Wasser-Speier
ich ja noch gar nicht.«
»Weil wir nicht wollten, daß du es erfährst«, erklärte Hanna.
Gary spürte, wie ein Gedanke plötzlich dicht unterhalb seiner Bewußtseinsoberfläche umherzappelte, bis er es schließlich nach oben geschafft hatte. »Soll das heißen, daß Hanna auch schon mit dir geredet hat, bevor wir vorbeikamen?«
»Nein, es war das Abbild eines Wasserspeiers«, widersprach Ga y le. »Ich war einsam und sehnte mich nach Gesellschaft meiner eigenen Art. Aber ich wußte, daß der Wasserspeier nicht echt ist. Deshalb habe ich ja auch darum gebeten, mich von eurer Echtheit überzeugen zu dürfen. Ich war überglücklich, als ich entdeckte, daß du wirklich ein Wasserspeier warst, auch wenn du wie ein Mensch aussahst.«
»Woher wußtest du denn, daß er ein Wasserspeier ist?« wollte Hanna wissen.
»Wasserspeier erkennen einander. Sein Körper war wie eine Ill u sion, aber ich spürte die Wirklichkeit darunter. So wie ich wußte, daß du kein Wasserspeier warst, habe ich gemerkt, daß ich es bei Gary nicht mit einem echten Menschenmann zu tun hatte.«
»Und jetzt hilfst du ihm, den Philter zu suchen?«
»Ja.« Gayle richtete den Blick wieder aus dem Fenster. Sie hatte offensichtlich das Interesse an der Gestalt verloren.
»Weißt du, was die mit dem Philter machen wollen?«
»Ihn dazu verwenden, um den Geis des Wasserspeiers zu bee n den.«
»Aber dann wird er zum Gefangenen der Schnittstelle.«
Gayle zuckte die Schultern. »Wir Wasserspeier sind schon G e fangene des Geis, seit der Philter sich geweigert hat, seiner Leben s aufgabe nachzukommen. Da wird es langsam Zeit für eine Korre k tur.«
Hanna runzelte die Stirn. »Dann bist du also gar keine Freundin des Philters!«
»Ich möchte dem Philter keinen Schaden zufügen«, widersprach Gayle. »Ich bin es nur leid, für etwas geradestehen zu müssen, das eigentlich seine Aufgabe wäre.«
»Genau wie ich«, ergänzte Gary. »Und deshalb ist es Zeit, die Dinge zurechtzurücken.«
»Ich dachte immer, ihr Wasserspeier mögt es, Wasser zu rein i gen.«
»So ist es ja auch«, bestätigte Gary. »Aber bisher hatten wir kein bißchen Freizeit. Aber wir möchten auch gern mal frei sein, um ein bißchen umherzuschweifen.«
»Ich habe eine Idee«, sagte Gayle. »Angenommen, dein Gebieter, der Philter, übernimmt es, für die Hälfte der Zeit das Wasser für Xanth zu reinigen, während wir Wasserspeier die zweite Hälfte übernehmen?«
»Nein«, erwiderte Hanna.
»Du möchtest uns nicht auf halber Strecke entgegenkommen?« fragte Gary.
»Nein.«
»Und auf einem Viertel der Strecke?« wollte Gayle wissen.
»Nein.«
»Wie weit möchtest du uns denn entgegenkommen?« fragte Gary.
»Überhaupt nicht. Der Philter hat kein Interesse daran, sich ins Joch zu spannen.«
»Findest du das gerecht?« erkundigte sich Gayle.
»Was hat denn Gerechtigkeit damit zu tun?«
»Dämonen haben nun mal kein Gewissen«, warf Gary ein. »Es ist ihnen egal, ob etwas richtig oder falsch ist. Die interessiert nur, was ihnen nützt.«
Gayle war empört. »Soll das heißen, daß ich mich dreitausend Jahre lang treu eingeschränkt und das Wasser des Teichs von Scharnier gereinigt habe, nur weil mein Gewissen mir auftrug, meinem Geis zu gehorchen, während derjenige, für den ich eing e sprungen bin, sich nicht im geringsten dafür interessiert hat?«
»Ganz genau«, bestätigte Hanna. »Hast du vielleicht Probleme damit?«
»Jetzt schon«, gestand Gayle. »Ich glaube, ich war ganz schön blöd.«
»Na ja, du bist eben ein Tier und hast eine Seele«, meinte Hanna. »Alle beseelten Kreaturen sind blöd.«
»Warum willst du dann meine Seele haben?« fragte Gary. »Sie würde dich doch genauso blöd machen, oder?«
»Nein, würde sie nicht. Ich bin ein Dämon. Ich weiß es besser.«
Gary und Gayle tauschten einen Blick. »Am liebsten würde ich ihr mal eine Seele geben, damit sie von selbst darauf kommt«, b e merkte er.
»Tu es nicht«, widersprach Gayle. »Dämonen reagieren nicht u n bedingt genauso auf Seelen wie andere.«
»Und das hier ist ein sehr abgebrühter Dämon«, bestätigte Gary. »Nein, das ist das Risiko nicht wert. Manche beseelten Leute kö n nen ganz schön bösartig werden.«
»Ja, es scheint auch einige heruntergekommene Seelen zu geben«, bestätigte Gayle. »Und höchstwahrscheinlich würde jede Seele, die der Philter bekäme, schon bald genauso herunterkommen. De s halb darf er unsere nicht kriegen!«
Hannas Augen verengten sich. »So
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