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Weißer Mond von Barbados

Titel: Weißer Mond von Barbados Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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offensichtlich ganz gut, aber daran war schließlich nichts auszusetzen. Auf jeden Fall boten sie den Gästen Gesprächsstoff. Kam noch hinzu, daß beide die Gesellschaft der anderen mieden, sich nicht einmal an dem Geplauder an der Bar oder am Swimmingpool beteiligten. Sie dinierten zusammen, zogen sich dann an einen kleinen Tisch im Patio zurück, um Kaffee zu trinken, oder machten einen Spaziergang am Strand. Der Nachtportier berichtete außerdem, daß sie regelmäßig in den Nachtstunden gemeinsam zum Bad in den Swimmingpool gingen; er hatte den Auftrag vom Direktor, regelmäßig über diese beiden Bericht zu erstatten. Aber er konnte auch nichts anderes sagen, als daß nach dem Schwimmen jeder in den eigenen Bungalow zurückkehrte.
    Diese Situation war zweifellos merkwürdig. Auch ohne den Anruf der obersten Polizeibehörde von Barbados hätte der Hotelmanager sich so seine Gedanken gemacht. Er hatte dem Polizeioberhaupt keine Fragen gestellt, aber wie ihm aufgetragen worden war, machte er jeden Abend einen regulären Bericht über das, was Sverdlov den ganzen Tag über getan hatte. Denn schließlich hatte er nur eine limitierte Arbeitserlaubnis, was die Leitung des Hotels betraf, und hätte er sich geweigert, mit der Polizei zusammenzuarbeiten, dann – so wußte er genau – würde man diese Arbeitserlaubnis bestimmt nicht erneuern.
    Jetzt lächelte er Judith an, besonders freundlich, mit allem ihm zur Verfügung stehenden Charme.
    Sie gefiel auch ihm. Kein Vergleich mehr mit diesem müden, bedrückt wirkenden Mädchen, das vor einer Woche angekommen war. Sonne, Meer und ein Mann. Ein altes Rezept, aber es wirkte immer wieder.
    Er lächelte und wiederholte seine Frage: »Werden Sie heute abend zum Essen da sein?«
    »Oh, ich glaube nicht, wir wollen zum Coral Reef gehen«, sagte Judith. »Mr. Sverdlov sagte mir, sie hätten dort eine Show mit Feuerfressern.«
    »Das stimmt«, sagte der Manager, »nächste Woche werden sie bei uns gastieren. Ich hoffe bestimmt, daß Sie dann zum Dinner da sein werden. Wir haben für diesen Abend extra eine große Band engagiert.«
    »O ja, sicher«, sagte Judith.
    In diesem Moment kam der Russe.
    »Gehen wir«, sagte er ihr, »bevor es zu warm wird.«
    Er übersah den Manager, der noch etwas sagen wollte.
    Als die beiden gingen, blickte er ihnen nach. Sverdlov hatte Judith am Arm genommen.
    »Hier ist der Wagen«, sagte Sverdlov. Judith schaute sich nach dem Austin-Traveller um, den sie bei ihrem letzten Ausflug benutzt hatten.
    »Wo?« sagte sie. »Ich sehe ihn nicht.«
    »Der da – hat er nicht ein hübsches Dach?« Er stand neben ihr und lachte, selbst entzückt von seiner gelungenen Überraschung.
    Statt der feudalen Limousine hatte er diesmal einen von diesen lächerlichen kleinen Minimokes gemietet, die so ein lustiges Dach aus gestreiftem Leinen hatten. Beide hatten sie diese Wagen schon öfter gesehen, sie wirkten wie ein Spielzeug, wenn sie lärmend über die Straße hoppelten.
    »O Feodor, Sie haben wirklich einen erwischt? Sie sind verrückt. Aber ich bin froh, daß wir die riesige Karre los sind.«
    Er setzte sich ans Steuer und ließ den Motor an.
    »Sie sagten, Sie würden gern einmal in einem solchen Spielzeug fahren, also habe ich einen bestellt. Halten Sie sich da an dem Griff fest, sonst werden Sie hinausfallen.«
    Judith sah ihn an und schüttelte den Kopf. »Hören Sie bloß auf, mich herumzukommandieren, ich bin ja nicht blöd«, sagte sie. »Man könnte denken, ich sei ein kleines Kind, so wie Sie mit mir umgehen. Ich kann nämlich sehr gut auf mich selber aufpassen, wissen Sie.«
    »Eine emanzipierte Frau«, sagte Sverdlov, »ich weiß, ich weiß, heute wollen die Frauen gleichberechtigt sein und ihr Gepäck selbst tragen. Mir gefällt's nicht und bei Ihnen schon gar nicht. Zu Ihnen paßt es nicht. Also seien Sie so gut und halten Sie sich an diesem Griff fest.«
    »Wie ich gehört habe«, sagte Judith, »sind in Russland alle Frauen emanzipiert.«
    »Das ist kapitalistische Propaganda.« Sie hielten vor einer Ampel, er drehte sich zu ihr und sah sie an. »Alles Lügen!« sagte er. »Ein paar von unseren Frauen sind emanzipiert, die anderen sind normal und glücklich. Übrigens sehen Sie heute besonders hübsch aus.«
    »Sie sind unmöglich.« Als der Wagen einen Satz vorwärts machte, faßte sie haltsuchend nach dem Griff. »Und haben recht wie immer. Hätte ich vielleicht erst mal auf dem Stadtplan nachschauen sollen, wo dieses Museum eigentlich

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