Was starke Männer schwach macht
Jungs haben beschlossen, ihr Geld zusammenzulegen. Sie wollen Julie die Bar abkaufen.“
„Wirklich?“, fragte Tony überrascht.
„Bist du denn gar nicht empört?“
„Meiner Meinung nach ist Julies Idee vom Tearoom zum Scheitern verurteilt. Ich will vermeiden, dass es so weit kommt, so sehr ich mich auch über die Wiedereröffnung der Bar freuen würde. Wenn sie jetzt verkauft, steht sie langfristig vermutlich besser da.“ Julie war da allerdings bestimmt anderer Meinung.
„Das war noch nicht alles“, fuhr Priscilla fort. „Wenn sie nicht verkauft, wollen die Männer ihre Gläubiger auszahlen und eine Zwangsvollstreckung erwirken, sobald sie ihre Raten nicht zahlen kann.“
Tony zuckte erschrocken zusammen. „Können sie das denn?“
„Ich habe keine Ahnung von Immobilienrecht, aber Jim Petersons Frau ist Maklerin und hat gesagt, dass das vom Kreditvertrag abhängt. Es wäre immerhin möglich.“
„In diesem Fall wird Julie alles verlieren.“
Später am Tag sprach Tony Jim Peterson auf das Gerücht an. Es stimmte tatsächlich. Die Kollegen hatten die erforderlichen Unterlagen sogar schon unterzeichnet. „Was hältst du von der Idee?“, fragte Peterson.
Verdammt! Noch nie in seinem Leben hatte Tony sich so hin- und hergerissen gefühlt. Wenn er zu Julie hielt, würden die anderen ihn bestimmt als Verräter betrachten, aber die Machenschaften seiner Kollegen gingen ihm gewaltig gegen den Strich.
„Ich mag Julie“, sagte er. „Tut mir leid, ich will einfach nicht, dass man ihr schadet.“
„Sieh es doch mal so“, erwiderte Peterson. „Sie wird so oder so mit ihrem Konzept scheitern, ob wir sie in Ruhe lassen oder nicht. Früher oder später wird sie verkaufen müssen. Die Frage ist nur, ob sie dann noch einen so guten Preis bekommt.“
8. KAPITEL
Eine Woche später hatten Peterson, Otis und ein paar andere Kollegen das Angebot für Julie fertig und baten Tony, es ihr zu unterbreiten.
„Ich bin doch gar nicht daran beteiligt“, wandte er ein.
„Aber du stehst ihr näher als wir anderen“, erklärte Otis. „Uns lässt sie bestimmt noch nicht einmal durch die Tür. Komm schon, tu es für das Brady’s .“
„Okay, ich versuch’s.“
Am nächsten Tag ging er mit den Unterlagen zu Julie. Wer wusste es schon, vielleicht würde sie sich ja sogar über das Angebot freuen? Der Betrag kam ihm ziemlich fair vor.
Sie begrüßte ihn mit einem so strahlenden Lächeln, dass sein Herz unwillkürlich einen Satz machte – so wie immer bei ihrem Anblick. Aber sie hatte dunkle Ringe unter den Augen und sah aus, als habe sie abgenommen. Sie arbeitete einfach zu viel.
Bereitwillig ließ er sich ihr letztes Projekt zeigen, eine Mosaikkonsole in der Damentoilette, die ein wahres Kunstwerk war. „Hast du die etwa selbst gemacht?“
„Ja.“
„Donnerwetter!“ Tony musste zugeben, dass er schwer beeindruckt von ihren Fortschritten war. Der Fußboden und sämtliche anderen Holzarbeiten glänzten frisch lackiert, die Tische und Stühle waren geliefert worden, und auch die Vorhänge waren inzwischen fertig.
„Hör mal, Julie, hast du zufällig einen Moment Zeit, um etwas zu besprechen? Ich soll dir ein Kaufangebot für die Bar unterbreiten.“
„Wie bitte?“
„Am besten setzt du dich erst einmal hin.“ Nachdem sie an einem der Tische Platz genommen hatten, erklärte Tony Julie das Angebot so kurz und verständlich wie möglich. Ihr Gesicht blieb dabei völlig ausdruckslos.
„Meiner Meinung nach ist das ein ziemlich gutes Angebot“, fuhr er fort. „Die Männer wollen dich wirklich nicht über den Tisch ziehen. Und jetzt, vor der Eröffnung, bist du noch in einer ausgezeichneten Position. Wenn du dich erst später zum Verkauf entschließen solltest, bekommst du bestimmt nicht mehr einen so guten Preis.“
Tony erzählte ihr auch, dass seine Kollegen beabsichtigen, ihre Gläubiger auszuzahlen. Sie sollte über alles im Bilde sein. „Eins musst du noch wissen: Ich habe nicht das Geringste mit diesem Angebot zu tun. Ich profitiere also nicht von einem Verkauf.“
Julie verschränkte die Arme vor der Brust und funkelte ihn wütend an. „Bis auf die Tatsache, dass du deine Bar zurückbekämst.“
„Das ist nebensächlich. Ich will einfach nicht, dass du Schiffbruch erleidest. Dieses Angebot ist meiner Meinung nach eine tolle Chance. Mit dem Geld, das du für den Verkauf bekämst, könntest du anderswo neu anfangen.“
„Neu anfangen?“, fragte sie entgeistert. Sie sah ihn an, als
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