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Wassergeld

Wassergeld

Titel: Wassergeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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1.000 Liter fassender Tank. Als Linde kurz nach Jutta den Boden erreichte, bemerkte ich, dass er für einen winzigen Augenblick stutzte. Er ging zum großen Schiffsmotor.
    »Hier sehen Sie das Herz des Frachters. Ich könnte Ihnen ein paar Daten runterrattern, die würden Sie aber sowieso nicht behalten können. Im Heck sehen Sie den schiffseigenen Tank für den Antrieb. Der Diesel ist steuerbegünstigt, daher muss der Verbrauch genau nachgewiesen werden. Das sind unheimlich komplizierte Regelungen für ein paar EU-Subventionen. Das meiste an dem EU-Geld versickert in der Verwaltung der, wie es korrekt heißt, ›Steuerbegünstigung für die Binnenschifffahrt im EU-Verkehr für Gefahrguttransporte ab der Gefahrgutklasse VII nach Paragraf 2b Absatz 5-8 des GGT-Gesetzes‹.«
    Das klang beeindruckend. Aber Linde wollte von etwas ablenken, das bemerkte ich deutlich. Wie ein Fuchs, der die Fährte aufnimmt, schaute ich mich um. Die Situation erinnerte mich an die Wimmelbilder von Hans-Jürgen Press, die mich als Kind faszinierten. Die Bilder, auf denen man irgendetwas Ungewöhnliches entdecken musste, wimmelten von Menschen und Gegenständen. Im Maschinenraum wuselte es im Moment nicht von Menschen, die Funktionen der meisten Gegenstände, die hier zahlreich vorhanden waren, waren mir unbekannt. Während Jutta sich mit Linde unterhielt, bemerkte ich den irritierten Blick des Geschäftsführers. Und dann machte es bei mir Klick.
    »Wollen Sie umschulen, Herr Palzki?«
    »Nicht notwendig, Herr Linde«, antwortete ich lässig. »Ein bisschen kenne ich mich mit den Maschinen aus. Meinen Benzinrasenmäher repariere ich auch selbst. Kommen Sie doch bitte einmal her.«
    Linde war, so schien es, etwas blass um die Nase geworden.
    »Was ist das?«, fragte ich und deutete auf ein mannhohes Monstrum aus Metall.
    »Ein Dieselaggregat«, kam es wie aus der Pistole geschossen.
    »Genau, das habe ich auch bemerkt. Und wo kommt die Spritleitung her?«
    Linde wusste, dass ich sein Geheimnis erraten hatte.
    »Aus dem hintersten der fünf Tanks«, flüsterte er beinahe.
    »Das habe ich mir gedacht. Können Sie mir dafür eine Erklärung geben?«
    Linde konnte nicht und stotterte nur unzusammenhängendes Zeug. Ich hatte den Eindruck, dass er es wirklich nicht wusste. »Herr Linde, mir ist noch mehr aufgefallen. Das hier ist kein Motor, der irgendetwas Mechanisches antreibt, sondern ein Aggregat, das Strom erzeugt.«
    Das, was ich zu dem Geschäftsführer sagte, war hoch spekulativ. Ich konnte einen Haufen Leitungen am Aggregat erkennen und auch ein armdickes Stromkabel, das im Schiffsboden verschwand. Der Zweck war für mich jedoch nicht ersichtlich.
    »Natürlich erzeugt dieses Gerät Strom und vermutlich nicht so wenig«, stammelte Linde. »Sie glauben mir ja doch nicht, wenn ich Ihnen sage, dass ich keine Ahnung habe, was das hier sein soll. Das Aggregat jedenfalls gehört nicht in diesen Raum. Da müssen Sie Alexander von Welchingen fragen.«
    »Der ist leider im Moment nicht greifbar«, erwiderte ich. »Können Sie mir wenigstens sagen, wo das dicke Kabel hinführt?«
    Linde kam näher und betrachtete das schwarze Kabel, das aus dem Generator kommend einen Meter weiter im Boden verschwand.
    »Das ist äußerst seltsam, Herr Palzki. Hier im Maschinenraum gibt es keine doppelten Böden wie vorne bei den Tanks. Sehen Sie diese Dichtungsmanschette? Das kann nur eines bedeuten: Das Kabel führt nach draußen.«
    »Nach draußen? Sie meinen, ins Wasser?«
    Jutta unterbrach meine Unterhaltung mit Linde. »Ich gehe mal rüber in die Halle einen Spezialisten holen.«
    »Warte, Jutta, wir gehen mit hoch. Kommen Sie auch, Herr Linde?«
    Kurz darauf waren die ersten Beamten an Bord. Die Spurensicherer begannen ihre Arbeit in der Kajüte, während ein Kollege, der von Jutta instruiert wurde, in den Maschinenraum ging.
    Langsam begann ich zu frieren. Nach Möglichkeit vermied ich es im Winter stets, mich länger als nötig im Freien aufzuhalten. Ich musste schauen, dass ich wieder ins Warme kam.
    Der Beamte war höchstens zwei Minuten im Maschinenraum verschwunden. Seine ursprünglich weißen Handschuhe waren rußgeschwärzt.
    »So etwas habe ich noch nie gesehen«, berichtete er. »Das Ding hat eine Generatorleistung von 50 Kilowatt. Für eine Unterwasserweihnachtsbeleuchtung sollte das dicke reichen.«
    »Und welchen Zweck hat das alles?«
    »Woher soll ich das wissen? Wir brauchen einen Taucher, dann sehen wir weiter.«
    Ich drehte mich zu

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