WattenMord (German Edition)
haben sich vor einiger Zeit mit Holger Heiners geprügelt“, stellte sie in sachlichem Tonfall fest. „Warum?“
„Er hat mich provoziert.“ Holst lehnte sich auf seinem Bürostuhl zurück. Der Stuhl quietschte. „Haben Sie eine Ahnung, wie gut er das kann?“ Er räusperte sich. „Ich meine … wie gut er das konnte?“
„Nein. Ich habe ihn nie persönlich kennengelernt.“ Wiebke erinnerte sich daran, dass Torben Schäfer eine ähnliche Äußerung gemacht hatte.
„Sie sind ein gestandener Unternehmer, Herr Holst. Wollen Sie mir ernsthaft weismachen, dass Sie sich so leicht provozieren lassen? Und zwar so, dass Sie ihn zusammenschlagen? Wer kümmert sich um Ihren Laden, wenn Sie im Gefängnis sitzen?“
„Ich habe ihn nicht zusammengeschlagen – das ist Quatsch.“
„Darüber gibt es ärztliche Atteste“, mischte sich Petersen nun ein, der vorhin mit Matthias Dierks telefoniert hatte.
„Die er fingiert hat. Heiners war ein reicher Sack – er hat sich die Atteste für viel Geld von seinen Ärzten fälschen lassen, um das Schmerzensgeld in die Höhe zu treiben.“
„So hoch, dass Sie fast daran pleite gegangen wären.“ Wiebke betrachtete den Unternehmer aufmerksam und achtete auf jede Regung in seinem Gesicht. „Wenn das kein Grund für eine Rache ist.“
Petersen spann den Faden weiter, während er in dem staubigen Büro auf- und ablief. „Es kam zu einem Treffen im Multimar, wo Sie ihm eine zweite Abreibung verpasst haben. Eine sehr nasse Abreibung, um genau zu sein. Heiners ist qualvoll ertrunken.“
„Am liebsten hätte ich ihn in ein Haifischbecken geworfen.“
Wiebke horchte auf. „War das eben ein Geständnis?“
„Natürlich nicht!“ Jörn Holst blickte sie böse an. „Was erlauben Sie sich? Ich hätte ihn am liebsten in ein Haifischbecken geworfen. Hören Sie mir nicht zu? Ich ,hätte‘, habe ich gesagt.“
„Man hat Ihre Fingerabdrücke am Tatort gefunden“, stellte Wiebke klar.
Holst blickte sie sekundenlang wie einen Geist an, dann wurden seine Augen groß. Die Lippen, die er eben noch zu einem schmalen Strich zusammengepresst hatte, verzogen sich zu einem breiten Grinsen.
„Ist nicht Ihr Ernst“, sagte er dann und schien plötzlich sichtlich amüsiert zu sein. „Wenn Sie gut in Ihrem Job sind, dann sollten Sie wissen, dass ich für den Laden arbeite.“
„Mit Tötungsdelikten scherzen wir üblicherweise nicht.“ Wiebke warf Petersen einen Hilfe suchenden Blick zu.
„Sicherlich haben Sie Rechnungen für die Leistungen geschrieben, die Sie dort erbracht haben“, half er ihr.
„Natürlich. Die Rechnungen kann ich Ihnen gern zeigen – natürlich werden es Ihnen die Leute in Tönning auch gern bestätigen. Unser Geschäftsverhältnis ist durchweg gut. Ich arbeite zügig, und sie bezahlen schnell ihre Rechnungen.“
Petersen band es dem Bauunternehmer nicht auf die Nase, dass Matthias Dierks ihn am Telefon längst gebrieft hatte und er wusste, dass Holst nicht log. „Wann waren Sie zuletzt dort im Einsatz?“
„Vor gut einer Woche, das kann ich aber herausfinden.“
„Bitte.“
Jörn Holst machte sich an seinem Computer zu schaffen. Er bewegte die Maus, und der Rechner erwachte aus dem Ruhezustand. Es wunderte Wiebke nicht im Geringsten, dass Holst sich eine barbusige Schönheit als Bildschirmhintergrund eingerichtet hatte. Holst erfüllte alle Klischees, und wahrscheinlich pfiff er den jungen Mädchen auf der Baustelle auch hinterher. Fehlte nur noch der Kasten „Flens“ in der Ecke des Büros.
„Letzten Montag war das.“ Sein puterrotes Gesicht erschien hinter dem Monitor. „Eine Reparatur im Technikraum.“ Nun grinste Holst überheblich. „Das erklärt wohl meine Fingerabdrücke. Noch Fragen?“
„Ja.“ Petersen nickte. Das arrogante Gehabe seines Gegenübers begann ihn zu nerven. Er trat an den Schreibtisch, stützte beide Hände darauf und beugte sich zu Holst hinab. Wiebke sah ihrem Kollegen an, dass er ihm am liebsten an die Gurgel gegangen wäre. „Wo waren Sie letzte Nacht zwischen zweiundzwanzig Uhr abends und sechs Uhr morgens?“
Holst tat, als würde er angestrengt nachdenken. Dann lächelte er Petersen süffisant an. „Ich habe die Nacht mit einer Dame verbracht.“
„Mit Ihrer Frau?“, bellte Petersen ihn an. „Freundin?“
„Weder noch. Ich habe mir ein Mädchen aus einem Escort-Service gegönnt.“ Sein Grinsen wurde noch eine Spur breiter, und der lüsterne Blick, mit dem er jetzt Wiebke betrachtete, bereitete ihr
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