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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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erst viel später ein!
    „Papa!“ Johanna stürmte in freudiger Erregung in den Salon und rannte auf den Vater zu. Der Graf riss sie in seine Arme und drückte sie zärtlich an sich.
    Johanna war viel zu sehr mit den eigenen Gedanken beschäftigt, als dass sie den Vater gefragt hätte, weshalb er um diese Zeit nicht in seinem Arbeitszimmer sei. Sie machte sich aus der Umarmung los und schwenkte ein sorgsam gefaltetes Stück Papier.
    „Papa, ich habe Post bekommen!“
    „Hat Johann endlich aus Rostock geschrieben?“ Erleichtert nahm er den Brief an sich, wollte die erlösenden Zeilen selbst lesen, doch Johanna entwand ihn aus seiner Hand und hielt ihn sich lachend vor die Brust, seinen Inhalt so verbergend.
    „Nein Papa!“ Sie lachte und drehte sich auf der Stelle.
    Enttäuschung huschte über seine Züge, aber er wollte Johanna nicht beunruhigen. Höflich stellte er die Frage, die seine Tochter erwartete: „Nun spann mich nicht so auf die Folter, Kleines. Sag mir endlich, wer dir geschrieben hat. Hast du vielleicht einen Verehrer, von dem ich nichts weiß?“ Drohend hob er den Zeigefinger und machte dabei ein komisches Gesicht.
    Johanna kicherte und verbarg sich hinter dem Brief, um gleich darauf wieder hervorzulugen.
    „Falsch, du darfst noch mal.“ Das Ratespiel bereitete ihr Vergnügen und ihr Vater ging darauf ein.
    „Hm ...“ Der Graf runzelte die Stirn, um tiefes Nachdenken vorzutäuschen, und rollte mit den Augen.
    „Franz?“, entfuhr es ihm, dabei hob er ungläubig die Brauen.
    „Aber Papa!“ Johannas Stimme klang verärgert. „Warum sollte Franz, der große Held, seiner kleinen, immer nur plärrenden Schwester einen Brief schreiben?“ Johanna schmollte anscheinend immer noch. Der Graf hob resignierend die Hände und gab seiner Tochter damit zu verstehen, das Geheimnis doch bitte zu lüften.
    „Meine Freundin, Margitta von Plessen, hat mich zu einer Sommerreise eingeladen. Ihre Mutter kommt natürlich mit.“ Johannas Stimme überschlug sich fast, als sie atemlos hinzufügte: „Und Elvira ist auch einverstanden ...“
    Die Miene ihres Vaters war alles andere als vielversprechend.
    „Bitte, Papa, bitte, ich habe mich doch schon so darauf gefreut.“ Erschrocken hielt sie inne.
    „Aha!“ Die abgehackten Laute schwebten im Raum.
    Der Graf liebte Johanna sehr. Nach dem Verlust seiner Frau und dem Weggang der erwachsenen Söhne wachte er mehr über die Tugend seiner Tochter, als es Johanna lieb war. Nicht dass er an der Ehrenhaftigkeit seiner Tochter zweifelte. O nein. Er wollte sein Küken nur nicht so schnell aus dem Nest lassen.
    „Wie lange weißt du schon davon?“
    „Seit einer Woche“, antwortete Johanna kleinlaut. Sie hatte den Kopf eingezogen und verfolgte den Vater nur mit Blicken.
    Der Graf gab sich reserviert. Er fragte mit ernster Stimme: „Und weil Elvira einverstanden ist, muss ich auch einverstanden sein?“
    „Nein, Vater. Ich wollte nur damit sagen, Elvira kann auch auf uns aufpassen, wenn Madame von Plessen ...“ Sie unterbrach sich, denn der Blick ihres Vaters ließ sie nach möglichst unverfänglichen Worten suchen. Und so schloss sie ihre Erklärung mit: „... in Gesellschaft ist.“
    Sie meinte, mit „in Gesellschaft“ sei alles Mögliche abzudecken, auch die Gesellschaft des Großherzogs, die ihr Vater doch so schätzte.
    „Und welche Gesellschaft sollte das sein?“, fragte er.
    „Baronin von Plessen hat eine Unterkunft in Doberan gemietet. Sie möchte bei der feierlichen Eröffnung des neuen Gesellschaftshauses in – ich glaube, es heißt Am Heiligen Damm – dabei sein. Sie hat Margitta erlaubt, mich und meine Gouvernante mitzunehmen.“ Nach einer kleinen Pause ergänzte sie bedeutungsvoll: „Der Großherzog wird erwartet.“ Sie beobachtete ihren Vater bei der Nennung des Landesherrn genau.
    „Soso, der Großherzog wird erwartet“, echote er.
    Johanna frohlockte im Stillen.
    Die Beweggründe der Witwe Plessen waren nachvollziehbar, hatte sie doch bei einer solchen Konstellation der Reisegesellschaft auch die eigene Tochter ständig unter erfahrener Aufsicht, wenn die Dame „in Gesellschaft“ war, bei der Margitta stören könnte.
    Als der Graf an seine eigenen Verpflichtungen für die nächste Zeit dachte, fand er die Einladung plötzlich überaus passend.
    „Der Großherzog wird nicht erwartet, mein Kind, sondern ist lange vor euch in Doberan. Der Flecken ist nämlich die Sommerresidenz Seiner Königlichen Hoheit“, berichtigte er zunächst

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