Wenn ich in deine Augen seh (Bianca) (German Edition)
sonnengebräunten Farmer und Rancher ebenso ins Herz geschlossen wie die massiven Rocky Mountains und das weite Land am Fuß der Berge.
Sie mochte Daisy, Tom und Inez. Und Darby, die schon fast zu ihrer Vertrauten geworden war. Sich auf Freundschaften einzulassen, war eine seltene Erfahrung für Rachel. Doch an diesem Ort fiel es ihr leichter als anderswo.
Vor allem aber mochte sie Ashford. Das Problem war, dass er seine Frau immer noch liebte. Und Rachel wusste aus eigener Erfahrung, dass es sinnlos war, ihr Herz einem Mann zu schenken, der seinen Erinnerungen nachhing.
„Keine Angst“, sagte sie zu Charlie. „Wir ziehen nicht weg aus Sweet Creek, nur in eine neue Unterkunft.“
„Ich will aber bei Daisy wohnen.“
Sie seufzte. „Das geht nicht.“
Trotzig schob er die Unterlippe vor. „Dann will ich Puppy jetzt sofort haben!“
Sie reihte sich in den Verkehr ein. „Ich muss zuerst mit der Feuerwehr sprechen, bevor wir etwas aus dem Haus holen können.“
Er sank in sich zusammen und ließ den Kopf hängen. „Ich hasse das Motel.“
Ich auch. Zweihundertachtzig Dollar für sieben Nächte in einem nicht mal zwanzig Quadratmeter großen Zimmer mit winzigem Bad und noch kleinerer Kochnische, von Brandlöchern übersätem Teppichboden, schmuddeliger Bettwäsche und fleckigen Wänden …
„Warum hat es gebrannt?“
„Das weiß man noch nicht. Es muss erst noch untersucht werden.“
„Miss Inez lässt mich immer die Schüssel ausschlecken, wenn sie Kekse backt.“
Rachel seufzte. „Ich weiß.“
Der restliche Weg zum Motel verlief schweigend. Sie parkte vor der Tür mit der Nummer elf und schob Charlie hinein.
„Ich will mit Tyler spielen“, quengelte er.
„Heute Abend nicht.“ Sie hatte zu viele andere Dinge zu tun, eine anständige Unterkunft zu suchen beispielsweise.
In ihrer Tasche befand sich die Liste mit den Wohnungsangeboten, die in der nächsten Ausgabe der Rocky Times erscheinen sollten.
Wenn Shaw Wind davon bekommt, dass ich sie dem Grafikdesigner abgeschwatzt habe, kriegt er einen Tobsuchtsanfall. Aber das ist mir in diesem Fall egal.
Sobald Ashford an diesem Abend aus den Stallungen ins Haus kam, stürmte Daisy zu ihm in den Windfang und verlangte eindringlich: „Lass uns zu Rachel und Charlie fahren und sie zurückholen. Sie sagt bestimmt nicht Nein, wenn wir erst vor ihr stehen.“
Er nahm sich den Hut ab und zog sich den Mantel aus. „Sie hat ihre Entscheidung getroffen.“
Enttäuscht entgegnete sie: „Ich kann es nicht fassen, dass du nicht um sie kämpfen willst!“
Mechanisch zog er sich die Stiefel aus. Um sie kämpfen? Was sollte das denn heißen? Rachel war nicht seine Freundin und er verlor sie nicht an einen anderen Mann. Die einzige Frau, für die er sich je ins Zeug gelegt hatte, war Susie. Vor siebzehn Jahren! Er hatte kein Interesse daran, den Kampf noch einmal aufzunehmen.
„Herrje, du weißt genau, wie es im Dream On zugeht! Am Wochenende wimmelt es da nur so von Nutten und Freiern.“
Er runzelte die Stirn. „Woher weißt du denn das?“
„Ach, Dad, ich bin doch nicht von gestern. Jeder weiß über die Absteige Bescheid. Rachel und Charlie sind bloß da, weil sie uns nicht zur Last fallen wollen – und weil du sie nicht bitten willst, bei uns zu bleiben.“
„Ich habe sie gefragt und sie hat abgelehnt.“ Müde strich er sich mit einer Hand durch das Haar. Er brauchte dringend eine Dusche.
„Vielleicht warst du ja nicht überzeugend genug.“ Sie musterte ihn prüfend. „Oder hast du Angst, dass sie rauskriegt, was mit dir los ist?“
„Worauf willst du hinaus?“
„Komm schon, Dad, das weißt du ganz genau.“
In der Tat. Mit ihr unter einem Dach musste er ständig auf der Hut sein. Wegen seiner verdammten Dyslexie, die ihm das Lesen und Verstehen von Texten so mühsam und qualvoll machte. Als Kind war er sich deshalb total dumm vorgekommen. Als Erwachsener begriff er, dass es sich lediglich um eine Schwäche auf einem bestimmten Gebiet handelte. Doch diese Einsicht hatte ihm die Situation nur so lange erleichtert, bis Susie dieses Defizit gegen ihn verwendet und ihn aus Daisys Erziehung ausgeschlossen hatte.
Nun sollte er Rachel in sein Haus einziehen lassen? In deren Nähe galoppierte ihm sein letztes bisschen Vernunft davon wie die scheuen Mustangs, die auf seiner Ranch überwinterten. Er wollte Rachel nicht in Reichweite haben. Zu groß war die Gefahr, dass sich Berührungspunkte ergaben, die zu anderen Dingen führten –
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