Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wen die Sehnsucht besiegt

Wen die Sehnsucht besiegt

Titel: Wen die Sehnsucht besiegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
Vom Netzwerk:
bleischwer auf der Seele ihres Bruders.

9
    Der Morgen graute, und die Mitglieder des Maidenhall — Haushalts erwachten gerade, als Axia gähnend die Halle betrat. Dort lief ihr der Verwalter über den Weg. »Hat Lord James Euch etwas für ein Mädchen namens Diana gegeben? « fragte sie und beobachtete seine Augen.
    Zunächst wollte er erwidern, da sie nicht mehr die Erbin sei, brauchte er ihre Fragen nicht zu beantworten. Doch dann schaute er in ihr Gesicht und erkannte die Tochter ihres Vaters, eines harten Geschäftsmanns, der stets seinen Willen durchsetzte - mit allen Mitteln. Resigniert griff der Verwalter in sein Wams und zog einen Brief hervor, den er ihr überreichte.
    »War vielleicht ein blaues Käppchen dabei? « erkundigte sie sich. Als er den Kopf schüttelte, fügte sie hinzu: »Dann gebt mir das Geld, das für Diana bestimmt ist. « Münzen fielen in ihre ausgestreckte Hand, und sie warf einen kurzen Blick darauf. »Während ich den Brief lese, solltet Ihr mir das restliche Geld geben. «
    »An meine liebsten Schwestern Berengaria und Joby«, lautete das Schreiben, »dies ist Diana. Sorgt gut für sie. Kein Leid darf ihr geschehen. Sie ist ein kostbares Geschenk, das ich euch schicke, denn sie besitzt eine überaus gütige Seele. Hoffentlich erfreut sie euch ebenso wie mich. Alles Liebe, James. «
    Während der Lektüre spürte Axia die Münzen, die in ihre Hand fielen. Das Geld fest umklammert, eilte sie in ihr Zimmer hinauf. Als sie lächelnd aufs Bett sank, trug sie immer noch ihr Kleid, das über und über mit Farbe bekleckst war. Sobald ihr Kopf das Kissen berührte, schlief sie ein.
    Wenig später wurde sie von gellendem Geschrei geweckt. »Wo ist sie? « brüllte James Montgomerys unverkennbare Stimme. Ohne sich um seinen Zorn zu kümmern, schlummerte Axia wieder ein.
    Doch dann flog die Tür auf. »Axia! « rief Tode in strengem Ton.
    »Ja, ja«, murmelte sie schläfrig, »ich bin bereit. « Gähnend kroch sie aus dem Bett und ging an Tode vorbei.
    »Warum habt Ihr das getan? « fragte Tode und folgte ihr die Stufen hinunter. »Wieso ärgert Ihr ihn? Er hält Euch für gefährlich und glaubt, Ihr wolltet Frances nach dem Leben trachten. Warum könnt Ihr nicht… «
    Am Fuß der Treppe wartete Jamie, feuerrot vor Zorn. Zumindest war sein Gesicht teilweise gerötet, rings um drei bläuliche Kratzer auf einer Wange und einem violetten Auge auf der anderen Seite.
    »Habt Ihr versucht, Euch zu rasieren? « erkundigte sie sich gelassen und schlenderte vors Haus. Natürlich wußte sie, was ihn erzürnte. Aber sie hatte nur gehorcht und letzte Nacht - unterstützt von einem Küchenjungen, zwei Gärtnergehilfen und der Gemahlin des Verwalters - den Wagen des »Tuchhändlers« bemalt. Von ihrer eigenen Hand stammten die Gesichter und die Umrisse, die Burschen hatten größere Flächen mit Farbe ausgefüllt, und die Verwaltersgattin war von Axia angewiesen worden, die Schriftzüge zu pinseln.
    Fast der ganze Haushalt drängte sich um den Wagen, zusammen mit den Fahrern, die der Vater angeheuert hatte, und den neuen Wachtposten, von Jamies reicher Verwandtschaft abgesandt und soeben eingetroffen. Wie Axia den ehrfürchtigen Mienen entnahm, fand ihr Werk allgemeinen Beifall.
    Überlebensgroß hatte sie Jamie in schimmernder Rüstung gezeichnet. Frances, mit einem Fuß an einen Pfahl gekettet, beobachtete mit schreckgeweiteten Augen, wie er einen imposanten Drachen niedermetzelte. Sicher wäre sie getötet worden, hätte der edle Ritter sie nicht im letzten
    Moment gerettet. Der lange Schuppenschwanz des Ungeheuers zog sich um den ganzen Wagen herum… Und ging in den Schweif eines furchterregenden Löwen auf der anderen Seite über. Auch dort prangte Jamie in seiner ganzen Schönheit, trug aber nur einen knappen ledernen Lendenschurz und ein weißes Hemd, das in Fetzen von seinem muskulösen Körper herabhing. Hinter ihm kämpfte Frances, vollständig bekleidet, mit einem Pfosten, an den ihre Hände gefesselt waren.
    Nie zuvor hatten die Leute ein so außergewöhnliches Gemälde gesehen, und sie staunten vor allem über die frappante Ähnlichkeit zwischen den abgebildeten Gestalten und den lebendigen Vorbildern.
    »Axia, ich bringe dich um! « kreischte Frances beim Anblick des Wagens und hob eine Hand, um ihre Kusine zu schlagen. Aber Jamie packte ihren Arm, und da sie niemals eine Gelegenheit versäumte, sank sie schluchzend an seine Brust. Selbstverständlich würde sie ihre Augen niemals mit echten

Weitere Kostenlose Bücher