Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wen die schwarze Göttin ruft

Wen die schwarze Göttin ruft

Titel: Wen die schwarze Göttin ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
in den Nacken, keuchte und atmete schwer. Er besaß nun wirklich keine Kraft mehr. So sank er gegen die Mauer und hielt sich an den vorspringenden Steinen fest. Über ihm wuchs die Tempelwand empor, dahinter das Allerheiligste und die ewige Flamme.
    Er schloß die Augen, pumpte wie ein vom Würgen Befreiter Luft in sich hinein, und jeder Atemzug war ein stechender Schmerz, der in seine Brust schnitt.
    Nicht umfallen, sagte er zu sich. Bleib auf den Beinen, Alex Huber! Du hast es geschafft! Du bist auf der Mauer! Herunterkommen wirst du nie mehr, aber du hast getan, was unmöglich schien. Es ist kein Sieg, nur eine billige Demonstration, die nicht mehr einbringt, als Veronika nahe zu sein.
    Nicht mehr?
    Er holte ein paarmal tief Luft, dann war er wieder frisch genug, um weitergehen zu können. Genau in der Mitte der Mauer hängen sie, dachte er dabei. Stehe ich jetzt in der Mitte? Er schaute vorsichtig die Mauer entlang, dann riskierte er einen Blick in die Tiefe. Unter ihm, vielleicht zehn Meter entfernt, hingen die Käfige an großen eisernen Haken. Die Menschen in ihnen starrten zu ihm hinauf.
    »Sie sind ein dämlicher Hund!« rief Stricker ihm zu. »Was wollen Sie hier? Warum sind Sie nicht umgekehrt und haben Hilfe geholt? Ihr Unternehmen ist völlig sinnlos!«
    Huber nickte. Er hat recht, dachte er. Aber hier ist alles sinnlos, auch Hilfe von außen. Es gibt keine ausweglosere Situation als die unsere.
    Er kletterte an der rissigen Rückseite der Mauer etwas höher und beugte sich über die Mauerkrone.
    »Veronika!« schrie er. »Vroni! Bleib ganz ruhig stehen! Noch leben wir …«
    Veronika umklammerte die Eisenstäbe. Diese Stimme traf sie wie ein Blitz. Sie konnte keine Antwort geben … Sie spürte, wie alles um sie her zerstob und wie ihr Aufschrei in ihr blieb und sie zerriß. Sie sank zu Boden und verlor das Bewußtsein.

12
    Paul Stricker war der erste, der sich von der allgemeinen Überraschung erholte. Peter Löhres starrte mit offenem Mund zu Alex Huber hinauf, und Albert Heimbach, dem Wahnsinn nahe, rieb seine Stirn wie ein wildes gefangenes Tier an den Gitterstäben.
    »Ich ahne, wer Sie sind«, sagte Stricker. »Veronika hat viel von Ihnen gesprochen, gerade in den letzten Tagen. Das ist wörtlich zu nehmen: Es sind unsere letzten Tage!«
    »Deshalb bin ich hier!« sagte Huber. Er lag über der Mauerkrone, genauso hilflos wie die Gefangenen in ihren Käfigen. Unten in der Stadt kämmten die Suchtrupps der Soldaten noch immer Straße um Straße, Haus um Haus durch. Sie sahen wohl den Mann oben auf der Tempelmauer, aber niemand hielt es für möglich, daß er der gesuchte Fremde war. Soviel Mut – oder soviel Dummheit, wie man's nimmt – war unwahrscheinlich.
    »Deshalb sind Sie hier!« wiederholte Stricker. Sein Sarkasmus brach trotz ihrer verzweifelten Lage wieder durch. »Sie sind also aus Deutschland angereist, um sich dem Regengott von Urapa zu opfern? Ich hätte mir eine schönere, freiwillige Todesart ausgesucht. Ihnen ist doch klar, daß Sie nur noch höchstens eine Stunde da oben stehen! Wieso sind Sie überhaupt in Uganda?«
    »Haben Sie denn angenommen, Ihr Verschwinden wäre unter den Tisch gefallen? Seit zehn Tagen sind die Zeitungen davon voll! Das ugandische Militär ist in Alarmzustand, die ganze Welt nimmt Anteil an der Suche, in Kampala und Entebbe wimmelt es von Reportern, obwohl eine Nachrichtensperre verhängt worden ist. Man glaubt, daß irgendwelche Guerillatruppen, die regierungsfeindlich sind, die kleine Jagdgesellschaft entführt haben, um jetzt ihre Geiselforderungen zu stellen. Man wartet.« Huber deutete auf die Stadt. »Wer denkt denn an so etwas! Das ist ja ein lebendiges Märchen.«
    »Ein verdammt blutiges Märchen!« Stricker blickte hinüber zu Veronika. Sie lag noch immer ohnmächtig im Käfig; man konnte ihr nicht helfen. »Und wenn wir Geiseln wären? Würde man den Preis für uns bezahlen?«
    »Nein!« sagte Huber hart. »Ich habe mit einigen Ministern gesprochen. Sie lassen sich nicht erpressen! Schon gar nicht mit Menschen. Was bedeutet schon ein Mensch?«
    »Genau das habe ich erwartet. Und da haben Sie sich auf eigene Faust aufgemacht, um zu zeigen, wieviel nach unserer Mentalität ein Mensch wert ist.«
    »So ähnlich! Ich habe Afrikaerfahrung.«
    »Ich weiß. Veronika hat mir alles erzählt. Aber was nützt sie Ihnen jetzt? Was ist hier mit Mut und Ausdauer noch auszurichten?«
    »Ich habe Sie gefunden. Das ist immerhin etwas. Die anderen sausen

Weitere Kostenlose Bücher