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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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fort. Seine Stimme nahm abermals einen verschwörerischen Ton an. „Ich dachte auch nicht an leblose Holzfässer“, sagte er geheimnisvoll.
    „Nicht?“ Borowsky zog fragend die Brauen hoch.
    Pistorius wurde unruhig. „Die Maische! Ick werd verrückt! Daran hab ick ja noch jar nich jedacht!“, rief er erfreut.
    „Was soll die Maische in Hamburg?“, fragte Borowsky blöde.
    Der Graf und Pistorius wollten sich ausschütten vor Lachen.
    Borowsky war weniger amüsiert und fragte ärgerlich: „Wird das jetzt eine Verschwörung, meine Herren?“
    Der Graf wischte sich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel. „Nein“, stellte er fest und räusperte sich, bemüht das Lachen abzuwürgen, das erneut in seiner Kehle aufsteigen wollte, „die Maische werden Schweine und Mastochsen fressen. Die Sauen werden gar nicht so schnell ferkeln können, wie wir Futter produzieren.“
    Borowskys Augen weiteten sich. Er ließ sich zurückfallen und starrte in eine unwirkliche Ferne. Vermutlich sah er die Elbkähne vor sich, in denen dicht gedrängte Schweineleiber ihrem Schicksal entgegen trieben.
    Hamburg, die stetig wachsende Handels- und Wirtschaftsmetropole, hatte mit steigenden Einwohnerzahlen auch einen ständig steigenden Bedarf an Lebensmitteln. Als Borowsky die Dimension des Vorhabens begriff, setzte er sich ruckartig auf. Sein Blick fixierte seinen Nachbarn.
    „Meine Herren, wie Sie sehen, sind wir in naher Zukunft in der Lage, einen gänzlich neuen Kreislauf in Gang zu bringen. Bis sich diese Form des Wirtschaftens allgemein durchsetzt, müssen wir uns einen unaufholbaren Vorsprung erarbeiten!“
    Der Graf nickte voller Vorfreude. Unterdessen rutschte Pistorius auf seinem Stuhl unruhig hin und her, als erwarte er noch eine Bemerkung, die auch ihn zufriedenstelle. Borowsky wusste anscheinend, worauf sein Geschäftspartner erpicht war.
    „Herr Pistorius wird, nachdem er uns ausreichend ausgestattet hat, in Brandenburg ein Patent für seinen Brennapparat anmelden“, führte er weiter aus. „Wir unterschreiben ihm selbstverständlich eine Verpflichtungserklärung, die Geräte nur für eigene Unternehmungen zu betreiben.“
    Pistorius zog zufrieden den Mund breit. Ihm gebührten der Ruhm und die Ausbeutung der Patentrechte an seiner Erfindung.
    Sein Förderer Borowsky bliebe im Hintergrund und erntete auf eigenes Risiko, jedoch gemeinsam mit dem Grafen, die Früchte einer Investition, für die er wieder einmal das richtige Gespür gezeigt hatte. Die drei Männer saßen sich mit leuchtenden Augen gegenüber und konnten ihr momentanes Glück gar nicht so recht fassen.
     

Der Schleier beginnt sich zu lüften
     
    Franz schüttelte sich wie ein nasser Hund. Er zog seine feuchte Uniformjacke aus, auf der Nieseltröpfchen wie Perlenapplikationen schimmerten. Seine Selbstbeherrschung reichte so weit, sie nicht unwillig in eine Ecke des Zimmers zu schleudern. Stattdessen drapierte er das unschuldige Kleidungsstück fein säuberlich auf einen Bügel und hing es zum Trocknen an einem Fensterknebel auf.
    Seufzend sank er auf einen Stuhl, der nicht mit Pamphleten beladen war, und starrte blicklos ins Leere. Die Umgebung von Johanns Zimmers nahm er kaum wahr. In Gedanken war er noch an Hans-Georgs Seite, hörte das Rauschen der Warnow, wie sie unermüdlich die Wasserräder der Lohmühlen antrieb.
    Sie hatten auf einer der vielen Brücken gestanden, die von Menschenhand gestochene Fließe überspannten, und dem Gurgeln der Strömung in ihrem künstlichen Bett zugeschaut. So wie das Wasser schier unerschöpflich in Richtung Meer floss, so ergiebig erwies sich die Informationsflut, die Hans-Georg mit seinem Redeschwall auslösen sollte. Innerhalb kürzester Zeit war Johann in einer Art und Weise lebendig geworden, wie Franz ihn niemals zuvor wahrgenommen hatte. War er anfangs noch erstaunt gewesen, so hatte recht bald die Scham überwogen, vom eigenen Bruder kümmerlich wenig gewusst zu haben.
    Die Gespräche der Brüder als annähernd erwachsene Männer waren leider nie über flach gehaltene Konversation und höfliche Zurückhaltung hinausgekommen. Franz hatte auch nicht damit gerechnet, dass Johann ihn als jüngeren Bruder ins Vertrauen ziehen wolle, wie er sich seine Lebensplanung vorstelle. Ebenso wenig hatte Franz das Bedürfnis gespürt, sich dem älteren Bruder zu offenbaren.
    Aus Franz’ Sicht hatten es Hans-Georg und seine Freunde beneidenswert einfach gehabt: Die jungen Männer waren dem Bruder an einer Stelle ihres

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