Wenn Frauen kochen
Holt euch was zum Mittagessen, geht spazieren, unterhaltet euch. Redet miteinander, Leute.«
Oliver näherte sich Gus. Er sah besorgt aus. »Möchtest du vielleicht ein paar Schritte mit mir gehen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, ich kann nicht. Es scheint Zeit für ein Familiengespräch zu sein. Ich will mich oben mit den Mädchen zusammensetzen.«
Im Aufzug herrschte eisiges Schweigen: drei Frauen, die wortlos nach oben fuhren. Aimee und Sabrina folgten ihrer Mutter aufs Zimmer, das jetzt plötzlich beengt und unbehaglich wirkte. Gus’ Handy, das sie heute Morgen auf ihrem Zimmer gelassen hatte, gab ein Zwitschern von sich, doch sie ignorierte es.
»Setzt euch«, sagte sie. »Wir können Mittagessen bestellen.«
Aimee marschierte auf und ab.
»Aimee, setz dich bitte«, beschwor Gus sie.
»Du musst nicht immer alles bestimmen, Mom! Wenn ich sitzen will, werde ich mich setzen.«
»Was hat das alles zu bedeuten?« Gus war mit ihrem Latein am Ende. »Ich erlaube euch beiden doch immer, das zu tun, was ihr wollt.«
»Du erlaubst? Erlaubst! Das ist ja genau das Problem.« Aimee fuhr sich mit den Fingern durch ihr braunes Haar und seufzte. »Wir sind doch keine kleinen Kinder. Ich jedenfalls nicht.«
»Warum regst du dich eigentlich so auf? Ich bin doch diejenige, die sie erdrückt.« Sabrina saß mit übergeschlagenen Beinen auf dem Bett, die Arme verschränkt. »Mal ehrlich, du
warst schon immer eine Frust-Zicke, Aimee. So etwas wie Lebensfreude ist doch ein Fremdwort für dich.«
»Und du bist diejenige, die ständig an Moms Rockzipfel hängt. Du gräbst allen anderen um dich herum das Wasser ab«, schimpfte Aimee. »Ich habe es satt. Reicht es dir nicht auch langsam?«, wandte sie sich an Gus. Die versuchte, einen Blick auf ihr Handy zu erhaschen, das wiederholt piepte. Es war seltsam, da die meisten Menschen, die die Nummer für ihr persönliches Handy hatten, mit ihr in diesem Hotel waren.
»Ich verstehe nicht, was mit euch beiden los ist und warum das alles ausgerechnet jetzt hochkommt«, sagte Gus. »Ist es, weil ihr bei der Sendung mitmachen müsst?«
»Ich wollte nie im Fernsehen sein«, sagte Aimee. »Das bist du. Das bist alles du.«
»Es ist nicht leicht, eine berühmte Mom zu haben«, stimmte Sabrina zu.
»Macht euch nicht lächerlich«, wiegelte Gus ab. »Das war bisher auch nie ein Problem.«
»Für dich vielleicht«, sagte Sabrina. »Weißt du eigentlich, wie viele Leute mich kennen wollen, weil sie sich in Wahrheit für dich interessieren.«
»Aber du bist doch ein so hübsches Mädchen.«
»Ich bin kein Kind mehr, Mama«, sagte Sabrina. »Ich bin fünfundzwanzig.«
»Ja, natürlich, Liebes.«
»Sei bitte nicht gönnerhaft mit mir«, beharrte Sabrina. »Wirklich, ich bin kein Kind mehr.«
»Du benimmst dich aber nicht wie eine Erwachsene.« Aimee klang triumphierend.
»Aber du, ja?« Sabrina griff ein Kissen und presste es an sich. »Im Unterschied zu dir denke ich nicht, dass Erwachsensein bedeutet, frustriert und unglücklich zu sein.«
»Du bist doch auch nicht glücklich«, sagte Aimee. »Du tust nur so.«
»Gut, dann sind wir eben ein Haufen Hochstapler«, erklärte Sabrina.
»Worüber um alles in der Welt sprecht ihr beiden?« Gus’ Körper war angespannt. »Ich kann dieses ganze kindische Gezänk nicht glauben. Was in Gottes Namen wollt ihr?«
»Ich will dich «, gestand Aimee leise. »Ruf mich hin und wieder an, ohne nach Sabrina zu fragen.«
»Das tue ich, Liebling«, versicherte Gus. »Aber du willst doch nie mit mir reden.«
»Nein, du tust es nicht«, widersprach Aimee. »Es geht immer um etwas anderes.«
»Aimee, du bist immer so selbstsicher gewesen«, sagte Gus. »Unabhängig. Ich habe deshalb immer auf dich gezählt.«
Aimee heulte verzweifelt auf und fing an zu weinen. Gus war völlig verwirrt.
»Weißt du, was ich will? Ich will Dad. Es soll wieder so sein wie früher. Damals waren wir glücklich.«
»Damals war alles besser«, stimmte Sabrina zu. »Du warst anders.«
»Wir waren alle anders«, bestätigte Gus. »Denkt ihr nicht, dass auch ich ihn zurückhaben möchte?« Sie spürte das Zittern ihrer Unterlippe, fühlte, wie Ängste und Erinnerungen in ihr hochstiegen und sie zu übermannen drohten. Reiß dich zusammen, sagte sie sich, reiß dich zusammen. Sie wusste: Wenn der Schmerz sich erst mal duchgesetzt hatte, würde er so schnell nicht mehr aufhören. Und das konnte sie nicht riskieren.
Sie eilte zu Aimee, um sie zu besänftigen und sich
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