Wenn es Nacht wird: Psychothriller (German Edition)
Päckchen. Natürlich, was sollte es sonst sein? Natürlich ging es nur darum!
»Alles in Ordnung?« Er sah mich besorgt an.
Ich schwieg. Malcolm schielte auf die Bierflasche, die ich an mein Knie drückte. Ich sah sie an und fragte mich, warum sie so auf und ab wippte, bis mir klar wurde, dass meine Hand zitterte.
Ich stellte die Flasche zu meinen Füßen ab, legte meine Handflächen auf die Knie und rieb sie an dem Jeansstoff, damit sie aufhörten zu zittern.
»Ich habe da etwas«, sagte ich mit bebender Stimme.
»Was?«
Ich stand auf, atmete tief durch und versuchte die Angst zu beherrschen, die in mir aufstieg. Ich schlug mir die Hand vor den Mund.
»Gen? Was ist es?«
»Es – es ist nur ein Paket. Jemand hat es mir zur Aufbewahrung gegeben, als ich London verlassen habe.«
»Was ist drin? Drogen? Eine Waffe?«
Verdammt – eine Waffe? An diese Möglichkeit hatte ich noch gar nicht gedacht. Das konnte doch nicht sein? Es waren bestimmt Drogen, auch wenn ich mein Bestes getan hatte, nicht daran zu denken, es zu verstecken und aus meinem Kopf zu verbannen, so zu tun, als existierte es nicht. Nicht, was darin war, war wichtig – es war einfach sein Paket, es konnte alles Mögliche drin sein.
»Ich weiß es nicht; ich wollte nicht zu viele Fragen stellen. Ich habe einfach versprochen, es aufzubewahren, das ist alles.«
»Meine Güte, das erklärt eine Menge, nicht wahr?«
»Es könnte auch etwas anderes sein«, sagte ich, wusste aber gleichzeitig, dass er recht hatte.
»Du musst es loswerden«, sagte er.
»Na toll, danke! Ich versuche schon die ganze Zeit die Person zu erreichen, die es mir gegeben hat. Bis jetzt hatte ich kein Glück.«
»Soll ich – es aufbewahren?«
»Was?«
»Na ja. Wir könnten es ja woanders verstecken. Wir könn ten es auf dem Sportplatz vergraben.«
»Nein. Es liegt gut dort, wo es liegt. Trotzdem, danke.« Es war immer noch Dylans Päckchen, und ich sollte mich darum kümmern. Was, wenn er trotz allem auftauchte und es abholen wollte, und ich es entsorgt hatte? Er würde ausflippen.
Wir saßen schweigend da und sahen einem kleinen Mo torboot nach, das stromaufwärts tuckerte. Die Frau, die es steuerte trug ein Bikinioberteil. Dafür war es doch noch bestimmt nicht warm genug, oder? Ich beruhigte mich langsam. Eine frische Brise wehte unter der Medway Bridge durch. Die Frau im Boot winkte uns zu. Malcolm hob grüßend seine Flasche.
»Hast du lange in dem Club gearbeitet?«, fragte er mich dann.
»Sechs oder sieben Monate insgesamt.«
»Vermisst du es?«
»Manchmal. Es hat Spaß gemacht.«
»Warum bist du gegangen?«
»Ich hatte genügend Geld für das Boot zusammengespart.«
Er sah mich an und lachte. »Das kann doch nicht der einzige Grund gewesen sein. Man kann doch arbeiten und gleichzeitig ein Boot herrichten?«
Da hatte er natürlich recht. Aber ab einem gewissen Moment begann es schrecklich schiefzulaufen. Die Probleme im Barclay traten fast zur gleichen Zeit auf, als mein Nachtjob mit meinem Tagesjob kollidierte. Denn eines Abends entdeckte ich meinen Boss unter den Gästen.
19
Mein Boss hieß Ian Dunkerley, ein gut gebauter Mann, der allerdings an einem Napoleon-Komplex litt. Er stellte seine Mitarbeiter gern vor Kollegen bloß, was dazu führte, dass man seinen Freunden irgendwann nicht mehr traute und ihn hasste.
Er hatte erst vor wenigen Monaten die Leitung des Verkaufsteams übernommen. Ich gehörte zu den Topvertriebskräften, war aber nicht die Nummer eins und darum eine potenzielle Zielscheibe. Ich glaube, er wollte uns alle profitgeil machen oder uns zumindest so weit bringen, dass wir um Anerkennung buhlten, um nicht bloßgestellt oder runtergemacht zu werden, und das ging allen auf die Nerven.
Und ausgerechnet er war im Barclay.
Zuerst hatte ich Dunkerley gar nicht bemerkt, denn ich konzentrierte mich auf meine Moves. Doch als ich wie üblich in einer besonders provokanten Pose verweilte und versuchte, für die nächsten Drehungen wieder zu Atem zu kommen, ließ ich wie immer meinen Blick auf der Suche nach Stammkunden oder neuen, betuchten Gästen durch den Raum schweifen.
Und da war er.
Ich war so schockiert, dass ich fast von der Stange fiel. Ich musste eine zusätzliche Drehung einlegen, die mich aus dem Rhythmus brachte.
Er saß mit ein paar anderen Männern in einer VIP -Loge – alle ziemlich sportlich gekleidet, wie mir auffiel –, und ich war überrascht, dass man sie überhaupt reingelassen hatte. Er lachte, riss Witze mit
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