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Wechsel-Wind

Titel: Wechsel-Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
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deine Mutter dir es nicht ausdrücklich erlauben. Hüte dich vor allem, was ungewöhnlichen Sex-Appeal besitzt oder irgendwie anziehend ist. Dein Leben könnte auf dem Spiel stehen.« Übrigens hatte sie ihr aufreizendes Dekollete durch eine konservativere, aber dennoch weiterhin attraktive Bluse ersetzt.
    »Hab' schon kapiert«, sagte Sean bestürzt.
    »Aber wir sind doch darauf hereingefallen«, wandte Mary ein.
    »Beim ersten Mal.«
    Das war ein guter Punkt. Erwachsene lernten rasch aus ihren Erfahrungen. Jim plagte indes noch eine andere Befürchtung. »Wenn du nach draußen gehst, können wir dich nicht mehr von Nachahmungen unterscheiden. Wie sollen wir wissen, daß wirklich du es bist, die uns von außen Signale gibt, und kein Trug? Sie könnten uns in die Irre leiten, so daß wir das Wohnmobil zu Schrott fahren.«
    »Hm. Laß mich mal überlegen.« Die Dämonin begann nachzudenken, was sich dadurch äußerte, daß ihr Kopf auf das doppelte Volumen anschwoll. Dann kehrte sie zu gewohnter Wohlproportioniertheit zurück. »Ich fürchte, du wirst beim nächsten Mal mit mir nach draußen kommen müssen. Dann weißt du sicher, daß ich ich bin.«
    »Aber wenn ich den Schutzbann verlasse, begebe ich mich in Gefahr.«
    »Ich werde alles tun, um dich zu schützen. Hier besitzen Dämonen wesentlich mehr Macht als ein Trug, denn ein Trug ist ein Eindringling.«
    »Unter normalen Umständen hättest du wohl recht«, entgegnete Jim. »Aber die Umstände sind nicht normal. Der Staub stärkt alle Anomalitäten.«
    Sie warf ihm einen langen Blick von der Seite zu. »Du magst Mundanier sein, aber du lernst schnell.«
    Er begriff, daß sie ihm ein Kompliment gemacht hatte und fühlte sich unklugerweise geschmeichelt. Selbstverständlich konnte man nicht auf den äußeren Anschein vertrauen, aber die Dämonin sah nun einmal aus wie eine außerordentlich hübsche junge Frau, und ihr Wohlwollen umging seinen rationalen Verstand und stieß in tiefere Regionen vor. »In der mundanen Physik kennt man einige sehr merkwürdige Phänomene, besonders auf Quantenebene«, sagte er. »Ich bin daran gewöhnt, von scheinbar irrationalen Voraussetzungen ausgehend, rational zu denken.«
    »In meinem Normalzustand würde ich dieser Fähigkeit keinerlei Bewunderung zollen«, murmelte Mentia.
    Was bedeutete, daß sie ihn in ihrem gegenwärtigen, vernünftigen Status quo sehr wohl bewunderte. Wenn sich Mary über Seans Faszination bezüglich Chlorine Sorgen gemacht hatte, dann würde sie sich ähnlicherweise den Kopf über die Beziehung ihres Gatten zu Mentia zerbrechen. Und vielleicht sogar mit gewissem Grund. Schon vor langer Zeit hatte Jim gelernt, die gelegentlichen Annäherungsversuche weiblicher Studenten abzublocken, die intelligente Männer bewunderten oder einfach versuchten, bessere Noten zu bekommen, aber die magische Umgebung bedrängte auch sein Urteilsvermögen, und seine Phantasien erkundeten ihre Grenzen. Lug und Trug waren nicht die einzigen Gefahren, die bei diesem Unternehmen am Wegesrand lauerten.
    Die endlose Drehung der aufwärts gewundenen Spirale führte sie plötzlich an eine Stelle, wo der Weg sich teilte, eine Abzweigung nach links, die andere nach rechts. »Welche nehmen wir?« fragte Jim.
    »Ich werde nachsehen«, sagte Mentia und schwebte von ihrem Sitz hoch.
    »Und ein Trug ahmt dich nach und gibt mir das falsche Signal«, widersprach Jim. »Selbst wenn ich dich sehe, kann ich nicht wissen, ob du die echte bist.«
    »Ach ja, richtig. Dann mußt du mit mir nach draußen kommen, und wir halten den Kontakt aufrecht.«
    »Den Kontakt?«
    Sich seiner Bedenken offenbar nur zu gut bewußt, lächelte sie. »Wir halten uns die Hände.« Sie streckte die linke Hand aus und ergriff seine Rechte. Dann schwebte sie durch die Windschutzscheibe, und nur ihre Hand und ihr Unterarm blieben im Wagen zurück.
    Jim wußte genau, daß Mary ihn beobachtete und den Mund hielt. Schließlich und endlich gab es guten Grund, Mentias Hand zu halten, ganz gleich, wie anzüglich es auch erscheinen mochte. Er öffnete die Tür und ließ sich aus dem Wagen gleiten, und Mentias Hand begleitete ihn, ohne von Glas oder Blech behindert zu werden. Und dennoch fühlte ihre Hand sich warm und stofflich an. Erstaunlich, wie sie das tun konnte – Jim hätte vermutet, daß eine stoffliche Hand nicht an einem genaugenommen körperlosen Arm hängen könne. Neugierig fuhr er mit seiner linken Hand durch ihren scheinbar fleischigen Arm – der Arm war in der

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