Weltraumpartisanen 31: Geheimsache Wetterhahn
dem dramatischen Klimaumbruch, an dessen Folgen die VOR so entsetzlich zu tragen hatte, menschliche Planung stand – dann war die Tragweite dieses Verbrechens gegen Gott und die Menschheit von nahezu unfaßbarer Gigantomanie. Allerdings – vorerst war das nur eine Vermutung. Von einem schlüssigen Beweis konnte nicht die Rede sein.
Dennoch – die Tatsache, daß Dreyer sich mit kaiserlichem Purpur zu schmücken trachtete, paßte ins Bild. Er folgte dem Beispiel Napoleons. Er legte den schlichten Generalsrock ab, um sich in überirdischen Glanz zu hüllen. Und um dann seinen nächsten Schritt zu tun. Dieser Mann in Metropolis war krank vor Ehrgeiz. Lag nicht schon sein Schatten drohend und düster über den siechenden VOR?
Brandis straffte sich.
»Und was«, fragte er ruhig, »erhoffen Sie sich von mir, Major?«
Major Tuomi deutete auf die Projektion der Raumkarte. Ein roter Kursfaden spannte sich plötzlich spiralenförmig von der Erde zur Venus.
»Das wird, sobald Dreyer am 28. Juli Metropolis verläßt, seine Reiseroute sein. Wir packen ihn, sobald seine Eskorte in den Funk- und Radarschatten des Mondes gerät.« Major Tuomi sah Brandis fest in die Augen. »Alles, was mir zu diesem Zweck fehlt, ist eine Handvoll schneller Schiffe. Brandis, ich brauche Ihre Flotte.«
Der Aufzug mit der Libelle rumpelte aufwärts. Ruth schaltete die Innenbeleuchtung ein, überprüfte die Armaturen und sah auf.
»Mark, wir alle haben mit dir gerechnet. Warum hast du nein gesagt? Warum?«
Brandis spürte, wie sich erneut Bitterkeit seiner bemächtigte. Was warf Ruth ihm vor? Daß er nicht am gleichen Strang zog wie sie? Begriff sie denn nicht, daß ihm die Hände gebunden waren?
»Ruth«, sagte er, »es mag sein, daß General Dreyer, der sogenannte Konsul , ein Verbrecher ist. Was ich gehört habe, spricht dafür. Und ich stelle nicht in Abrede, daß Major Tuomi sein Vorhaben vor einer höheren Instanz rechtfertigen kann. Aber die Schiffe der UGzRR bekommt er nicht.«
»Aber warum nicht, Mark? Du mußt doch einen Grund haben für deine Ablehnung!«
Brandis neigte den Kopf.
»O ja, Ruth«, erwiderte er, »einen Grund gibt es in der Tat. Die Rettungskreuzer der UGzRR tragen das Johanniterkreuz. Es garantiert ihnen Unantastbarkeit. Aber es verpflichtet sie auch zur absoluten Unparteilichkeit.«
»Wenn das alles ist …«
»Das ist alles, Ruth.«
»Ein gemaltes Symbol!«
»Ruth, ich lasse das Johanniterkreuz nicht für einen Putsch mißbrauchen. Ich habe Major Tuomi gesagt, wo mein Platz unter den Sternen ist.« Brandis suchte die Hand seiner Frau. »Ruth, ihr steht auf verlorenem Posten. Pack deinen Koffer und komm morgen mit dem Kind zu mir! Im Las-Lunas-Tower ist eine Wohnung frei. Und überlaß es der Zeit, diesen Dreyer durch eine Revolution hinwegzufegen.«
Ruth zog die Hand fort.
»Mir scheint«, sagte sie kalt, »dieser Zuschauerplatz unter den Sternen kommt dir wie gerufen. Oder?«
Brandis blieb ihr die Antwort schuldig. Konnte es nicht sein, daß es sich tatsächlich so verhielt? Nur er selbst konnte das herausfinden.
Der Aufzug kam zum Stillstand. Die Libelle parkte wieder am Nordufer, als wäre sie nie eingefahren in die dunkle Tiefe. Über dem Atlantik wölbte sich ein Himmel voller Sterne. Und aus dem Lichtermeer von Metropolis wuchs das Abbild des Mannes, den man den Konsul nannte.
Ruth startete die Rotoren.
»Mein Platz«, sagte sie fast feindlich, »ist hier.«
In der Sektion Technik der III. Abteilung brannte Licht. Colonel Bigot betrachtete konzentriert die vergrößerte Projektion eines grauen, mehlartigen Pulvers, das der Techniker vom Dienst unter das Elektronenmikroskop geschoben hatte.
»Woher stammt das?«
Der Techniker warf einen Blick auf das Protokoll.
»Von der linken Kufe eines Helikopters Typ Libelle . Eingetragen auf den Namen Ruth O’Hara. Die Dame wird im Rahmen der Fahndung nach John Harris routinemäßig überwacht.«
Bigot kaute auf der Zigarre.
»Und dann haben Sie drei Stunden benötigt, um das Zeug zu analysieren?«
Der Techniker blieb ungerührt. Früher oder später sah jeder ein, daß gewissenhafte Arbeit Zeit brauchte. Der Sektion Technik hatte noch niemand nachsagen können, daß sie Pfusch lieferte.
»Es war nicht einfach, Colonel. Wir mußten da zunächst die ganze Liste aktueller Materialien durchgehen.«
Bigot winkte ab. Die Einzelheiten waren ihm gleichgültig.
»Zur Sache! Was ist das?«
»Ein hydraulisches Bindemittel«, sagte der Techniker,
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