Warcraft - 2
ihm schwer. Tari …
Tari, wie konntest du? Ich habe dir immer alles gegeben …
»Mylord?« Remkas besorgte Stimme riss Blackmoore aus seinem so schmerzlichen Schock. Er atmete tief ein und blinzelte die verräterischen Tränen hinfort. »Geht es Euch gut?«
»Nein, Major Remka.« Seine Stimme war so kühl und gefasst wie immer, wofür er dankbar war. »Es geht mir nicht gut. Sie hatten meinen Ork Thrall, einen der besten Gladiatoren, die je in den Ring gestiegen sind. Über die Jahre habe ich viel Geld mit ihm verdient und wollte noch viel mehr mit ihm gewinnen. Es gibt keinen Zweifel, dass er von Ihrem Wachmann gefangen wurde. Und doch erbli-cke ich ihn nirgends in dieser Reihe.«
Es gefiel ihm zu sehen, wie die Farbe aus ihrem Gesicht wich.
»Vielleicht versteckt er sich im Lager«, bot sie ihm eine Erklärung an.
»Vielleicht«, erwiderte Blackmoore und formte mit seinen Lippen die Karikatur eines Lächelns. »Das sollten wir für Ihr weiteres Wohl-befinden hoffen, Major Remka. Durchsuchen Sie das Lager! Jetzt! «
Eilig kam sie seinem Befehl nach und schrie Kommandos. Thrall wäre nie so dumm gewesen, sich in die Reihe zu stellen – wie ein Hund, der auf einen Pfiff reagiert. Deshalb war er tatsächlich mögli-cherweise noch hier, auch wenn Blackmoore irgendwie spürte, dass er fort war. Er war bereits ganz woanders und tat …? Was? Welchen Plan hatten er und diese Hure Taretha ausgebrütet?
Es zeigte sich, dass Blackmoores Ahnung den Tatsachen ent-sprach. Auch eine ausführliche Suche ergab nichts. Keiner der Orks
– verflucht sollten sie sein – gab zu, Thrall gesehen zu haben. Blackmoore degradierte Remka, setzte Waryk auf ihren Posten und ritt langsam nach Hause. Langston traf ihn auf halbem Weg und sprach mit ihm, doch selbst sein fröhliches hirnloses Gerede konnte Blackmoore nicht aufheitern. In einer einzigen Feuernacht hatte er die beiden Dinge verloren, die ihm am Wertvollsten waren: Thrall und Taretha.
Er stieg die Treppe zu seinem Quartier empor, öffnete leise die Tür und betrat sein Schlafzimmer. Licht fiel auf das Gesicht der Schla-fenden. Vorsichtig, um Taretha nicht zu wecken, setzte er sich auf das Bett. Er zog seine Handschuhe aus und berührte ihre zarte Wange. Sie war so schön. Ihre Berührungen hatten ihn stets erregt, ihr Lachen bewegt. Aber nun nicht mehr.
»Schlaf gut, schöne Verräterin«, flüsterte er. Er beugte sich vor, küsste sie und unterdrückte den brutalen Schmerz in seinem Herzen. »Schlaf gut, bis ich dich brauche.«
NEUN
Thrall war in seinem ganzen Leben noch nie so erschöpft und ausgehungert gewesen. Aber die Freiheit schmeckte süßer als das Fleisch, mit dem sie ihn gefüttert hatten, und er schlief besser darauf, als auf dem Stroh, auf dem er als Blackmoores Gefangener in Durnholde genächtigt hatte. Es gelang ihm nicht, die Hasen und Eichhörnchen zu fangen, die durch den Wald liefen, und er wünschte sich außer Kriegsgeschichte und dem Wesen der Kunst auch Überlebensfähigkeiten erlernt zu haben. Da es Herbst war, gab es reife Früchte auf den Bäumen, und bald wusste er, wie er Würmer und Insekten finden konnte. Das half nur wenig gegen den riesigen Hunger, der in seinen Eingeweiden wühlte, aber wenigstens hatte er frisches Wasser in Hülle und Fülle – zahlreiche Bäche und kleine Rinnsale wanden sich durch den Wald.
Nach einigen Tagen, als Thrall gerade durch Dickicht lief, drehte sich der Wind und trug den süßen Geruch von gebratenem Fleisch zu ihm. Er atmete tief ein, als könne er allein durch den Geruch die Nahrung in sich aufnehmen. Hungrig folgte er der Spur.
Obwohl sein Körper nach Nahrung schrie, ließ Thrall nicht zu, dass der Hunger seine Vorsicht beeinträchtigte. Das war auch gut so, denn als er den Rand des Waldes erreichte, sah er Dutzende von Menschen.
Der Tag war schön und warm, einer der letzten dieser sonnigen Herbsttage, und die Menschen bereiteten fröhlich ein Fest vor, das Thrall den Mund wässrig machte. Es gab gebackenes Brot, Bottiche voll mit frischem Obst und Gemüse, Fässer mit Marmelade und But-ter, Käseräder, Flaschen voller – wie er annahm – Wein und Met, und in der Mitte der Lichtung drehten zwei Schweine langsam auf Spießen.
Thralls Knie gaben nach, und er sank langsam auf den Waldboden, wo er fasziniert auf die Essensberge starrte, die ihn zu verhöhnen schienen. Auf der Lichtung spielten Kinder mit Reifen und Fah-nen und anderem Spielzeug, das Thrall nicht kannte. Mütter säug-ten ihre
Weitere Kostenlose Bücher