Wenn ich in deine Augen seh (Bianca) (German Edition)
sie den Hengst die Böschung hinauf.
Die Kuh versuchte aufzustehen, schleuderte Schlammklumpen durch die Luft und kam schließlich wieder auf die Beine.
Mit aschfahlem Gesicht lag Ashford reglos da. War er bewusstlos? Oder tot? Rachel kletterte ins Bachbett hinunter. „Ash?“
Er schlug die Augen auf.
„Du lebst“, flüsterte sie erleichtert und dabei schimmerten Tränen in ihren Augen.
„Hey.“ Es zuckte um seine Mundwinkel. „Wein doch nicht. Ich ruhe mich bloß ein bisschen aus.“
Sie barg das Gesicht an seiner schlammigen Halsbeuge. Ihre Tränen fielen auf seine Haut. „Mensch, ich bin gerade um fünfzig Jahre gealtert!“
„Nur fünfzig?“
Sie hob den Kopf. Er hatte seinen Stetson verloren. Schlamm klebte ihm an Haaren, Wangen, Ohren.
Er war ein wortkarger Mann, für den Ehre und Anstand alles bedeuteten. Er arbeitete in Stallungen und auf Weiden, roch meistens nach freier Natur und Tieren. Und in diesem Moment erkannte Rachel, dass sie ihn liebte. Sie war sich so sicher wie die Tatsache, dass die Sonne durch die nackten Bäume schien.
Sie liebte Ashford McKee wie keinen anderen Mann zuvor. Ihre Brust schwoll. Ihr Blut geriet in Wallung. Sie beugte sich vor und küsste ihn auf den Mund.
Als sie den Kopf hob, murmelte er: „Merk dir genau, was du gerade getan hast … damit du es wieder tun kannst.“
Das hatte sie auch vor, und zwar bis in alle Ewigkeit. Und ausschließlich ihn wollte sie ab sofort nur noch küssen.
„Ich muss aufstehen.“ Er versuchte es und verzog das Gesicht.
„Dein Bein?“
„Ich glaube, das alte Mädchen hat es kaputtgemacht.“ Seine Stimme klang schmerzverzerrt. „Ich hätte auf dich hören sollen. Mein Handy ist in meiner Jacke. Ruf Ethan an.“
Die Kuh stand zu nahe bei ihm. Wenn sie wieder umkippte … „Ich bringe dich zuerst hier raus.“
„Habe ich denn irgendeinen Termin?“, scherzte er.
Sie warf ihm einen strafenden Blick zu und machte sich ans Werk. Es dauerte minutenlang, ihn aus der Gefahrenzone auf den verharschten Schnee zu ziehen. „So, jetzt bist du in Sicherheit.“ Sie strich ihm mit einem Finger über eine Wange und holte das Handy aus seiner Jacke.
„Schnellwahltaste zwei“, murmelte er matt.
Ethan meldete sich nach dem dritten Klingeln. Ohne Vorrede erklärte Rachel: „Ash hat sich wahrscheinlich ein Bein gebrochen. Sie müssen kommen …“ Sie wandte sich an Ashford. „Wo genau sind wir denn hier?“
„Südwestweide, am Bach bei der Zwillingspappel. Erzähl ihm von der Kuh.“
Sie gab die Informationen weiter. Dann nahm sie den Pferden die Sättel ab und legte Ashford die warmen Satteldecken um.
Während sie auf den Rettungstrupp warteten, verschwand die Sonne. Der Wind frischte auf und zerrte an den Bäumen. Ein Sturm zog herauf, wie Ashford es vorausgesehen hatte.
Rachel bettete seinen Kopf auf ihren Schoß und zupfte an dem Schlamm, der in seinen Haaren trocknete.
Zähneklappernd flüsterte er: „Wenn ich geahnt hätte, dass du so zärtlich zu mir bist, hätte ich mir schon längst ein Bein gebrochen.“
„Cowboy, du redest eindeutig zu viel.“
Das Kalb blökte hungrig. Die Kuh versuchte erneut, aus dem Bachbett zu kommen.
„Ach, das arme Ding“, murmelte Rachel.
„Du überraschst mich.“
„Wieso?“
„Du bist viel mutiger, als ich dachte.“
Sie zuckte die Schultern. „Wir Reporter müssen hart im Nehmen sein bei den vielen Kriegsgebieten, Seuchenregionen, Naturkatastrophen. Und nicht zuletzt bei den vielen Kühen, die im Schlamm steckenbleiben!“
Er blieb ernst. „Ich rede nicht von deinem Beruf, sondern von deiner Herzenswärme. Du beweist sehr viel davon, weißt du das!?“
Tränen brannten in ihren Augen, sodass sie den Blick abwandte. „Das war nicht immer so.“
„Umso besser, dass man sich ändern kann.“
Sie strich ihm über das Haar. „Tun wir das nicht alle irgendwann mal?“
Er schüttelte den Kopf. „Nicht jeder.“
Kurz darauf erschien Ethan mit drei Männern. Die Kuh wurde gerettet und Ashford kam ins Krankenhaus.
Mit rosigen Wangen stürmte Charlie ins Haus und verkündete aufgeregt: „Mom, wenn ich groß bin, werde ich Rancher, ganz genau wie Ash.“
Das große Vorbild folgte dem kleinen Jungen in die Küche, schloss die Tür und schlenderte mit etwas Mühe zu Rachel, die am Herd stand und einen großen Eintopf mit Rindfleisch und Gemüse umrührte.
Ashford humpelte immer noch ein wenig aufgrund seines Zusammenstoßes mit der Kuh. Er hatte sich die Quadrizepssehne
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