Weg der Träume
war sie sich unsicher, wie sie ihn begrüßen würde. Viel hing von Miles ab. Wusste er, dass sie Charlie angerufen hatte? Und wenn ja war er wütend? Verletzt? Würde er verstehen, dass sie es getan hatte, weil ihr nichts anderes übrig blieb?
Beim Anblick ihres Besuchers lächelte sie vor Erleichterung.
»Hallo, Brian«, sagte sie. »Was machst du denn hier?«
»Ich muss mit dir reden.«
»Gern… komm rein.«
Er folgte ihr in die Wohnung und setzte sich auf das Sofa. Sarah ließ sich neben ihm nieder.
»Worum geht's?«
»Du hast Miles' Boss angerufen, oder?«
Sarah strich sich durch die Haare. »Ja. Wie du schon gesagt hast, es blieb mir nichts anderes übrig.«
»Weil du glaubst, dass Miles sich den Typen vorknöpfen wird, den er verhaftet hat«, stellte Brian fest.
»Ich weiß nicht, was er vorhat - aber es macht mir so viel Angst, dass ich es gern verhindern möchte.«
Brian nickte. »Weiß er, dass du angerufen hast?«
»Miles? Keine Ahnung.«
»Hast du mit ihm gesprochen?«
»Nein. Seit er gestern weggefahren ist, nicht mehr. Ich habe ein paar Mal versucht, ihn anzurufen, aber er war nicht zu Hause. Ich erreichte immer nur den Anrufbeantworter.« Brian legte Daumen und Zeigefinger an den Nasenrücken.
»Ich muss etwas wissen«, sagte er. In dem stillen Raum wirkte seine Stimme wie durch Lautsprecher verstärkt.
»Was denn?«, fragte Sarah verwundert.
»Ich muss wissen, ob du wirklich glaubst, dass Miles so weit gehen würde.«
Sarah beugte sich vor. Sie versuchte Brian in die Augen zu schauen, aber er wandte den Kopf ab.
»Ich bin keine Hellseherin. Aber ich befürchte es, ja.«
»Ich finde, du solltest Miles sagen, dass er es sein lassen soll.«
»Wie bitte?«
»Der Typ, den er verhaftet hat… er soll ihn in Ruhe lassen.« Sarah starrte Brian verdutzt an. Schließlich wandte er sich ihr mit flehendem Gesichtsausdruck zu.
»Du musst erreichen, dass Miles das versteht, okay? Red mit ihm, ja?«
»Das hab ich doch schon! Das weißt du.« Sarah lehnte sich stirnrunzelnd zurück.
»Was ist eigentlich los?«
»Ich wollte nur wissen, was Miles deiner Meinung nach tun wird.«
»Aber warum? Warum ist das so wichtig für dich?«
»Was würde aus Jonah werden?«
Sie hob die Augenbrauen. »Jonah?«
»Miles wird doch an ihn denken, oder? Bevor er irgendetwas anstellt?«
Sarah schüttelte langsam den Kopf.
»Ich meine, du glaubst doch nicht, Miles würde riskieren, dass man ihn ins Gefängnis steckt?«
Sie ergriff seine Hand und hielt sie fest. »Einen Augenblick. Hör mal kurz mit den Fragen auf. Was ist eigentlich wirklich los?«
Dies war, in meiner Erinnerung, der Augenblick der Wahrheit, der Grund, warum ich zu ihr gekommen war. Die Zeit war reif, um endlich zu beichten, was ich getan hatte.
Warum rückte ich dann nicht damit heraus? Warum hatte ich so viele Fragen gestellt? Suchte ich nach einem Ausweg, nach einem Grund, es im Verborgenen zu lassen? Der Teil von mir, der zwei Jahre lang gelogen hatte, mag das gewollt haben, aber ich glaube ehrlich, dass mein besseres Ich meine Schwester beschützen wollte.
Ich musste sicher sein, dass ich nicht anders handeln konnte. Ich wusste, meine Worte würden ihr wehtun. Meine Schwester liebte Miles. Ich hatte sie an Thanksgiving zusammen gesehen , ich hatte gesehen, wie sie sich anschauten, ihren vertrauten Umgang miteinander, den zarten Kuss, den sie ihm zum Abschied gegeben hatte. Sie liebte Miles, und Miles liebte sie - das hatte sie mir gesagt. Und Jonah liebte sie beide.
In der Nacht zuvor hatte ich endlich begriffen, dass ich mein Geheimnis nicht länger hüten konnte. Wenn Sarah wirklich glaubte, dass Miles eigenmächtig handeln würde, wusste ich, dass mein Schweigen vielleicht mehr als ein Leben zerstören würde. Missy war wegen mir gestorben - mit einer zweiten sinnlosen Tragödie konnte ich nicht leben.
Doch um mich selbst zu retten, um einen Unschuldigen zu retten, um Miles Ryan vor sich selbst zu bewahren, musste ich meine Schwester opfern.
Sie, die schon so viel durchgemacht hatte, würde Miles in die Augen schauen müssen und dabei wissen, dass ihr eigener Bruder seine Frau getötet hatte - und ihn womöglich dadurch verlieren. Denn wie würde er ihr anschließend je mit den gleichen Gefühlen begegnen können wie vorher?
War es fair, sie zu opfern? Sie war unschuldig und unbeteiligt. Meine Worte würden sie unweigerlich in eine Zerreißprobe zwischen ihrer Liebe zu Miles Ryan und ihrer Liebe zu mir stürzen. Das wollte
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