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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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haben wollen?“, fragte sie stirnrunzelnd. Als Städterin kam ihr nicht der Gedanke, der Hundebesitzer sei möglicherweise froh darüber, einen Fresser abgeben zu können.
    „Da machen Sie sich mal keine Sorgen. Ich regele das schon“, meinte Franz. Er spekulierte darauf, den Hund für ein paar Groschen mitnehmen zu können. Selbstverständlich ging es ihm nicht um ein gutes Geschäft, sondern darum, der alten Dame eine Freude machen zu können.
    „Können wir jetzt mit Alan weitermachen?“
    Die Aussicht auf einen vierbeinigen Beschützer lenkte Mudder Schultzen von dem Geräusch ab. Sie nickte und kaum dass ihre Gedanken zu ihrem ehemaligen Untermieter zurückgekehrt waren, verfinsterte sich ihr Ausdruck. „Bei mir ist ein Zimmer frei geworden. Ihr Bruder hat davon gewusst und hat ihn mitgebracht. Es muss so kurz nach Ostern gewesen sein“, berichtete sie. „Anfangs bin ich sehr erfreut gewesen. Alan hat ein einnehmendes Wesen, wissen Sie.“
    Franz dachte sofort an Hans-Georgs Schwärmerei.
    „Nach einer Weile hab ich einsehen müssen, dass sein klangvoller Name nichts mit dem Inhalt seiner Geldbörse zu tun hat. Als ich ihn daraufhin zur Rede stellte, kam Johann hinzu.“
    Franz sah die Szene deutlich vor sich und musste den Impuls unterdrücken, sich die Ohren zuzuhalten. Mudder Schultzens Gezeter dürfte alle Bewohner des Hauses aufgeschreckt haben. Franz bemühte sich angestrengt, nicht zu grinsen.
    „Daraufhin hat Ihr Bruder für Alan gebürgt. Er sei ein Ehrenmann und obendrein sein Freund, hat er mir versichert. Seine momentane finanzielle Krise sei kein Grund, so ein Aufsehen zu erzeugen.“ Mudder Schultzen traf Johanns Sprechweise ausnehmend gut. Franz konnte nichts dafür – er grinste.
    „Das Geld, das mir Alan kurz nach dem Eklat überbracht hat, stammt mit großer Sicherheit aus der Tasche Ihres Vaters“, bemerkte sie seufzend, wobei sie das französische Wort besonders betonte.
    Franz horchte auf. „Der Franzose – spricht er einigermaßen Deutsch?“
    Sie sah ihn erstaunt an. Dann lachte sie belustigt auf. „Haben Sie schon mal einen echten Hamburger Jung’ sprechen hörn?“
    Franz wusste nicht recht, worauf sie hinauswollte und schüttelte den Kopf.
    „Er ssstolpert über den ssspitzen SSStein, wenn Sie wissen, was ich mein. Und manchmal, wenn er sichergehen wollte, dass ich nichts mitbekomme, hat er nur Französisch gesprochen. Aber jeder, der ihn Deutsch reden hört, würde Stein auf Bein schwören, der Junge kommt aus Hamburg“, stellte sie abschließend fest.
    Franz machte sich seine eigenen Gedanken und vervollständigte das Bild, das sich vor seinem geistigen Auge zusammenfügte: Alan war in Hamburg zur Welt gekommen und hatte dort sprechen gelernt. Vermutlich war seine Amme eine waschechte Hamburgerin gewesen, so dass der Junge die Mundart mit der Muttermilch zu sich genommen hatte. Die Sprache seiner Eltern erlernte er gewiss mit derselben Leichtigkeit. Und der Großvater – brachte der dem Enkel auch etwas bei?
    „Und Englisch? Hat er manchmal Englisch gesprochen?“
    „Selbstverständlich“, sagte sie in einem Ton, wie er nur habe fragen können. „Ihr Bruder und sein neuer Freund steckten dauernd die Köpfe zusammen und warfen sich Brocken unterschiedlichster Sprachen zu. Ich habe im Hafen schon eine Menge Kauderwelsch gehört, aber manchmal redeten sie in so zungenbrecherischer Weise miteinander, dass ich glaubte, ich hätte die Sarazenen im Haus. Nun, das war beileibe kein Englisch, doch Johann erzählte mir bei irgendeiner Gelegenheit, er habe tolle Fortschritte in der englischen Sprache gemacht und seine neuen Kenntnisse würden ihm bald sehr nützlich sein.“
    „Was meinte er damit?“, fragte Franz erregt. „Hatte er vor, auf die Inseln zu reisen?“
    Mudder Schultzen zog abschätzend die Mundwinkel herunter. „Mag sein“, gab sie reserviert zurück.
    „Wo ist Alan gestern hingegangen? Hierher?“, fragte Franz unbeirrt hoffnungsvoll.
    „Der Torweg ist verschlossen gewesen!“ Triumphierend legte sie den großen, schweren Schlüssel auf den Tisch, mit dem Franz bereits am ersten Abend Bekanntschaft gemacht hatte. „Ich habe Alan schon lange in Verdacht, sich heimlich einen Zweitschlüssel für sein Zimmer beschafft zu haben, doch am Torweg musste er zwangsläufig scheitern.“
    Franz zog erstaunt die Brauen hoch. „Wozu sollte ihm der Schlüssel nützen, Sie hätten das Zimmer doch anderweitig vermieten können. Und wieso wohnt er eigentlich nicht

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