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Warum Menschen töten: Eine Polizeipsychologin ermittelt (German Edition)

Warum Menschen töten: Eine Polizeipsychologin ermittelt (German Edition)

Titel: Warum Menschen töten: Eine Polizeipsychologin ermittelt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brockmann
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ihm nun vorgeworfen wird, seinen Freund getötet zu haben. Lasst uns erst die Fallanalyse erstellen, dann wissen wir besser, in welcher Richtung wir nachhaken können, empfehle ich. Bald liegen die Ergebnisse aus der Rechtsmedizin vor, wir rekonstruieren die Tat und unter welchen Umständen das Messer in das Bein des Opfers gedrungen sein muss. Unser Ergebnis ist eindeutig.
    Es bestätigt den Verdacht: Der Mann ist ein Lügner.
    Aber: Er ist kein Mörder.
    Die Gerichtsmediziner haben leichte Schnitte am Hals des Opfers entdeckt und auch einige weitere oberflächliche Narben von Schnittverletzungen am Körper. Wir spielen die Tat nach, und stellen dabei fest: Der Einstichkanal in der Wade des Toten lässt sich nur auf eine Art erklären. Das Opfer muss den einen Fuß auf das Knie seines anderen Beines gelegt haben. Und es kann sich das Messer nur selbst in die Wade gerammt haben! Auch die Schnittverletzungen können nur von ihm selbst stammen. Es gibt dafür nur eine plausible Erklärung: Das Opfer droht, indem es sich das Messer an den Hals legt, der Freund versucht, ihn abzuhalten, und bei der dadurch ausgelösten Rangelei rammt sich das Opfer das Messer ins eigene Bein.
    Später kommt heraus: Der Tote hat an einer Borderline-Störung gelitten und sich immer wieder selbst verletzt, was typisch ist für diese psychische Erkrankung. Der zu Unrecht verdächtigte Freund hat sich wohl nach dem fatalen Unfall geschämt und schuldig gefühlt und darum gelogen. Selbst wenn er von sich aus irgendwann die Wahrheit erzählt hätte, hätte ihm vermutlich keiner mehr geglaubt. So haben in diesem Fall die Spuren keinen Mörder überführt, sondern einen Unschuldigen vor sich selbst bewahrt.
    Und nun also ein Raubmord?
    Im persönlichen Umfeld des Opfers haben die Ermittler nichts gefunden. Doch die Taxiuhr des Fahrers hat einen entscheidenden Hinweis geliefert; ein Mitarbeiter der Herstellerfirma hat sie ausgewertet. Um 22:07 Uhr wurde sie eingeschaltet, dann folgten fünf Minuten Fahrt und danach nur noch eine stundenlange Standzeit. Das heißt: Von 22:07 Uhr bis 22:12 Uhr dauerte die letzte Fahrt von Karl Burger.
    Das könnte passen. Ungefähr um diese Uhrzeit sah das rauchende Mädchen einen Mann im blauen Anorak in Richtung S-Bahn-Station davonlaufen. Ereignete es sich so: Der Täter kommt mit der S-Bahn am einen Bahnhof an, steigt dort in das Taxi, tötet den Fahrer in einer ruhigen Seitenstraße, raubt sein Portemonnaie und flieht wieder mit der S-Bahn von der nächsten Station?
    Die Ermittler sichten das Videomaterial der Überwachungskameras auf dem Bahnsteig und in den Kiosken. Es braucht etwas Zeit, bis es ausgewertet ist, doch die Mühe lohnt sich.
    Am 29. Januar wird ein Mann in Hamburg verhaftet, der verdächtigt wird, Karl Burger, 50 Jahre, Taxifahrer, getötet zu haben.
    Nun, am Tag nach der Verhaftung, sitzt der leitende Ermittler der Mordkommission vor uns vom Fallanalyseteam. Er erzählt nichts Näheres über den Tatverdächtigen. Er weiß, dass wir nichts hören wollen, was uns befangen machen könnte: nicht die kriminalistischen Hypothesen der Kollegen, nicht die Zeugenaussagen, nichts über die Hintergründe des Tatverdächtigen. Wir würden uns automatisch ein Bild von der Tat machen, unter dessen Eindruck wir dann die Fakten voreingenommen betrachten würden. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist unsere Dienststelle im Polizeipräsidium sogar in einem Trakt abseits von den Ermittlern untergebracht und gehört zu einer eigenen Abteilung. Damit wir gar nicht erst in Versuchung geraten, uns in der Kaffeepause doch ein wenig mit den Kollegen über ihren Fall zu unterhalten.
    Als wir tags darauf in unserem Besprechungsraum bei Kaffee, Obst und Keksen zusammensitzen, wissen wir alle, dass es in den nächsten Tagen spät werden wird. Zwei Tage verbarrikadieren wir uns und verlassen unseren Flur im sternförmigen Polizeipräsidium in Hamburg-Alsterdorf nur noch, um zu essen, zu schlafen, den Tatort zu besichtigen und in einer Garage des Präsidiums die Tat nachzuspielen. Unser Team besteht aus fünf Leuten, drei Kriminalisten, einer Rechtsmedizinerin und mir als Psychologin. Weitere Experten besuchen uns. Bei einer Fallanalyse ist es sehr wichtig, im Team zu arbeiten und verschiedene Fachbereiche einzubeziehen. Ein einzelner Analytiker läuft schneller Gefahr, sich auf eine Hypothese zu fixieren und seinen Blick auf diese zu verengen. Manchmal werden unsere Diskussionen darum auch etwas schärfer, wenn einer von uns

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