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Weil wir glücklich waren - Roman

Weil wir glücklich waren - Roman

Titel: Weil wir glücklich waren - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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das Haus verkauft war. Er sollte eingeschläfert werden. Es wäre ein sauberer Abschluss, hatte Maxine gemeint, menschlich. Tiere seien rein körperliche Geschöpfe; sie würden sich nicht über ihren Geist, sondern über ihren Körper definieren, und wir täten ihnen keinen Gefallen, wenn wir sie behielten, lange nachdem es mit dem Spaß vorbei war. »So ähnlich wie Ehemänner«, hatte sie lachend hinzugefügt, war aber sofort wieder ernst geworden. Sie sagte, Natalie müsse anfangen, an sich selbst zu denken. Und sie wisse, wovon sie spreche, sie habe selbst eine Scheidung hinter sich. Natalie sei noch jung, sie habe noch viel vor sich.
    Sie fühle sich nicht jung, erwiderte Natalie, doch Maxine winkte ab.
    »Vertrau mir«, forderte sie. »Du wärst überrascht, wie jung einem neunundvierzig vorkommt, wenn man siebenundsechzig ist.«
    Es war nett von ihr, das zu sagen, aber etwas daran hatte Natalie getroffen. Vielleicht lag es daran, dass neunundvierzig nicht so weit von siebenundsechzig entfernt zu sein schien - vor allem, wenn sie daran dachte, dass sie und Dan in den letzten kostspieligen Jahren seine Altersversorgung geplündert hatten. Sie wandte den Blick von Maxine ab, schaute auf ihre eigenen, kurzen Fingernägel und versuchte, an etwas anderes zu denken. Aber sie konnte fühlen, wie Tränen in ihr aufstiegen, und biss sich auf die Lippe. Sie hasste es, eine solche Heulsuse zu sein. Sie machten gerade Pause, saßen auf einem Tisch in dem fensterlosen Hinterzimmer bei DeBeck's und hatten ihre Mokka-Smoothies schon fast ausgetrunken. Natalie musste in fünf Minuten wieder in ihrer Abteilung sein. Dort würde sie Schals zusammenlegen und Kreditkarten überprüfen. Sie würde lächeln und »Kann ich Ihnen helfen?« zu jungen Mädchen in Designer-Jeans sagen, die durch sie hindurchschauen würden, als wäre sie nicht vorhanden.
    »Na, dann mal los.« Maxine glitt vom Tisch des Pausenraums in ihre hochhackigen Schuhe. »Sei clever. Konzentrier dich auf dich. Du wolltest eine Wohnung mit gutem Sicherheitsdienst und einmonatiger Kündigungsfrist? Und hast wie durch ein Wunder eine gefunden? Du musst sie nehmen. Schätzchen, hör auf mich. Du hängst an dem Hund, weil du an der Vergangenheit hängst. Das ist eine aufregende Zeit für dich, eine entscheidende Zeit. Dein Hund, der Methusalem, muss weg.«
    Sie wusste, dass Maxine recht hatte. Ja, es musste sein. Und warum war der Hund eigentlich an ihr hängen geblieben? Veronica war diejenige gewesen, die sich das Tier gewünscht hatte. Und Dan hatte ihr gesagt, sie könne einen Hund haben. Warum, fragte Natalie sich, sollte er ausgerechnet bei ihr bleiben, nachdem alle anderen weggegangen waren?
    Aber als es so weit war, hatte sie es nicht übers Herz gebracht. In den Tagen nach dem Verkauf des Hauses, als sie ernsthaft anfing zu packen, war Bowzer ihr einziger Trost gewesen. Eines Abends war er auf ihr Bett gesprungen, genau wie er es als Welpe getan hatte, und hatte sich an ihre Brust gekuschelt. Tagsüber lag er auf dem Fußboden neben der Kiste, die sie gerade vollpackte, und kaute an seinem Büffelknochen. Allein seine Gegenwart war tröstlich, der konkrete Beweis dafür, dass sie doch nicht so mutterseelenallein war, wie sie sich fühlte. In dem Umzugsmonat hatte sie sich große Mühe gegeben, hart und schonungslos zu sein. Sie hatte einen Garagenverkauf veranstaltet und sämtliche Sachen von Dan verkauft. Er hatte nur zurückgelassen, was ihm nicht wichtig war, und es war ihr eine kleine Genugtuung gewesen, die lederne Aktentasche, die sie ihm zum Abschluss seines Jurastudiums geschenkt hatte, für zwei Dollar zu verkaufen. Oder das Gedicht wegzuwerfen, das sie ihm zum fünfzehnten Hochzeitstag geschenkt hatte. Was die Fotoalben anging, die konnte sie nicht wegwerfen. Fast auf allen Bildern, die Dan zeigten, waren auch Elise und Veronica. Deshalb packte sie alle in einen Karton und brachte sie in Veronicas Wohnheim. Sie fragte nicht. Sie übergab den Karton einfach ihrer Tochter und wiederholte dabei im Geist das Mantra, das sie von Maxine gelernt hatte. Sei clever. Fang an, dich um dich zu kümmern.
    An dem Tag, bevor sie in die Wohnung zog, war sie tatsächlich mit Bowzer zum Tierarzt gefahren. Maxine hatte mehrmals angeboten, sie zu begleiten, aber Natalie wollte lieber allein gehen. Das war ihr erster Fehler gewesen. Und dann hatte sie den Tierarzt, statt ihm zu sagen, was zu tun war, nach seiner Meinung gefragt. Der Tierarzt hatte geseufzt, sich

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