Weiberabend: Roman (German Edition)
wollen, was ich mit meinem Körper machen soll«, erklärt Liz. »Erst haben uns Männer befohlen, was wir zu tun haben, und jetzt sind es andere Mütter. Haben wir diese gesellschaftlichen Debatten nicht gewonnen? Warum machen wir freiwillig solche Rückschritte, obwohl wir in einem reichen, demokratischen Land leben und das Recht haben, selbst zu entscheiden, was gut für uns ist?«
»Da hast du recht«, sagt Dooly kleinlaut. Unwillkürlich hat sie die Hände um ihre Brüste gelegt und hält sie nun schützend fest.
»Allerdings«, sagt Liz.
»Weil Stillen besser für das Baby ist«, sagt Tam. »So einfach ist das.«
»Aber das Baby ist nur ein Teil dieser Gleichung«, schalte ich mich ein und übernehme quasi für Liz. Wenn ich ehrlich bin, habe ich Jamie wohl ein bisschen früher abgestillt, als ihr lieb war, nachdem Frank in einem Augenblick zügelloser Leidenschaft einen Mund voll Muttermilch abbekommen hatte. »Die Mutter ist schließlich auch noch da. Wer fragt danach, was das Beste für sie ist?«
»Also, die meisten Mütter« – ich kann förmlich spüren, wie sorgsam Tam ihre Worte erwägt und sich überlegt, wie sie sich für Liz anhören werden – »sind der Meinung, dass das Beste für ihr Baby auch am besten für sie ist …«
Liz und ich schütteln die Köpfe.
»Was für ein Blödsinn«, sagt Liz. »Kinder sind eigenständige Wesen, die getrennt von ihren Müttern existieren.«
»Ich fand das Stillen viel einfacher als diese Fläschchen«, sagt CJ, und diesmal ist die leichte Ablenkung willkommen. »Es war die reinste Freude. Ich musste nicht all diese Taschen und den vielen Kram mit mir herumschleppen, nur eine Windel und ein paar Feuchttücher, denn die Titten hatte ich ja sowieso dabei. Ich bin gar nicht auf den Gedanken gekommen, es könnte besser für das Baby sein – es war einfach viel praktischer für mich.«
Fiona tapst in die angespannte Atmosphäre dieser Diskussion zurück. Sie fängt Liz’ Blick auf und lächelt ihr kurz zu. Dann schlendert sie zum Tisch und nimmt sich eine Artischocke. Sie zupft ein Blatt ab, steckt es in den Mund, verzieht das Gesicht und spuckt es hastig wieder aus. »Iih«, sagt sie.
»Fi, du musst es ins Dressing tunken«, sage ich.
»Zu viel Arbeit«, sagt sie. Liz steht auf und geht zu ihr hinüber. Sie stehen da und mustern zusammen das restliche Essen. Liz legt Fiona eine Hand auf die Schulter. Zwischen ihnen herrscht eine stille Übereinkunft, von der wir anderen ausgeschlossen sind.
Ich will auf keinen Fall, dass dieser Abend hiermit ruiniert ist. Bei all den Ähnlichkeiten, die wir unter Müttern für selbstverständlich halten, sind es unsere Unterschiede, die unsere Individualität deutlich und spalterisch verkünden. Wir vergessen, was für eine spannende Arena die Mutterschaft ist, und wie leicht aggressiven giftigen Urteile (über andere Mütter wie über uns selbst) das empfindliche Ökosystem unserer Freundschaften gefährden können. In dieser Welt geht es nicht nur, wie CJ behauptet hat, um einen Kampf zwischen Müttern und Nicht-Müttern. Noch schmerzlicher sind die erbitterten Kämpfe innerhalb der Mutterschaft – zwischen natürlich Gebärenden und Kaiserschnitt-Müttern; den stillenden Müttern und den Fläschchen gebenden; zwischen den Hausfrauen-Müttern und den Berufstätigen, und jede von uns sucht verzweifelt Rechtfertigungen oder Trost für die Entscheidungen, die wir getroffen haben.
Doch selbst während ich hier sitze und die Spannung zwischen meinen Freundinnen spüre, bereue ich es nicht, Kinder bekommen zu haben. Ich hatte Glück, ich bin leicht schwanger geworden und habe problemlos geboren. Aber eine Adoption wäre mein Plan B gewesen. Ja, ich habe den Gedanken daran, vielleicht irgendwann einmal ein Kind zu adoptieren, trotzdem nicht aufgegeben. Wenn ich das erwähne, wendet Frank doch tatsächlich mal den Blick vom Fernseher ab. »Tu mir einen Gefallen«, sagt er immer, »und warte damit, bis ich tot bin.« Frank gibt ganz offen zu, dass sein eigen Fleisch und Blut seine Vorräte an Liebe und Fürsorge restlos geplündert hat und für Hilfsbedürftige und Waisen nichts mehr übrig ist.
Zumindest ist er ehrlich. Aber vielleicht kann ich ihn doch noch irgendwie zu einer Adoption überreden. Ich meine, was sonst ist es in diesem Leben wert, als kleine Menschen zu lieben? Was könnte bedeutsamer sein, als einem Kind beizubringen, wie man sich selbst die Schuhe zubindet? Was rührt das Herz tiefer als mit anzusehen,
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