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Wells, ich will dich nicht töten

Wells, ich will dich nicht töten

Titel: Wells, ich will dich nicht töten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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Schritt auf sie zu und streckte verzweifelt die Hand aus.
    »Können wir reden?«
    »Worüber denn?«
    »Über …« Ja, worüber eigentlich? Ich hatte kein Gesprächsthema, keine Hobbys, keine besonderen Interessen. Nur das Leben, das ich vor allen geheim halten musste. Das Einzige, worüber ich ständig nachdachte. »Ich glaube, Forman war ein Dämon.«
    »Was?«
    »Ich weiß, dass er ein Dämon war.« Ich tat einen weiteren Schritt auf sie zu. »Auch der Clayton-Killer war ein Dämon.« Niemand wusste, dass es Mr Crowley gewesen war. »Und ich glaube, der neue Killer ist auch einer.«
    »Ein Dämon?«, erwiderte Brooke. »Meinst du einen echten Dämon mit Hörnern, Schwanz und Klauen?«
    »Nein, das wäre der Teufel. Ich glaube, Dämonen sehen so aus wie wir.«
    »Was redest du da?«
    »Aber darauf kommt es nicht an. Ich meine, es ist kein echter Dämon, wenn man es genau nimmt, nur so eine Art von … wie ein Monster, ein echtes Monster. Wie im Kino oder so.«
    Sie starrte mich an, den Mund weit aufgerissen und die Stirn besorgt in Falten gelegt. »John, geht es dir nicht gut?«
    Ich hätte überhaupt nichts sagen sollen. Sonst war ich doch viel klüger und vorsichtiger. Wie war ich nur auf den Gedanken gekommen, sie könne mit meinem Gestammel etwas anfangen?
    »Hast du irgendetwas gesehen, als wir in Formans Haus waren?«, fragte ich. »Ist dir etwas Ungewöhnliches an ihm aufgefallen?« Warum hielt ich nicht einfach den Mund?
    »Es gibt keine Monster, John«, widersprach sie beunruhigt. »Willst du dich vielleicht setzen?«
    »Nein, mir fehlt nichts. Mir fehlt nichts, vergiss das bitte nicht, ja?« Ich hatte das Gefühl zu ertrinken. »Hör mal, das war einfach nur ein verrückter Einfall, ja? Ein Scherz, nichts weiter.« Ich zog mich einen Schritt zurück. »Wir sehen uns dann.« Ich wandte mich um und ging rasch zu unserem Haus hinüber.
    »John, warte!«
    Ich beachtete den Ruf nicht, drehte mich nicht um, hielt nicht inne und atmete nicht, bis ich zu Hause war und die Tür hinter mir abschließen konnte.
     

SECHS
     
    Früh am Morgen des ersten Schultags, als ich gerade gehen wollte, traf die Leiche des Bürgermeisters bei uns ein. Tote haben einen ganz eigenen Fahrplan. Sie verwesen immer mit der gleichen Geschwindigkeit, ganz egal, wer es ist und wie wichtig der Betreffende war, und unabhängig davon, wie lange das FBI für die Beweisaufnahme braucht. Der Bürgermeister war seit einer Woche tot, und es blieb nicht viel Zeit, ihn einzubalsamieren, wenn die Familie ihn noch aufbahren wollte. Wenn eine Leiche so früh am Morgen geliefert wurde, dann bedeutete dies, dass die Gerichtsmediziner die ganze Nacht durchgearbeitet hatten, um die Autopsie zu beenden – die letzten Tests durchführen, die Leiche säubern, Kreuzchen auf die Formulare machen. Schon am folgenden Tag sollte die Beerdigung stattfinden. Uns blieb nicht viel Zeit.
    Ich wartete in der Küche und schlang das Frühstück in mich hinein, bis der Gerichtsmediziner endlich wegfuhr. Dann stürmte ich blitzschnell die Treppe hinunter. Mom wusch sich gerade, und ich schlenderte mit Unschuldsmiene zu ihr ins Bad.
    »Was willst du denn hier?«, fragte sie.
    »Helfen.«
    »Nicht während der Unterrichtszeit.« Sie schüttelte den Kopf. »Du musst in ein paar Minuten fahren.«
    »Dann bleiben mir noch ein paar Minuten«, sagte ich. »Lass mich doch solange helfen.«
    Mom hielt inne, betrachtete mich und seufzte. »Hast du dein Müsli aufgegessen?«
    »Ja.«
    »Und die Schale ausgespült?«
    »Ja«, log ich. Sie würde es erst merken, wenn es sowieso schon zu spät war.
    »Dann wasch dir die Hände.« Sie wandte sich zum Waschbecken um. »Bürgermeister Robinson kann auch nach seinem Tod keine Frühstücksflocken im Gesicht gebrauchen.«
    Ich stellte mich neben ihr an und wusch mir eifrig die Hände, nahm mir eine Schürze, einen Mundschutz und sterile Gummihandschuhe. Wir öffneten den Leichensack und zogen ihn ab. Der starke Geruch von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln stieg uns in die Nase.
    »Hoffentlich lässt uns der Ventilator nicht im Stich«, sagte ich.
    »Margaret ist schon unterwegs«, erklärte Mom.
    »Ich kann ja bleiben, bis sie da ist«, schlug ich vor, doch sie schüttelte den Kopf und sah auf die Uhr.
    »Du hast noch genau vier Minuten, dann musst du in die Schule.«
    »Ich stinke wie eine Leiche.«
    Mom schnüffelte und lachte. »Du riechst nach Seife, und diesen Geruch bringen die meisten Menschen nicht mit Leichen in

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