Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t
Horde Angreifer herausstürmen zu sehen.
» Nur er.«
» Nur ein Mann?« Ian entspannte sich sichtlich. » Den Burschen hole ich mir. Kommst du mit, Koar?«
» Halt, wartet.« Die unerwartete Autorität in Roberts Stimme ließ Koar und Ian innehalten.
Ian sah seinen Freund an. » Was ist? Befürchtest du einen Hinterhalt? Wir passen schon auf.«
» Wenn du jetzt da reingehst– willst du ihn einfach erschießen oder was?«
» Na, was sonst?« Ian wirkte verblüfft. » Der Kerl verdient es doch nicht besser. Er hat Dorothy entführt und wahrscheinlich…« Er warf Dorothea einen verlegenen Seitenblick zu, räusperte sich und fuhr mit spöttischem Unterton fort: » Oder willst du ihn zu Richter Cooper bringen? Damit der erklärt, dass er keinen Weg sieht, englisches Recht auf Schwarze anzuwenden, und ihn prompt wieder laufen lässt? Soll Dorothy ständig Angst haben müssen, dass er ihr wieder zu nahe tritt? Er hat den Tod mehr als verdient.«
» Er hat Sam getötet und ihm den Kopf abgeschnitten«, sagte Dorothea mit einer Stimme, die ihr selbst fremd vorkam. Sie holte tief Luft. » Vom hinteren Teil der Höhle führt ein Gang in eine kleine, abgetrennte Kammer. Dort sind noch mehr Köpfe und jede Menge seltsamer Malereien an den Wänden.«
Die drei Männer starrten sie nur stumm an. Dachten sie, sie hätte den Verstand verloren?
» Er ist ein Zauberer.« Koar hatte als Erster die Sprache wiedergefunden. » Tenberry hat einmal angedeutet, dass es gewisse Zauber gäbe, für die man Menschenköpfe bräuchte. Aber als ich weiterfragte, hat er gesagt, es sei besser, wenn ich es nicht wüsste.«
» Wenn das so ist, sollten wir hier nicht weiter herumstehen, sondern den Kerl zur Strecke bringen«, knirschte Ian wütend und schob seinen breitkrempigen Hut zurück. » Ich mochte Sam.«
Auch Robert hatte keine weiteren Einwände mehr, und so schlichen sie– Ian mit dem Gewehr im Anschlag voran, danach Koar mit einem geliehenen Säbel und zum Schluss Robert mit seiner leichten Jagdflinte– in die Wohnhöhle. Dorothea hatte kurz überlegt, draußen zu warten. Aber ihre Ortskenntnis würde den Männern von Nutzen sein. Also bezwang sie ihren Widerwillen, ihr Gefängnis noch einmal zu betreten.
» Durch den Gang dort hinten kommt man in die geheime Kammer«, flüsterte sie und wies auf den Felsspalt. » Am Ende ist ein Opossumfell, dahinter die Kammer. Seid vorsichtig, sie ist sicher voller Rauch. Ein ekliges Zeug, das einen fast erstickt. Ich weiß nicht, wie er es da drin so lange aushält.«
» Wenn man mit den Geistern spricht, braucht man diese Kräuter«, sagte Koar. Er schnüffelte wie ein Jagdhund. » Ich erinnere mich an diesen Geruch.«
» Dann los«, drängte Ian. » Wir sollten es ausnutzen, dass er benebelt ist.« Und schon hatte die Schwärze ihn verschluckt. Koar folgte ihm wortlos auf den Fersen.
Robert sah Dorothea fragend an. » Macht es dir etwas aus, hier allein zu bleiben? Es wird sicher nicht lange dauern.«
Sie hatte schon den Mund geöffnet, um ihm zu sagen, dass sie das auch noch aushalten würde, als aus dem Inneren des Berges eine Explosion, gefolgt von einem markerschütternden Schrei zu hören war. Ohne einen Augenblick zu zögern, rannten sie beide an den Ort des Geschehens. Dichter Rauch waberte ihnen entgegen und sagte Dorothea, dass der Vorhang aus Opossumfell nicht mehr an seinem Platz war.
Robert stolperte als Erster in die Kammer und blieb so abrupt stehen, dass Dorothea gegen seinen Rücken prallte. Es war so gut wie unmöglich, sich zu orientieren. Außer dem beißenden Rauch des Zauberfeuers hing immer noch ein Schleier aus pulverisiertem Gestein in der Luft. Im hinteren Teil hatte der Gewehrschuss einen größeren Teil der Wand abgesprengt und einen Felssturz verursacht. Überall lagen kleinere und größere Trümmerbrocken. Direkt unter dem neuen Ausbruch, in den Rauchschwaden seines Feuers, lag der Skelettmann reglos auf der Seite. Auf seinem Rumpf war die weiße Bemalung von etwas Dunklem verschmiert. Er rührte sich nicht. Auf die Entfernung war nicht zu erkennen, ob er noch atmete.
» Ian?« Robert sank vor Dorothea auf die Knie, und jetzt erst sah sie, was Robert so plötzlich hatte innehalten lassen. Unmittelbar vor ihnen lehnte Ian halb zusammengesunken an der Wand und stöhnte schwach. Robert fühlte zuerst nach seinem Herzschlag, bevor er ihn nach Verletzungen absuchte.
» Ian, mein Junge. Kannst du mich hören? Bist du verletzt?«
» Glaub nicht«, nuschelte
Weitere Kostenlose Bücher