Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)
Erfolg verkaufen kann. Nur sind mir mit den Ergebnissen des Wiener Kongresses meine bisherigen Strukturen durcheinandergeraten, deshalb bemühe ich mich um den preußischen und außerdem um den russischen Markt. Sie verstehen, meine Schiffsbeteiligungen müssen arbeiten und mit den Russen teilen wir nun mal die Ostseeküste. Alles, was den Rhein runterschippert, kann ich übernehmen und nach Stralsund, Stettin, Danzig, Königsberg, Memel oder eben auch nach Petersburg schaffen.“ Die Augen des Kaufmanns glitzerten erwartungsvoll.
Franz, fürs Erste erleichtert, holte tief Luft. Selbstverständlich machte er sich Gedanken, wie er Ernsts Schwiegervater klarmachen könne, weder als Handlungsreisender in Sachen Rheinwein noch als Kontaktmann für russische Geschäftsanbahnungen zur Verfügung zu stehen.
Köster ließ sich von Franz’ Wortkargheit nicht entmutigen. Er redete munter weiter: „Glauben Sie bitte nicht, mir irgendwelche Gefälligkeiten zu schulden, dazu habe ich meine Leute“, stellte er ausdrücklich fest und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Wie soll ich mich erklären? Sie sind für mich nachgerade der typische Vertreter des preußischen Militärs: jung, entschlossen, wenn das Vaterland Sie ruft, zögern Sie keine Sekunde!“ Köster, der sich inzwischen auch ein Glas von einem Tablett geangelt hatte, prostete Franz anerkennend zu.
„Das ist mein Beruf“, wandte Franz ein, um der Lobhudelei Einhalt zu gebieten.
„Ja, ja, ich weiß, mein junger Freund. Ich will Sie auch nicht länger mit geschäftlichen Dingen belästigen, sondern Ihnen ein Geschenk offerieren!“
„Ich befürchte, Bestechungen nicht annehmen zu können“, entgegnete Franz schroff.
Köster riss die Hände hoch. „Aber, aber, wer spricht denn von Bestechung!? Ich schenke Ihnen ein paar Flaschen Wein, die Sie in Gedenken an mich und unser Gespräch mit Ihren Offiziersfreunden verkonsumieren, höhere Chargen sind mir natürlich umso lieber wegen der direkten Nachbestellungen.“ Köster zwinkerte und stieß Franz vertraulich in die Seite. „Und dann schreiben Sie mir, wie die Sorten bei den Herren Offizieren angekommen sind. Streng genommen helfen Sie mir bei einer Geschmacksstudie. Schließlich möchte sich niemand verspekulieren, beispielsweise von der falschen Sorte zu viel einkaufen. Na, wie gefällt Ihnen das? Gewissermaßen erhalten Sie dann auch kein Geschenk, sondern nur den gerechten Lohn für Ihre Mühe.“
Franz wollte die Sache gerade abschließen, als er unverhofft Unterstützung erhielt.
„Papa!“ Charlottes Ton klang vorwurfsvoll. „Kannst du nicht einmal Geschäft, Geschäft sein lassen und dich als plaudernder charmanter Herr unter unsere Gäste mischen?“
Köster ließ sich nur ungern von seiner Tochter maßregeln, musste aber solche Vorträge bereits öfter gehört haben, denn er lächelte beschwichtigend.
„Schon gut, meine Liebe, ich will deinen Tischherrn auch nicht länger in Beschlag nehmen. Wir sind uns ohnehin einig geworden.“
Somit schloss der Weinhändler die Sache ab und beurlaubte sich mit einer knappen Verbeugung, Franz’ Meinung schien bei der angeblich erreichten Einigkeit völlig unerheblich zu sein.
Charlotte seufzte. „Ich möchte Sie bitten, den Überfall meines Vaters zu entschuldigen“, sagte sie und schaute noch einmal in Richtung Salon, wie um zu prüfen, ihren Vater auch wirklich außer Hörweite zu wissen.
„Sie haben es ihm wirklich zu leicht gemacht, Herr Leutnant. Bei Herrn Professor Pries wären Sie besser aufgehoben gewesen. Der Mann versteht es, Gesprächspartner zu fesseln. Warum sind Sie mit Frau Witte regelrecht geflüchtet, kaum dass mein Vater den Salon betreten hat? Sind Ihnen seine Praktiken etwa bekannt?“
Franz hoffte, Charlotte meine die Geschäftspraktiken. Kurz darauf schämte er sich seiner Gedanken. Natürlich meinte sie die, wie hätte sie Kenntnis von anderen Praktiken haben sollen. Außerdem durfte er von dem Erlebnis, das er mit dem Sohn des Weinhändlers gehabt hatte, nicht zwangsläufig auf den Vater schließen.
„Mein Gott“, entfuhr es Franz. Er konnte nicht verhindern, Charlotte einen Moment lang bestürzt anzustarren.
„Was ist? Ist Ihnen nicht gut?“ Charlotte hakte sich besorgt bei Franz ein und wollte ihn zu einem Sessel führen.
„Nein, nein“, wehrte er ab und lächelte sie beruhigend an, „mit mir ist alles in bester Ordnung, Frau Doktor. Mir ist gerade eingegangen, dass ich heute Ihren Bruder kennengelernt habe,
Weitere Kostenlose Bücher