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Weichei: Roman (German Edition)

Weichei: Roman (German Edition)

Titel: Weichei: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Boltz
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erfüllen und zack wieder draußen sein. An sich also eine saubere Geschichte. Nur weiß man ja, wie man mit diesen schnellen Missionen oftmals knapp danebenliegen kann und noch Jahre später in der Kacke steckt. Aber was soll andererseits schon passieren? Die machen dort jeden Tag diese Proben, und außerdem kenne ich weder den Arzt noch werde ich ihn hoffentlich danach jemals wiedersehen.
    Denk einfach an deine persönliche Irakmission.
    Mit erhöhtem Puls und gesenktem Blick drücke ich die Tür der Praxis auf und dringe in einer Art militärischer Zangenbewegung in Richtung des Grenzpostens in Form des Empfangs vor, um mir meinen zu füllenden Saddam-Plastikbecher abzuholen.
    Denk an den Irak, Robert.
    Einfach reingehen, Becher nehmen, füllen, abschütteln, heimgehen.
    Keine große Sache.
    »Robbie. Mensch, dich habe ich ja schon ewig nicht mehr gesehen.«
    Was? Was ist denn jetzt los? Welcher Wüstensohn hat da meinen Namen genannt? Und dann auch noch Robbie. So wurde ich früher nur von meiner Mutter und den Klassenkameraden genannt. Zwangsläufig muss ich den Kopf heben und sehe in das Gesicht einer sichtlich überraschten Arzthelferin. Sie kommt mir nicht im Entferntesten bekannt vor.
    »Kennst mich wohl nicht mehr. Jutta Sprengler. Wir haben zusammen Abi gemacht. Klasse 12 a.«
    Jutta Sprengler. Na klar. Damals Tratschtante, jetzt Partisanenkämpferin, die sich zwischen mich und meine Mission drängt. Das hässliche Mädchen mit pickeliger Stirn und Zahnspange aus dem Matheleistungskurs. Die Spange schimmert nicht mehr in ihrem Mund. Der Rest ist etwas reifer, aber nicht hübscher geworden. Aber das sage ich natürlich nicht. Stattdessen antworte ich politisch korrekt mit einem bis zur Zungenspitze geheuchelten: »Jutta. Gut schaust du aus. Wie geht es dir?«
    »Prima. Ist ja witzig, dass wir uns hier treffen.«
    »Ja, witzig«, antworte ich und frage mich, was wohl noch witziger sein kann?! Mir fallen spontan fauliger Nagelpilz und Streptokokken ein.
    »Was treibst du denn so?«
    »Ich? Ach, ich … ich studiere noch.« Ich möchte ihr nicht mein Leben von der Tankstelle erzählen. Nicht Jutta. Die würde sich das Maul über mich zerreißen. »Und du? Schon lange hier tätig?«
    »Ja. Habe damals nach dem Abi direkt eine Lehre hier begonnen und bin dann übernommen worden.«
    »Aha«, presse ich hervor und denke an die bevorstehende
Spermamission im Angesicht von Jutta. Mit ihr zeitgleich in denselben Praxisräumen zu atmen, verleiht meiner Libido nicht gerade Flügel. Es ist ungefähr genauso desillusionierend wie Roccos Arsch Parade 3 , die zu meiner damaligen Enttäuschung lediglich aus einem Zusammenschnitt der beiden ersten Teile bestand.
    »Kannst du denn eigentlich kommen?«, werde ich rabiat aus meinen Gedanken gerissen.
    Wie kann sie mich das nur fragen? Aber vielleicht müssen sie das ja aus gesundheitlichen Gründen die Personen vor den Spermaproben fragen. Zwar etwas erstaunt über so eine direkte Frage, antworte ich dennoch ganz ehrlich.
    »Na ja, weiß nicht. Ich hab das noch nie gemacht. Ist halt schon blöd … in so einen Becher rein.«
    Jutta schaut erstaunt, und ihre glubschigen Krötenaugen drohen, aus den Höhlen zu quellen. Was denkt die alte Tratschtante denn? Dass ich jeden Tag zum Frühstück so ’ne Portion aus Spaß abfülle, weil mich Plastikbecher so anturnen?
    »Versteh ich nicht, Robbie.«
    »Na ja, wie viele Leute kommen denn hierher, die das öfter machen?«
    »Was denn öfter machen?« Sie schüttelt verständnislos den Kopf. »Ich meinte das Abitreffen nächsten Monat. Kommst du da auch hin?«
    Abitreffen? Ah. Verdammt. Stimmt, da kam so ein Schreiben mit der Post. Hatte ich sofort in den Mülleimer entsorgt. Okay, das war jetzt peinlich.
    »Ach so. Ja. Das Abitreffen. Natürlich. Mal sehen. Denk schon.«
    »Ich werde auf jeden Fall hingehen. Gibt bestimmt viel zu bequatschen. Hast du denn noch Kontakt zu irgendwem?«
    »Nö, eigentlich nicht.« Okay, ist nicht ganz wahr, aber wie soll ich Jutta erklären, dass ich Peter Silie ab und an mal anmaile, um mich in seinem Leid zu suhlen, damit es mir im Anschluss besser geht. Das könnte eventuell schwer zu verstehen sein.
    »Na ja, ich auch kaum. Wie kann ich dir denn helfen?«
    »Äh. Termin. Ich habe einen Termin.«
    Jutta blättert in der vor ihr liegenden Agenda und bleibt mit ihrem Finger unter meinem Namen kleben.
    »Ah, wir brauchen eine Probe von dir wegen Chlamydienverdacht.«
    »Genau.« Ich nicke und würde am

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