. Seit dem Tod meines Vaters meidet sie die Gesellschaft, und ihre Gesundheit hat gelitten. Wenn ich ihr also so helfen konnte? Ich wollte die Versprechungen glauben! Aber als es dann gestern Abend so weit war, brachte ich es nicht fertig, meine Zusage einzuhalten. Nicht einmal für sie.“
„Das überrascht mich nicht. Du warst immer ein Ehrenmann, Lucas. Und nun erzähl, was mein Onkel und seine Söhne damit zu tun haben.“
„Und deine Mutter!“, sagte Lucas und schenkte ihnen erneut ein.
„Meine Mutter ? Herrgott, Lucas, was meinst du?“
Hastig erklärte Lucas, worum es ging. Er würde über die Pläne des Mannes, der ihn angeheuert hatte, Schweigen bewahren, und im Gegenzug würde dieser Mann über die angeblich dubiosen Umstände bezüglich des Untergangs der Jacht schweigen. Außerdem würden Lady Daughtrys Briefe unter Verschluss bleiben und Nicole und Lydia vor einem Skandal bewahrt, der sie aus der Gesellschaft ausschließen würde.
„Und du glaubst diesem Mann, dessen Namen zu nennen dir so merkwürdig widerstrebt?“
„Ich bin überzeugt davon, dass er, um sich zu schützen und seine ehrgeizigen Ziele zu erreichen, zu so ziemlich allem fähig ist. Und solange er Munition hat – also die Briefe deiner Mutter –, sind wir alle in Gefahr.“
„Da stimme ich dir zu.“ In Rafes Wange zuckte ein Muskel.
„Das dachte ich mir schon. Außerdem wollte ich auch noch aus einem anderen Grund mit dir sprechen, Rafe. Es geht um die politische Intrige dieses Burschen. Eine Kundgebung der Massen vor dem Parlament, Rafe, nur würde die Königliche Garde schon vorab davon unterrichtet sein und die Demonstranten erwarten! Wie kann ich tun, als ob ich nichts davon wüsste? An meinen Händen würde das Blut dieser Menschen kleben! Mir kann niemand weismachen, dass es nicht zu Unruhen kommt, falls das Wetter so bleibt und die Ernten miserabel ausfallen. Aber zumindest diese eine Demonstration könnte ich unterbinden.“
„Ich will dich nicht fragen, wie du das bewerkstelligen willst, aber ich glaube dir. Und ich stimme mit dir überein, dass du nichts unterlassen darfst, damit es nicht zu einem Massaker kommt.“
„Danke. Aber wie stehst du dazu, dass ich damit dich und deine Familie möglicherweise einem Skandal aussetze – der Unterstellung, dass du deine Verwandten ermordet hast oder ermorden ließest, um den Titel zu erlangen? Und deine Mutter würde als Flittchen
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