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Weiss

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Titel: Weiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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gefunden. Es war nur ein Gerücht, aber brandneu und noch nicht überprüft.
    »Machen Sie wenigstens einmal in Ihrem Leben eine Ausnahme«,flehte Kati Soisalo ihn an. »Geben Sie mir meine Tochter zurück, niemand wird erfahren, wer sie entführt hat, ich will sie nur wiederhaben. Verlangen Sie ein Lösegeld, alles, was Sie wollen …« Sie griff in ihre Tasche und wollte die Fotos von Vilma herausholen, aber der Sicherheitschef trat vor sie hin, um das zu verhindern.
    »Meine Tochter ist genau so alt wie Ihr jüngeres Kind«, sagte Kati Soisalo in beschwörendem Ton.
    Bojanić sah seine Sekretärin im Zimmer nebenan und ging zur Tür, um sie zu schließen. »Von wem hast du den Namen Arbuzow gehört?«, fragte er.
    »Von der serbischen Polizei«, log Kati Soisalo. »Bitte haben Sie Mitleid mit meiner Tochter.«
    Im selben Augenblick betraten drei Männer so groß wie Mauerbrecher das Zimmer.
    »Wenn du mein Haus still und ruhig verlässt, begleiten dich diese Männer in dein Hotel. Wenn du aber weiter randalierst oder noch einmal in der Nähe meiner Villa auftauchst, dann schneiden sie dir mit dem Messer die Milz heraus. Du kannst selbst wählen«, drohte Bojanić.
    Kati Soisalo schaute den serbischen Menschenhändler an und empfand grenzenlose Wut und zugleich abgrundtiefe Trauer. Dieser widerliche Kerl wusste, was mit ihrer Tochter geschehen war, doch ihr blieb nichts anderes übrig, als dieses Haus zu verlassen. Nur ein anderthalb Meter großes Stück eines Perserteppichs lag zwischen ihr und Vilma. So nahe würde sie ihrer Tochter vielleicht nie wieder kommen.
     
    Als Kati Soisalo begleitet von den Bodyguards das Zimmer verlassen hatte, knöpfte Bogdan Bojanić sein Hemd zu und schüttelte lächelnd den Kopf. »Die Hure hat Schneid, das muss man ihr lassen. Kommt einfach her und schreit am helllichten Tag hier herum.«
    »Woher weiß sie von dir und Arbuzow?«, fragte der Sicherheitschef verwundert.
    Bojanić schniefte und zuckte die Achseln. »Erkundige dich nach dem Weib. Auf der Visitenkarte steht, dass sie eine finnische Juristin ist.«
    »Was sollen wir mit ihr machen?«
    »Finde heraus, ob wir etwas mit dem Verschwinden ihrer Tochter zu tun haben und ob das Mädchen in Belgrad ist. Wenn ja, muss das Kind weggebracht werden, weit weg. Danach holst du alles aus der Frau heraus, was sie über Arbuzow weiß, wer ihr das gesagt hat und so weiter. Und schließlich organisierst du irgendeinen Unfall, es darf ruhig ein schwerer sein. Schließlich ist diese Scheißhure mit Gewalt in mein Zuhause eingedrungen.«
    ***
    Sabrina Pianini versuchte nicht einmal mehr, Vermutungen anzustellen, was hier vor sich ging, die ganze Situation überstieg ihr Begriffsvermögen, obwohl ihr Intelligenzquotient nach den Ergebnissen bei drei standardisierten Tests immerhin zwischen 169 und 182 lag. Sie wusste nur, dass sie mit den anderen Gefangenen mehrere Tage in dem stinkenden Loch im Auflieger eines Sattelzugs vegetiert hatte, bis man sie vor einigen Stunden herausgezerrt und mit verbundenen Augen in diesen kleinen zellenartigen Raum aus Metall geführt hatte. Vermutlich war ihr in regelmäßigen Abständen Heroin gespritzt worden. Der Euphorie nach der Injektion folgten Übelkeit und ein trockener Mund, die Beine waren schwer wie Blei. Sie fühlte sich mal frisch und munter und dann wieder schläfrig.
    Ein schmales Bett, zwei Klappstühle, ein Kleiderschrank und ein Tisch, den man aus der Wand heraus klappte, das war das ganze Mobiliar. Sie hatte sich waschen und saubere Sachen genau in der richtigen Größe anziehen dürfen und anschließend ein Abendessen serviert bekommen, das es mit Gerichten der bestenRestaurants aufnehmen konnte. Und gerade eben war eine Aluminiumplatte automatisch hochgesurrt wie ein Rollladen und hatte ein wandgroßes Fenster freigegeben.
    Sie kam sich vor wie eine Ratte, die von irgendeinem übermächtigen Wesen skrupellos für dessen Zwecke ausgenutzt wurde. Der Betonfußboden strahlte Kälte aus, die sie durch die Stoffschuhe spürte. Das Absurde der Situation jagte ihr einen eisigen Schauer über den Rücken. Aus einer Höhe von fünf Metern schaute sie auf eine Forschungshalle, die sich über Tausende Quadratmeter erstreckte. Sie hatte zwar während des Studiums und in ihren Berufsjahren Dutzende unterschiedliche Forschungsinstitute kennengelernt, aber so etwas sah sie zum ersten Mal: Hunderte, vielleicht Tausende Wissenschaftler in weißen Kitteln und Techniker in Overalls und dazu Unmengen von

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