Warum ich?: Ohne Ausweg... (German Edition)
legen, riss mich unsanft aus meinen Grübeleien.
Schnell versuchte ich, mir eine Ausrede einfallen zu lassen.
"Entschuldige, aber Jannis war heute nicht bei der Sache, und es steht bald ein neuer Test in Französisch an", log ich und allein bei der Erwähnung seines Namens wurde mir erneut flau im Bauch.
Die Lüge fiel auf fruchtbaren Boden und bald wurde am Tisch über Französisch geredet und darüber warum Timo lieber Latein gewählt hatte.
Mein Kopf schmerzte und ich stand auf, besorgte mir eine Tablette. Betty musterte mich besorgt. Verdammt was war ich für ein Schwein!
Meine Frau sorgte sich um mich, obwohl ich sie genau da, wo sie gerade saß, mit Jannis betrogen hatte.
Ich sprang auf und lief auf die Toilette, weil die Übelkeit mich mit Macht überfiel. Das Abendbrot landete in der Kloschüssel und was hätte ich darum gegeben, wenn ich meine Sorgen ebenfalls mit dem Drücken der Klospülung einfach in die Kanalisation befördern hätte können.
"Geh schlafen, Schatz. Ruh dich aus, vielleicht ist es morgen schon besser."
Betty sah mich mitleidig an und schob mich ins Schlafzimmer. Je mehr Sorgen sie sich meinetwegen machte, desto schmutziger und gemeiner fühlte ich mich.
Ich hoffte, dass Jannis Eltern wenigstens zu Hause waren, denn allein sein, mit einem Gefühlschaos in sich, wünschte ich ihm wirklich nicht.
Trotz meiner Erschöpfung schlief ich in dieser Nacht kaum. Denken, drehen und wenden, vor und zurück, im Labyrinth der Probleme, die unlösbar schienen, hielten mich vom Schlafen ab. Als sich Betty neben mich legte, stellte ich mich schlafend, denn ihre Nähe ertrug ich in diesem Moment nicht.
Der Morgen war grausam und die Angst, Jannis in der Schule zu begegnen, brachte die Übelkeit mit Schwung zurück ...
Jannis erschien nicht zum Unterricht. Die Übelkeit verschwand nicht. Das Gefühl, jeder Lehrer und Schüler müsste merken und wissen, was Jannis und ich getrieben hatten, war übermächtig. Timo wusste auch nicht, warum Jannis der Schule fern blieb, denn auf die SMS antwortete dieser nicht.
Sorge mischte sich in das Unwohlsein. Hoffentlich hatte er keinen Mist gebaut. Hoffentlich hatte er sich nicht wieder geritzt.
Meine Besorgnis muss dann wohl doch sehr deutlich in meinem Gesicht gestanden haben, denn Betty nahm mich in der großen Pause zur Seite.
"Was ist los Thomas? Sprich mit mir." Sie holte tief Luft und ich wagte es, ihr in die Augen zu sehen.
"Ich mach mir Gedanken wegen Jannis. Wo ist er, oder besser, warum kommt er nicht? Hoffentlich ritzt er sich nicht wieder." Ich hatte wirklich Angst um ihn, darum witterte sie auch keinen Zweifel oder Lüge.
Ich hatte verschwiegen, warum ich solche Angst hatte. Ich hätte mich um ihn kümmern müssen. Ich!!!
"Fahr zu ihm. Du hast sowieso, außer Timo, den besten Draht zu ihm." Sie strich mir das Haar aus dem Gesicht und küsste mich sanft auf den Mund.
Und sie schickte mich direkt in die Höhle des Löwen.
Oder sollte ich sagen, der Wolf im Schafspelz. Ich wollte zu Jannis, wollte Bestätigung, dass es ihm gut ging.
Ich fürchtete mich, dass es nicht so war, aber am meisten plagte mich die Angst davor, ihn wiederzusehen. Mein Körper spielte schon verrückt, wenn ich nur daran dachte, mit ihm allein zu sein.
Ich erklärte das Problem und ein anderer Lehrer übernahm meinen Unterricht.
Wieder einmal hob ich mein eigenes Grab ein Stückchen tiefer aus. Die Schule wusste nun, dass ich ihm Nachhilfe gab, dass er oft bei uns war und ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen uns bestand.
Welcher Art dieses Verhältnis wirklich war, wusste keiner, noch nicht!
Als ich ins Auto stieg, zitterten meine Beine und ich legte den Kopf auf das Lenkrad, um mich zu beruhigen.
Es nutzte niemandem, wenn ich einen Unfall bauen würde.
Hätte ich bloß einen Unfall gebaut, wäre ich frontal gegen einen Baum gefahren, dann hätte ich mir und meiner Familie eine Menge Leid erspart.
So aber kam ich wohlbehalten bei Jannis an und schlitterte doch immer weiter in den Abgrund ...
Auf mein Klingeln reagierte zunächst niemand. Ratlos stand ich vor der Tür und wartete. Noch einmal probierte ich mein Glück, Unglück wäre besser ausgedrückt, denn als ich mich gerade umdrehen wollte, um zu gehen, hörte ich, wie sich der Schlüssel in der Tür drehte und zwei Sekunden später öffnete sich die Tür.
Ein blasser, übernächtigter Jannis stand barfuß und mit wirren Haaren, dunkle Schatten unter den Augen, die seine helle Haut noch blasser wirken ließen, im
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