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Was habe ich getan?

Was habe ich getan?

Titel: Was habe ich getan? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Prowse
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innerhalb von fünf oder fünfundvierzig Minuten kommen konnte, je nach Laune des Fahrers, je nach den Gefahren der Strecke und je nachdem, wie viele seiner Freunde ihn für einen Plausch aufhielten, wurden diese Unterstände gern genutzt.
    »Entschuldigung?« Kate sprach keinen der Wartenden direkt an. »Ich suche nach Reverend Dubois, nach Simon und der Kindermission. Bin ich in der richtigen Richtung unterwegs?«
    Zwei Frauen, eine mit einem leuchtenden Kopftuch mit gelbem Blumenmuster und die andere mit einem riesigen roten Wäschekorb aus Plastik unter dem Arm, unterbrachen ihre Unterhaltung.
    »Was willst du vom Reverend? Ist er ein Freund von dir?«
    Die beiden zwinkerten sich lachend zu.
    Auch Kate lachte. Sie war offenkundig nicht die einzige Bewunderin seiner Schönheit.
    »Eigentlich nicht, nein. Aber er hat mich eingeladen, und ich fürchte, ich habe mich verlaufen.«
    »Du hast dich nicht verlaufen, du musst weitergehen und weitergehen und dann wieder fragen.«
    »Gut. Danke.«
    Kate, die so klug war wie zuvor, ging weiter den Hügel hinauf.
    Sie folgte den Kurven und Biegungen der Straße. Die Riesenfarnwedel und Bananenblätter streiften ihr Gesicht und ihre Beine. Einmal spähte sie in den Dschungel hinein, und ihr Magen zog sich angesichts der knorrigen Stämme und herunterhängenden Lianen zusammen, weil sie sich vorstellte, dass sich dahinter Gesichter verbargen und im Schatten wilde Tiere lauerten. Dann richtete sie den Blick fest auf die Straße, umging die Schlaglöcher und Spalten und war sich bewusst, dass sie immer weiter den Berg hinaufstieg. Ihr T-Shirt klebte ihr am Rücken, und die Haare hingen ihr um den Kopf, aber die Spitzen standen zottelig ab. Sie fragte sich allmählich, ob das Ganze wirklich eine gute Idee gewesen war, als am Straßenrand ein kleines Schild mit schwarzen Buchstaben ihre Aufmerksamkeit erregte. Darauf stand Zur guten Aussicht, und darunter hatte ein Kind eine Sonne mit lachendem Gesicht gemalt. Daneben las sie: Der Glaube ermöglicht Dinge, aber vereinfacht sie nicht. Das war von einem Erwachsenen geschrieben worden. Kate fragte sich nicht zum ersten Mal, ob dieser ganze Ausflug nicht vielleicht doch ein Fehler gewesen war.
    Sie bog in die schmale, abwärts führende Straße ein und folgte den Reifenspuren, bis sie zu einer Lichtung gelangte. Die Aussicht war herrlich. Zu beiden Seiten des Tales erhoben sich von Urwald bedeckte Berge, und in der Ferne glitzerte der azurblaue Ozean. Ein atemberaubender Ausblick.
    In der Mitte der Lichtung stand ein baufälliges Haus. Es hatte nur ein Stockwerk, war aus Holz und leuchtend grün gestrichen. Die Sonne hatte die Farbe jedoch an manchen Stellen ausgebleicht, und wo die Holzbretter an Fenster und Türen stießen, fehlte die Farbe ganz, blätterte in dünnen Streifen ab und ließ das blanke Holz und die knotige Maserung sehen.
    Das Hauptgebäude war zu beiden Seiten durch kleinere Holzanbauten erweitert worden. Aus dem Weltraum betrachtet würde das Ganze vielleicht einem wackeligen Fünfeck ähneln. Und es sah wirklich wackelig aus. Das Gebäude schien sich nach rechts zu neigen, und in den meisten Fenstern fehlten die Glasscheiben, dafür waren Fliegengitter in den Rahmen befestigt worden.
    Kate hatte nicht gewusst, was sie erwarten sollte, aber sie hatte mit einem soliden Bau aus Backstein gerechnet, ähnlich einem Krankenhaus. Das hier war etwas ganz anderes. Hell und freundlich, aber ohne jeden Anschein von Erhabenheit oder Beständigkeit, den sie vorzufinden gehofft hatte.
    »Da bist du ja, Kate. Du hast uns gefunden.« Simon klatschte in die Hände, als er neben dem Gebäude auftauchte.
    »Mit Müh und Not, das war mehr Glück als Verstand.«
    Er ergriff ihre beiden Hände. »Willkommen. Und was für ein gutes Timing, du kannst dich gleich zum Mittagessen zu uns gesellen.«
    Kate lächelte, denn das klang wirklich wunderbar. Sie bemerkte, dass er über ihre Ankunft nicht erstaunt schien. Es war, als hätte er sie genau in diesem Augenblick erwartet.
    Im Hauptgebäude bildeten die jeweils mit einem Wachstuch in Pfingstrosenmuster bedeckten Tische ein großes T, das von dreißig Stühlen mit Metallbeinen umgeben war. Das waren die gleichen Stapelstühle, die man in jedem englischen Gemeindehaus finden konnte oder die am Donnerstagabend bei einer Pfadfinderversammlung über Parkettböden geschrammt wurden.
    Das Stimmengewirr verstummte ziemlich abrupt, als Kate den Raum betrat. Auf jedem Stuhl saß ein Kind. Auf den

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