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Weiberregiment

Weiberregiment

Titel: Weiberregiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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fort.
    »Eine Tasse süßer Tee ist der Freund des Soldaten.«
    Polly griff nach dem Kessel für Bluses Rasierwasser und eilte davon.
    Das war eine weitere Sache, die man beim Militär lernte: Es kam darauf
    an, beschäftigt zu wirken. Wenn man beschäftigt wirkte, dachte kaum
    jemand darüber nach, womit man beschäftigt war.
    Verdammter Strappi! Er hatte ihr Haar ! Er würde versuchen, es gegen
    sie zu verwenden, wenn er konnte, das stand fest. Es war ganz sein Stil.
    Was machte er jetzt? Er würde sich von Jackrum fern halten, das war
    ebenso sicher. Er würde warten, irgendwo. Und es blieb Pol y nichts
    anderes übrig, als ebenfal s zu warten.
    Die Truppe hatte ihr Lager auf der Windseite des Rauchs
    aufgeschlagen. Eigentlich sol ten die Rekruten rasten, da sie in der
    vergangenen Nacht kaum geschlafen hatten, aber als Jackrum die
    Aufgaben verteilte, erinnerte er sie: »Es gibt da eine alte militärische
    Redensart, die lautet: Pech für euch.«
    Niemand kam auf den Gedanken, die Hütte zu benutzen, aber es gab
    einige mit Planen ausgestattete Gerüste, die das zurechtgeschnittene
    Holz trocken hielten. Wer nichts zu tun hatte, legte sich auf die Stapel
    aus Stöcken, die ein wenig nachgaben, nicht rochen und in jedem Fal
    besser waren als die bewohnten Matratzen in der Kaserne.
    Als Offizier bekam Bluse ein Gerüst für sich allein. Pol y hatte einige
    Bündel Stöcke so zurechtgerückt, dass eine Art Stuhl entstanden war,
    der ein wenig federte. Jetzt legte sie das Rasierzeug zurecht und wol te
    gehen…
    »Könntest du mich rasieren, Perks?«, fragte der Leutnant.
    Glücklicherweise kehrte Polly ihm den Rücken zu, deshalb blieb ihm
    ihr Gesichtsausdruck verborgen.
    »Ich fürchte, diese verdammte Hand ist ziemlich angeschwol en«, fuhr
    Bluse fort. »Normalerweise würde ich dich nicht um so etwas bitten,
    aber…«
    »Natürlich, Herr«, sagte Polly, weil ihr keine Wahl blieb. Mal sehen…
    Sie verstand es gut, mit einer stumpfen Klinge über ihre glatten Wangen
    zu streichen. Und in der Küche der »Herzogin« hatte sie gelegentlich
    die Haut toter Schweine abgeschabt, weil niemand haarigen Schinken
    mag. Aber das zählte eigentlich nicht. Panik stieg in ihr empor und stieg
    noch schnel er, als sie sah, dass sich Jackrum näherte. Sie würde einem
    Offizier die Kehle durchschneiden, in der Gegenwart eines Feldwebels.
    Verbirg die Zweifel hinter geschäftigem Getue. Militärische Regel.
    Wusele herum und hoffe auf einen Überraschungsangriff.
    »Bist du nicht ein wenig zu streng mit den Männern, Feldwebel?«,
    fragte Bluse, als ihm Polly ein Handtuch um den Hals legte.
    »Nein, Herr. Es kommt darauf an, sie beschäftigt zu halten. Sonst
    blasen sie Trübsal«, sagte Jackrum zuversichtlich.
    »Ja, aber sie haben gerade zwei grässlich verstümmelte Leichen
    gesehen«, erwiderte Bluse und schauderte.
    »Gute Übung für sie, Herr. Sie werden noch viel mehr sehen.«
    Pol y wandte sich dem Rasierzeug zu, das sie auf einem anderen
    Handtuch ausgebreitet hatte. Mal sehen… offenes Rasiermesser, lieber
    Himmel, der graue Stein für den groben Schliff, der rote für den feinen,
    Seife, Pinsel, Napf… Wenigstens wusste sie, wie man Schaum
    machte…
    »Deserteure, Feldwebel. Üble Sache«, fuhr Bluse fort.
    »Die gibt es immer, Herr. Deshalb wird der Sold immer zu spät
    ausbezahlt. Ein Mann, der noch das Geld der letzten drei Monate zu
    bekommen hat, läuft nicht ohne weiteres davon.«
    »Der Zeitungsmann Herr de Worde sprach von vielen Deserteuren,
    Feldwebel. Ist es nicht seltsam, dass so viele Soldaten die Seite des
    Siegers verlassen?«
    Pol y hantierte energisch mit dem Pinsel. Jackrum zeigte Unbehagen,
    zum ersten Mal, seit Maladikt Soldat geworden war.
    »Aber auf welcher Seite steht er, Herr?«, fragte er.
    »Du bist bestimmt nicht dumm, Feldwebel«, sagte Bluse, als hinter
    ihm Schaum über den Rand des Napfes quol und zu Boden plumpste.
    »Verzweifelte Deserteure sind unterwegs. Unsere Grenze scheint so
    schlecht bewacht zu sein, dass feindliche Kavallerie vierzig Meilen weit
    in ›unser schönes Land‹ vorstoßen kann. Und das Oberkommando
    scheint so verzweifelt zu sein – ja, verzweifelt, Feldwebel –, dass selbst eine Hand vol unausgebildeter und offen gestanden sehr junger
    Männer an die Front muss.«
    Der Schaum hatte inzwischen ein Eigenleben entwickelt. Pol y
    zögerte.
    »Bitte zuerst ein heißes Handtuch, Perks«, sagte Bluse.
    »Jaherr. Entschuldigung, Herr. Hab’s vergessen, Herr«,

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