Was soll denn aus ihr werden?
mitgeteilt werden; sie war ja mit ihren Kindern die Nächste des Hauses, durch sie wurden auch alle Botschaften vermittelt, wie diejenige war, die nun an den Hausbesitzer gemacht werden mußte. Dori ging selbst mit ihrer Nachricht zu Maja hinüber, sie merkte wohl, daß die Mutter mit Bangen den Ausbrüchen des Jammers der guten Alten beim Anhören dieser Mitteilung entgegensah. Maja konnte es aber gar nicht erfassen, daß von einem langen Abschied, vielleicht von einer Trennung für immer die Rede sein könnte. Sie jammerte wohl und meinte, es sei vom schwersten, das sie treffen könne, wenn sie und die Kinder Dori und ihre gute Mutter eine Zeitlang entbehren müssen, aber sie sprach gleich davon, wie es sein werde, wenn sie wieder zurückkommen, was doch bald wieder sein müßte, denn sie waren ja hier daheim. Dori hatte das Herz nicht, der alten Maja die Sicherheit zu benehmen, die ihr über den Jammer der Trennung weghalf, und stimmte in die Hoffnungen eines baldigen, fröhlichen Wiedersehens ein. Noch viel lauterstimmten nun Detto und Marietta mit ein, so als wäre das Fest schon in Aussicht; denn Feste feiern ging ihnen über alles. Sie wollten aber noch wissen, ob sie denn auch gleich am ersten Tag, wenn Dori wieder da sei, hinüberkommen dürften. Nur Giacomo sagte kein Wort. In seinen Augen war der finstere Ausdruck aufgestiegen, der nie mehr darin zu sehen gewesen war, seit er täglich mit Dori zusammenlebte. Dori sah es wohl und es schnürte ihr das Herz zusammen. Sie dachte, für ihn wie für sie sei das Beste, so schnell wie möglich über die Zeit wegzukommen, da man die Abreise immer vor sich sehen mußte. Sie nahm den Jungen bei der Hand und sagte: »Komm dann zu uns hinüber, Giacomo, heut' noch und morgen und alle Tage, du kannst uns vieles helfen.«
Er nickte stumm.
Als am späten Abend Dori mit der Mutter auf der Terrasse saß, wo der lichte Mond durch die Ranken herein schaute, mußten die beiden mit ihren Gedanken auf demselben Wege sein. Dori sagte plötzlich: »Mutter, ich weiß gar nicht, zu wem wir kommen, willst du mir nicht einmal wieder sagen, wie die Verwandten heißen, und wie viele ihrer sind. Ich habe alles vergessen, was du von ihnen gesagt hast.«
Dorothea antwortete, eben habe sie daran gedacht, daß Dori es nie recht erfaßt habe, wenn sie ihr die Verwandtschaft erklären und auseinandersetzen wollte, wie sie untereinander zusammenhingen, und jetzt sollte sie es doch recht wissen, denn die Verwandten würden es übel nehmen, wenn sie darin nicht unterrichtet wäre, das durfte nun für sie keine Nebensache mehr sein. »Ich will dir noch einmal die nächsten Verwandten alle vorführen, daß du doch diese mit ihren Namen behalten kannst«, fuhr Dorothea fort, »die ferneren kannst du dann kennen lernen, wann wir dort sind. Der alte Nonno und die Nonna, die von allen so genannt werden, weil sie schon lange Urgroßeltern sind, hatten vier Söhne, der erste war dein Großvater, mein Vater, Daniel hieß er. Der zweite,Elias, hat sich im Auslande verheiratet und ist früh gestorben, wie dein Vater auch. Die Frau und die zwei Söhne von Elias leben auch nicht mehr. Der dritte ist Matthias, der Mann der Base Kathrine, die haben zwei Söhne, und der vierte, Jakob, ist der Mann der Base Marie Lene, die haben drei Söhne. Die Mutter starb mir so früh, daß ich sie gar nicht gekannt habe, und den Vater verlor ich, wie ich kaum vier Jahre alt war, dann kam ich zu Verwandten der Mutter und dann zur Nonna; aber nur für kurze Zeit. Ich war achtzehn Jahre alt, als ich deinen Vater kennen lernte und dann bald als seine Frau mit ihm fortzog. Die Vettern Matthias und Jakob sind immer daheim geblieben, sie haben Land und Vieh und leben daraus. Ob ihre Söhne daheim sind oder nicht, weiß ich nicht bestimmt. Der Nonno hat einen Stiefbruder gehabt, der hatte zwei Söhne, die waren beide fort und haben es gut gemacht. Sie wohnten im Nachbardorf Ardez. Einer von ihnen starb und hat einen Sohn hinterlassen, der lebt nun zusammen mit seinem Onkel. Dieser ist nun auch schon ein Mann von siebzig Jahren. Er ist unverheiratet geblieben. Das sind die nächsten Glieder in der Verwandtschaft. Hast du nun auch recht zugehört, Dori? Glaubst du, daß du weißt, wie sie zusammen gehören, wenn wir ankommen?«
»Nein, das glaube ich nicht, Mutter«, entgegnete Dori, deren Gedanken während der Benennung der verschiedenen Familienglieder oftmals abgeschweift waren, »aber ich merke dann bald, wie sie zusammen
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