Watermind
Photovoltaikchips. Solargetriebene Radios. Ampeln. Straßenbeleuchtung. Das ist wahrscheinlich von einer Deponie in den Fluss gespült worden.« Er justierte das Mikroskop, um andere Kristalle ins Bild zu rücken.
CJ fand die Bandbreite an Mikrochipdesigns erstaunlich. Eingeschlossen in ihre Proplastidkügelchen, unterschieden sie sich so sehr voneinander wie Meeresmuscheln.
»Mikrochips werden überall verwendet«, fuhr er fort. »Handys, Autos, Kaffeemaschinen. Die Müllplätze sind voll davon.« Er zeigte auf ein anderes Gebilde am Rand, das sich wie ein Stück transparentes Tonband kräuselte. »Sehen wir uns das mal an.«
Sie rückte den glänzenden Fitzel unter das Mikroskop. Er besaß ebenfalls eine Schicht aus Proplastid, und an dem einen Rand lag eine Reihe von etwas, das aussah wie schwarze Klaviertasten.
Roman lächelte. »Dreimal dürfen Sie raten, was das ist.«
CJ kräuselte die Nase. »Spinneneier?«
»Stabmagneten.« Er tippte mit dem Stift auf den Bildschirm. »Kleine Eiseneinschlüsse, die magnetisiert wurden, um Informationen zu speichern. Ich nehme an, das ist ein Stück vom Magnetstreifen einer Kreditkarte. Was gibt es noch in Ihrem Zaubergefäß?«
Das Rasterelektronenmikroskop fand noch viel mehr von den plastikumhüllten Partikeln, und CJs Erfahrung mit Internetrecherche half ihnen, sie zu identifizieren. Bevor eine Stunde vergangen war, hatten sie eine Buchstabensuppe aus winzigen Computerelementen zusammengerührt: Addierer, Zwischenspeicher, Komparatoren, Decodierer, Flipflops, Wechselrichter, Transformatoren, monostabile Kippschalter, Paritätsgeneratoren, programmierbare Taktgeber, Relais, Transceiver.
»Unglaublich.« CJ lachte. »Wir haben eine Erzader mit kaputten Computereingeweiden gefunden.«
Roman arbeitete weiter an der Inventarliste. Neben den relativ großen lichtemittierenden Dioden und Funkfrequenzempfängern gab es Nanochips, die einen milliardstel Meter maßen, winzige Stücke von der Dicke eines Spinnenfadens. Sie fanden auch Splitter von zertrümmerten Centrino-Mikroprozessoren, einen Reset-Chip einer Tintenstrahldruckerpatrone und den Quarzkristall einer alten Armbanduhr, ganz zu schweigen von den Bergen von Kohlenstoffnanoröhren und einem Stückchen Chirurgiematerial, das zur Verstärkung einer menschlichen Darmwand diente.
Ihr aufregendster Fund war allerdings eine Minimatrix – ein Chip, der mit aktiver DNS bestückt war –, eine biologische Fabrik aus lebenden Zellen zum Gebrauch in organischen Computerschaltkreisen.
»Das ist wirklich krass.« CJ schüttelte den Kopf und lachte.
»Im Grunde ist es genau das Gegenteil von krass.« Roman scrollte durch das Sicherheitsdatenblatt, das sie im Internet gefunden hatten. »Diese Matrix wurde zweitausendeins in Cincinnati, Ohio, hergestellt.«
»Unser Kolloid ist ausgesprochen vielfältig«, sagte sie.
»Was wir hier haben« – Roman neigte den halbleeren Probenbehälter –, »ist eine Enzyklopädie von Technomüll.«
Sein Lachen wirkte auf einmal natürlich. Sie mochte den Klang. Sie mochte seinen wissenschaftlichen Einfallsreichtum. Die Art und Weise, wie sein Haar mit den silbern schimmernden Koteletten lang und locker um seinen Kopf hing, erinnerte sie an Beethoven.
»Das sollte uns nicht überraschen«, fuhr er fort. »Auf den meisten Deponien sickert etwas durch, wenn es regnet, und alles findet schließlich seinen Weg in die Flüsse.«
»Ja, Scheiße fließt immer nach unten.« Sie gähnte mit aufgerissenem Mund und lehnte sich auf dem Laborstuhl zurück, um sich zu strecken.
Roman warf einen Blick auf die Uhr. »Schauen Sie mal, wie spät es schon ist. Ich schulde Ihnen ein Abendessen.«
»Pizza«, sagte sie wie aus der Pistole geschossen.
Meir hatte sie am Vormittag zum Motel gefahren, aber sie war zu aufgedreht gewesen, um sich auszuruhen. Nachdem sie kurz geduscht und sich umgezogen hatte, hatte sie einen Kraftriegel hinuntergeschlungen und war zurück zum Labor getrampt. Seitdem hatte sie nur Coca-Cola getrunken. Sie hatte ziemlich wenig Schlaf bekommen. Bei der Vorstellung von geschmolzenem Käse auf warmem Hefeteig riss sie die Latexhandschuhe herunter und griff nach ihrem Handy – Sie drückte die Kurzwahl des Domino's.
»Was halten Sie von einer großen Salamipizza mit einer doppelten Portion Käse?«, fragte sie.
»Da gibt es etwas Besseres.« Roman zog ebenfalls die Handschuhe aus und legte sie auf den Tisch. »Ich kenne eine Austernbar mit Flussblick. Sie hat lange
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