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Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)

Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)

Titel: Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Menschenverstand hatte.« Sie stand vom Tisch auf, öffnete den Kühlschrank und räumte Lebensmittel ein. Vermutlich hatte sie nach der Ausfahrt vom Highway am Supermarkt angehalten.
    Obwohl sie seit einiger Zeit kein gutes Haar an seinem Vater ließ, nahm Shane es ihr nicht wirklich übel. Er wusste, was sie für ihn empfunden hatte: das ging allein aus den zahlreichen Bildern von ihm hervor, die sie überall im Haus aufgehängt hatte. Die meisten zeigten seinen Dad beim Wellenreiten – wahrscheinlich hatte sie den Großteil ihrer gemeinsam verbrachten Zeit mit der Kamera am Strand gesessen und versucht, ihn am Sweet-Spot zu erwischen; Shane kannte diesen Moment, wenn sich die Welle zu überschlagen beginnt, wenn die Sonnenstrahlen das blaue Wasser wie Glas durchdringen und man das Gefühl hat, mit sich selbst und der Welt in Einklang zu sein.
    »Warum hast du mir nicht gesagt, wohin du fährst?« Er beobachtete sie über die Schachtel mit den Cornflakes hinweg.
    »Ich habe es dir gesagt, was willst du überhaupt?«
    »Du hast gesagt, dass du Tante Corrie besuchst. Aber du hast kein Wort darüber verloren, dass du so lange wegbleibst, das ganze Wochenende.«
    »Das ergibt sich eben manchmal so.«
    »Was hat sich ergeben?«
    Sie nahm einen Joghurt heraus und knallte die Kühlschranktür zu. Sie kramte angestrengt im Besteck auf der Suche nach einem Löffel und runzelte ärgerlich die Stirn; dabei wusste er, dass es nicht der Löffel war, der ihr Kopfzerbrechen bereitete, sondern er, Shane, ihr Sohn.
    Seine Mutter war nicht wie Mrs. Halloran. Sie war … nicht wirklich wie eine Mom. Sie war kaum alt genug, um einen Sohn im Highschool-Alter zu haben, weil sie schon mit siebzehn schwanger geworden war. Sie hatte sich in seinen Vater verliebt und war mit ihm durchgebrannt, nach Cape Hatteras, wo nach einem Spätsommersturm hohe Wellen an die Outer Banks brandeten. Sie hatte die Flitterwochen damit verbracht, sich fortwährend zu übergeben, und er hatte die Möglichkeit genutzt, auf Monsterwellen zu reiten.
    Heute betrieb seine Mutter eine kleine Firma, die Schmuck via Internet verkaufte, den sie und ihre Schwester entwarfen und anfertigten. Hübsche Schmuckstücke aus Silber, Glasperlen, Halbedelsteinen und Muscheln. Tante Corrie rührte an ihrem Marinestützpunkt kräftig die Werbetrommel, und bei den Soldatenfrauen waren sie als Geschenk zu Weihnachten, Geburtstagen, Hochzeiten und Brautpartys heiß begehrt.
    »Sag schon, was hast du dort so lange gemacht?«, hakte Shane nach. »Ging es um deinen Schmuck? Hat jemand eine Brautparty veranstaltet oder dergleichen?«
    »So ungefähr.« Sie blickte ihn herausfordernd an. Sie hatte blonde Haare, Sommersprossen auf Nase und Wangen und trug Kleider aus Läden in der Mall, in denen Teenager einkauften – Hüfthosen mit Schlag und Bauernblusen. Doch heute Abend trug sie zu den üblichen Jeans einen roten Pullover, in dem sie älter und gesetzter wirkte.
    »Wo hast du denn den Pullover her?«
    »Den hat mir jemand geschenkt. Er ist aus Kaschmir …«
    »Wer?«
    »Der Major, von dem ich dir erzählt habe, erinnerst du dich? Einer von Onkel Brads Freunden. Er ist sehr nett und würde dich gerne kennenlernen.«
    »Kaschmir ist teuer, oder?«
    »Sehr.« Sie lächelte.
    »Was bedeutet das, gehst du mit ihm aus?«
    »Ja.« Ihre Stimme klang abwehrend. »Ich fahre übrigens nächstes Wochenende wieder hin. Ich würde mich freuen, wenn du mitkommst.«
    »Kann man in Camp Lejeune surfen?«
    »Bis zu den Outer Banks ist es nicht weit. Aber wozu, Shane, um Himmels willen? Dort gibt es so viele andere Dinge, die man unternehmen kann.«
    »Ma.« Er blickte sie an und wusste nicht, was er sagen sollte. Es war nicht so, dass sie sich zum ersten Mal mit jemandem verabredet hätte. Aber normalerweise verschwanden die Männer ziemlich bald von der Bildfläche. Sie lernte sie durch Freunde oder übers Internet kennen, bei irgendeiner Kontaktbörse, und eine Weile ging sie fast jedes Wochenende aus. Es hatte ihm nichts ausgemacht – er war froh, wenn sie glücklich war, wenn sie beschäftigt war, so dass sie ihn in Ruhe surfen ließ.
    Doch dieses Mal schien es ernst zu sein. Sie nahm weite Fahrstrecken in Kauf, bis in einen anderen Staat. Und dann dieses Strahlen, als sie ›dieser Major‹ gesagt hatte. Er hatte ihr einen Kaschmirpullover geschenkt. Er hatte sie noch nie so gesehen und es schien mehr als ein Strohfeuer zu sein. Sie sah aus, als wäre sie mit ihren Gedanken ganz

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