Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was habe ich getan?

Was habe ich getan?

Titel: Was habe ich getan? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Prowse
Vom Netzwerk:
tun, wenn du dich mehr beteiligen würdest. Ich hasse es, wenn wir alle im Meer baden und herumalbern, und dann schaue ich auf und sehe dich mit deprimierter Miene allein am Strand sitzen. Du bist noch nie mit uns schwimmen gegangen, hast nicht einmal ein kurzes Bad genommen. Du solltest nicht so gehemmt sein, Mum. Niemand kümmert es, wenn du Cellulitis oder sonst was hast, das haben doch viele alte Frauen. Wir würden lieber deine Orangenhaut sehen, als dich den ganzen Tag in deinem Leinenrock am Strand sitzen zu lassen. Es ist fast so, als würdest du aus viktorianischer Zeit stammen und könntest deinen Körper nicht zeigen. Du fällst nur umso mehr auf, wenn du dich nie ausziehst.«
    Lydia stieß einen tiefen Seufzer aus.
    Kathryn sah ihre Tochter mit ernster Miene an.
    »Was hältst du von mir, Lydia?«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich meine, was denkst du, wenn du mich anschaust?«
    »Was ich denke?«
    Lydia streckte die Zungenspitze aus dem Mundwinkel. Das machte sie immer so, wenn sie konzentriert nachdachte. Kathryn wusste, dass sie eine ähnliche Mimik zeigte, wann immer sie einen Pinsel in der Hand hielt.
    »Na ja, nicht viel.«
    »Wie charmant.« Kathryn schlug zum Spaß mit dem Geschirrtuch nach ihrer Tochter.
    »Nein, so meine ich das nicht. Ich meine, es ist nie ein Schock oder eine Überraschung, dich zu sehen, weil du ja immer da bist und offenbar immer da gewesen bist.«
    »Lyds, ich bin mir nicht sicher, ob das ein Kompliment ist oder nicht.«
    »Wenn ich dich anschaue, dann sehe ich meine Mum und denke deshalb nicht weiter darüber nach. Du bist einfach Mum, immer da, immer mit irgendetwas beschäftigt. Du bist wie ein Hintergrundgeräusch oder wie mein Lieblingskissen. Ich brauche nicht nach dir zu suchen oder groß über dich nachzudenken, weil du immer da bist, aber das ist positiv gemeint.«
    »Ein Hintergrundgeräusch, aber das ist positiv gemeint?« Kathryn hatte damit zu kämpfen, darin etwas Positives zu sehen.
    »Ja. Du könntest zum Beispiel ein wirklich schlechtes Hintergrundgeräusch sein – wie, sagen wir, eine dieser bescheuerten Boy Bands oder klassische Musik, die ich wirklich nicht ausstehen kann. Aber das bist du nicht. Du bist ein Hintergrundgeräusch wie etwas Beruhigendes oder ein angenehmer Geruch, wie frisch gebackene Kekse oder Marmelade. Und das ist wirklich cool.«
    »Ich bin also cool?«
    Lydia schnaubte lachend durch die Nase und verdrehte die Augen.
    »Lieber Himmel! Nein. Mum, so cool bist du nun auch wieder nicht. Es ist schon komisch, wenn man dich das sagen hört.«
    »Klar.«
    Kathryn rieb sich über die Augen und steckte sich die Haare hinter die Ohren. Ihr missfiel die sprachliche Sackgasse, in die sie sich manövriert hatten. Jetzt hieß es, zu wenden und da wieder herauszufinden.
    »Okay, Lydia, das mit dem nach Marmelade duftenden Hintergrundgeräusch einmal beiseitegelassen, ich will es anders ausdrücken. Wenn ich dich frage, was du über mich denkst, dann meine ich, genauer gesagt, ob du gern mein Leben führen würdest.«
    Lydia schwieg und überlegte. Ihre Mutter forderte sie noch weiter heraus.
    »Ein gutes Beispiel wäre, dass ich mir in deinem Alter sicher war, dass ich Englisch unterrichten würde. Das war mein Ziel gewesen. Ich habe Bücher schon immer geliebt und ich war von Anfang an überzeugt davon, dass ich eine wirklich gute Lehrerin sein würde. Ich habe in Englisch eine Eins bekommen. Manchmal denke ich, es ist eine Schande, dass ich das nie genutzt habe.«
    »Warum hast du es nicht gemacht?«
    Wie sollte sie diese Frage beantworten? Was sollte sie sagen? Etwas Neutrales, Verschwommenes, Verwässertes, Angenehmes: Sie musste Worte finden, die dem Schema entsprachen.
    »Ich weiß nicht, Lyds. Ich denke, das Leben ist einfach dazwischengekommen.«
    Das musste als Erklärung ausreichen. Es musste fürs Erste genügen. Wieder versuchte Kathryn, das Gespräch in die gewünschte Richtung zu lenken.
    »Lydia, stell dir doch mal dein Leben mit vierzig vor. Wie sieht das aus?«
    Ihre Tochter stieß wieder einen tiefen Seufzer aus und senkte die Stimme sowohl was die Höhe als auch die Lautstärke anbelangte. Ob eingebildet oder nicht, es verlieh dem Gespräch einen Beigeschmack von Verschwörung. Sie sah ihre Mutter unter den gesenkten Lidern hervor an.
    »Das ist schwierig, weil man mit vierzig so alt ist. Aber ich weiß, dass ich eine tolle Figur haben will. Ich möchte dann gern aussehen wie die Mum von Luca und Guido.«
    Kathryn widerstand der

Weitere Kostenlose Bücher