Weltraumpartisanen 14: Kurier zum Mars
Versorgung mehrerer Raumstationen einschließlich des Warren Centers auf dem Mars oblag, operierte stets nach einem genau festgesetzten Zeitplan. Seine Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit waren fast schon legendär. Wollte man den Schein des Unverfänglichen – den eines völlig normalen Kurier- und Versorgungsfluges – wahren, so durfte an diesem Zeitplan nicht das Mindeste geändert werden.
Der nächste Start war mithin erst am Samstag fällig, in drei Tagen – eine Frist, die von den Technikern und Mechanikern auf der Werft dringend benötigt wurde, um ohne Hektik und Hast die erforderlichen Vorbereitungen zu treffen.
Über allen diesen Vorbereitungen lag der Mantel strikter Geheimhaltung. Nicht einmal meine Crew war in die Einzelheiten des Unternehmens eingeweiht. Für sie prangte am schwarzen Brett eine fingierte Order:
NAJADE RT
Von: VEGA-Venus
Nach: Erde/New York/Piste B 17
Start: 23. 7. – 06.00 MZ
Besatzung: Brandis /Romen / Stroganow / Xuma / Torrente / Simopulos / Mercier/ Caruso
Die strikte Geheimhaltung des Unternehmens war mehr als angebracht. Nach wie vor war die Lage in der EAAU verworren und unsicher.
Auf der Erde hatte sich eine MOB-Einheit erneut mit einer Restgruppe von Chemnitzer-Anhängern verbündet und terrorisierte Holland, Belgien und weite Teile der Norddeutschen Tiefebene. Zu einem besonders schweren Zwischenfall war es tags zuvor auch auf der Venus gekommen: Aus der Sierra heraus hatten mehrere MOBs eine der Towns überfallen, die Ozonerie zerstört, eine Kaserne zu Schutt und Asche gewalzt, ein halbes Hundert Soldaten getötet, um sich dann unter Mitnahme des Bürgermeisters als Geisel erneut in die Berge zurückzuziehen. Eine solche gezielte Aktion konnte unmöglich ohne die Beihilfe von irgendwelchen Sympathisanten durchgeführt worden sein. Der Verdacht lag nahe, daß auch auf der Venus gewisse bisher noch nicht entlarvte Chemnitzer-Anhänger danach strebten, das zerbrochene Bündnis mit den MOBs wieder zu kitten. Vorsicht und maßvolles Mißtrauen bei allem, was den Kurierflug zum Mars anbetraf, waren demnach durchaus am Platz. Ein einziges unbedachtes Wort konnte ihn scheitern lassen.
Mir persönlich bot die Drei-Tage-Frist Gelegenheit, mich um Ruth O’Hara, meine Frau, zu kümmern. Das ›Hotel Orion‹, in dem wir auf der Venus meist abzusteigen pflegten und in dem ich sie vermutete, erwies sich als zerstört. Niemand vom überlebenden Personal wußte etwas über ihren Verbleib.
Schließlich spürte ich sie in einem der Krankenhäuser auf – dank meiner Beharrlichkeit. Auf der Flucht aus dem zusammenbrechenden Gebäude hatte Ruth eine mittelschwere Gehirnerschütterung mit vorübergehender Bewußtseinstrübung davongetragen. Inzwischen war sie – wenngleich noch schwach und elend – über den Berg. Als ich bei ihr eintrat, begann sie zu weinen.
Daß Ruth weinte – es geschah so gut wie nie. Sie war die Frau eines Piloten, und Abschied und Trennung waren seit jeher mit uns im Bunde gewesen. Ich fühlte mich beim Anblick ihrer Tränen hin und her gerissen: zwischen dem, was ich für Ruth empfand, und dem, was ich als meine Pflicht anerkannte. Beschwichtigend streichelte ich ihr flammendrotes Haar.
»Hör auf, Ruth! Es ist vorbei.«
Sie klammerte sich an meine freie Hand. »Mark, es war schrecklich.«
»Es war ein Alptraum. Aber jetzt ist alles vorbei.«
»Und du? Wie ist es dir ergangen?«
Sie war viel zu aufgeregt, um alles zu erfahren. Ich schwächte ab: »Ein paar ruhige Stunden im Kittchen – das war alles. Andern ist es schlimmer ergangen.«
Ruth sah mir in die Augen.
»Mark, du bleibst doch?«
Ich wich aus: »Wir haben genügend Zeit.«
»Wieviel?«
»Bis Samstag früh.«
Ruth setzte sich auf. »Und dann?«
Ich log. Ich mußte lügen. Mir blieb keine andere Wahl.
»Nichts von Belang. Eine Najade muß zur Erde überführt werden. Und da die Medusa noch einige Werftzeit benötigt, ist die Order an mir hängengeblieben.«
Ruths Augen leuchteten auf.
»Nein. Ich komme mit.«
Daran, daß Ruth einen solchen Wunsch äußern würde, hätte ich denken müssen. Wie es ihr ausreden? Ich stand unter Eid. Die Wahrheit mußte ich für mich behalten. Ich sagte: »Wir werden sehen, was sich da tun läßt, Ruth, Liebling.« Und um das Thema zu wechseln, fügte ich rasch hinzu: »Sieh zu, daß du bis Freitag wieder auf den Beinen bist. Lieutenant Mercier heiratet.«
Ruth war sofort wißbegierig. »Wen?«
»Eine gewisse Claudia –
Weitere Kostenlose Bücher