Weltraumzirkus d'Alembert 6-10 - Letzter Einsatz
beide brauchen Arbeit, ehe wir an Rückzahlung denken können. Also, was können Sie uns anbieten?«
Der Beamte musterte Jules von Kopf bis Fuß. »Waren Sie schon mal auf der Jagd?«
Jules fiel sofort sein letzter Jagdausflug ein. Das war auf Ansegria, als er Prinzessin Edna auf ihrer Rundreise begleitet hatte - eine Situation, die sich gewaltig von seiner gegenwärtigen unterschied. »Ja, ich bin ein guter Jäger.«
»Auch mit dem Speer?« fragte der Beamte von oben herab.
Jules ließ sich nicht einschüchtern. »Versucht habe ich es noch nie, aber ich körinte mir denken, daß es klappt.«
»Na, dann wollen wir es versuchen.« Der Beamte führte Jules auf einen Hinterhof, wo die Umrisse eines kleinen Vierfüßlers unbeholfen an die Wand gemalt worden waren. Die zwei Männer nahmen in zwanzig Meter Entfernung Aufstellung. Jules bekam einen langen Speer in die Hand gedrückt. Der Schaft war aus leichtem Holz, die Spitze ein behauener Stein, der mit Lederriemchen am Schaft festgemacht war. Jules wurde schlagartig klar, wie primitiv es hier auf Gastonia zuging.
Er wog den Speer in der Hand, damit er ein Gefühl für dessen Gewicht bekäme, dann holte er aus und schleuderte ihn auf das Ziel - mit der Kraft eines gebürtigen DesPlainianers und der Zielsicherheit eines trainierten Luftakrobaten. Die Steinspitze, die vom oftmaligen Gebrauch abgestumpft war, blieb nicht stecken, doch sie traf den kritischen Punkt, ehe sie abprallte. Jules sah den anderen an. »Na, genügt das?«
Falls die Geschicklichkeit des Neuankömmlings ihn beeindruckte, so ließ der sich nichts anmerken. »Kopftreffer sind am besten«, sagte er bloß. »Treffer in den Leib mindern die Fleischqualität.«
»Tut mir leid. Ich versuch's noch mal.« Jules zweiter Wurf traf den Schädel, wenn auch nicht dort, wo er es geplant hatte. Er wußte, daß sein Vetter Jean, der Messerwerfer, ins Auge getroffen hätte. Seine Zielsicherheit reichte jedoch aus, um den Beamten zu überzeugen. Er wurde einer Jägergruppe zugeteilt, die am nächsten Morgen zu einer zweitägigen Expedition aufbrechen sollte. Natürlich würde er in der Gruppe den untersten Rang einnehmen. Gute Jäger waren offenbar Mangelware. Auch der niedrigste Rang als Jäger war besser bezahlt als andere Tätigkeiten, und da die Bezahlung sich nach dem Umfang der Beute richtete, hatte Jules gute Chancen, viel Geld zu verdienen.
Auch Vonnie wäre gern bei den Jägern untergekommen. Es erschien ihr interessanter als alle in der Ortschaft verfügbaren Arbeiten. Aber sie wußte, daß sie und Jules einen möglichst großen Bereich der Gesellschaft auf Gastonia abdecken sollten, um zu erfahren, was sie suchten. Deswegen begnügte sie sich mit einer untergeordneten Tätigkeit in einer der Gerbereien der Niederlassung. Ihre beiden Lohnsummen zusammen würden nicht viel ausmachen, sie rechnete sich aber aus, daß es für Lebensmittel und Miete reichen würde. Es würde ihnen so viel bleiben, daß sie den Vorschuß zurückzahlen konnten, ehe die Zinsen astronomische Höhen erreichten. Sie handelten die Bedingungen aus, und der Beamte wies ihnen ihre Bleibe zu.
Nach einer halbstündigen Wanderung durch die engen gewundenen Gäßchen hatten sie endlich ihre Hütte erreicht. Es war eine Hütte aus Fertigteilen mit nur einem Raum, eine ganz primitive Behausung ohne Möbel im üblichen Sinn. Das ›Bett‹ war ein Haufen verdreckter alter Felle in einer Ecke. Kochen mußte man über der Feuerstelle. Weder Kessel noch Töpfe waren vorhanden, es fehlte auch Brennholz. Dies alles mußte von der kleinen Summe gekauft werden, die sie als Vorschuß genommen hatten, eine Summe, die sie eigentlich nur für Lebensmittel hatten ausgeben wollen. Und was die hygienischen Einrichtungen betraf, so wurde ihnen bald klar, daß sie die öffentlichen Toilettenanlagen mit den Nachbarn aus der Straße teilen mußten.
Hätten die beiden weniger Format besessen, so wären sie jetzt sicher in Tränen ausgebrochen. Die d'Alemberts aber sahen sich bloß wortlos in der Hütte um.
»Cherie«, ließ sich Jules schließlich vernehmen, »sollte ich jemals wirklich Hochverrat begehen wollen, dann tu mir einen Gefallen und rede es mir aus.«
6.
Das Leben auf Gastonia
Sie entdeckten einen kleinen Lebensmittelladen und kauften ein paar Sachen. Langsam lernten sie, wie man hier auf Gastonia überlebte. Anstatt zu bezahlen, was der Händler verlangte, handelten sie den Preis herunter und ersparten sich damit gut die Hälfte der
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