Wenn es Nacht wird: Psychothriller (German Edition)
trug.
Es war schmutziges Geld, das war mir erst jetzt richtig klar geworden. Doch es war Bargeld, nur für mich allein. Geld, das ich in mein Boot stecken konnte. Aber natürlich hatte ich mich in Bezug auf Dylan geirrt, so wie in vielem anderen auch.
Am Sonntagmorgen nach der Party bei Fitz schlief ich aus.
Ich wurde wach, weil es an meiner Tür geklopft hatte. Schlaftrunken stand ich auf und sah mich einem Blumenboten gegenüber, der einen großen, handgebundenen Strauß aus Lilien und Rosen in der Hand hielt, hinter dem er fast verschwand.
Irgendwie gelang es mir, den Blumenstrauß heil in die Küche zu bringen, und dann las ich das Kärtchen. Darauf stand nur:
Danke.
Du warst großartig
Ich lächelte, während ich nach Vasen suchte, um all die Blumen unterzubringen. Geld hin oder her – ich hatte es genossen, sogar den letzten Tanz für Kenny. Nacktheit war letztlich auch nur eine Geisteshaltung. Und die plumpen Finger, die grapschenden Hände? Nichts, was eine schöne heiße Dusche nicht wegwaschen konnte. Außerdem war es so schlimm auch wieder nicht: Wäre er nicht so betrunken gewesen, hätte ich ihn durchaus attraktiv gefunden.
Ich überlegte, ob Fitz mich mochte. Wollte er deshalb, dass ich auf seine Party kam? Nein, natürlich nicht – er wollte Unterhaltung für seine Gäste, und ich war die beste Tänzerin, die er hatte – das hatte er mir oft genug gesagt. Auch Dylan hatte zu Beginn des Abends etwas Ähnliches erwähnt.
Eines war klar: Dylan mochte mich nicht. Er hatte mich fast nicht ansehen können, als er mich am Morgen nach Hause gefahren hatte. Als ich daran dachte, wie angespannt er gewesen war und wie er auf die Straße gestarrt und so getan hatte, als existierte ich nicht, wurde ich ganz traurig. Ich wollte, dass er hinsah, dass er lächelte, wenn er mich tanzen sah, keine Ahnung, warum. Dabei war er noch nicht einmal mein Typ. Er war wortkarg und einsilbig – mit anderen Worten, ein launischer Idiot.
Fitz war da ganz anders. Und wer weiß? Vielleicht hatte ich mein Geld zum Aussteigen ja schon früher zusammen als erwartet, vorausgesetzt, ich spielte meine Karten rich tig aus.
Der Tag war wunderschön, als ich aufstand. Er erinnerte mich an einen Sommertag mit blauem Himmel und leuchtete so hell, dass mir die Augen wehtaten. Nur vereinzelte Wölkchen waren zu sehen. Es war warm in der Kabine, obwohl der Holzofen ausgegangen und die Asche kalt war.
Die Tür zum Steuerhaus klemmte. Das feuchte Wetter hatte das Holz verzerrt, also hatte ich heute noch etwas zu tun, das mich ablenkte. Es war kalt draußen, doch die Luft war so frisch und klar, dass ich ein paar Mal tief durch atmete.
Der Hafen lag friedlich vor mir, auf allen Booten herrschte Ruhe. Auch auf dem Parkplatz bewegte sich nichts; Joannas und Liams Ford Transit stand dort, ebenso der Ford Fiesta von Maureen und Pat. Und ein weiterer Wagen, den ich nicht kannte. Die Bürotür war offen. Alles sah aus wie immer. Irgendwie hatte ich erwartet, dass in der Nacht noch etwas passieren würde, irgendein weiterer Schock, den man hätte verarbeiten müssen. Doch der Morgen machte einen so normalen Eindruck, dass ich mir wegen meiner Befürchtungen fast schon dämlich vorkam.
Ich ging in die Kabine zurück, holte mir einen Pullover und stellte den Wasserkessel auf. Durch die offene Tür drang kühle Luft in den Wohnbereich, und der Kessel stieß Dampf wölkchen aus.
Ich schmirgelte den Türrahmen zum Steuerhaus ab und sah zu, wie der Staub im Sonnenlicht tanzte, während der Hafen um mich langsam zum Leben erwachte. Als Erste tauchte Maureen mit ein paar Einkaufstüten auf. Über die Decks hinweg rief sie mir zu:
»Brauchst du irgendwas?«
»Wo gehst du hin?«
»Supermarkt!«
»Nein, danke! Viel Spaß.«
Sie winkte mir zu und eilte zum Parkplatz.
Die Tür sah schon besser aus, klemmte aber immer noch. Ich rang mit mir, ob ich meine Werkbank herausholen und sie richtig abhobeln sollte. Aber so schlimm war es nicht, noch nicht. Ich fing wieder an zu schleifen und vergaß darüber völlig die Zeit. Meine Schulter schmerzte.
Mit einem Schlag ging die Tür zu Joannas Kabine auf. Musik kam heraus. Obwohl sie nur schwach zu hören war, erkannte ich sie sofort – Velvet Underground, Venus in Furs . Dazu hatte ich vor ewigen Zeiten einmal getanzt.
Außerdem roch es nach gebratenem Speck. Ich fragte mich, ob der Geruch ebenfalls von Joannas Boot kam. Ich hörte einen Augenblick auf zu schmirgeln, streckte mich und trank meinen
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