Wenn keiner dir glaubt: Thriller (German Edition)
gearbeitet, und er hat gut gespielt. Ich habe mich sogar für Football interessiert und mir ein, zwei Spiele angesehen, aber ich hielt es nicht aus, mit anzusehen, wie er über den Haufen gerannt und zusammengeschlagen wird.«
Anya hatte von einer Rückenverletzung gelesen, derentwegen McKenzie vier Spiele pausieren musste. Sie versuchte herauszufinden, wann das hinsichtlich der Beziehung gewesen war. »Hat er sich irgendwann mal am Rücken verletzt?«
»Ja, da sind ihm gleich mehrere Muskeln gerissen. Er kam nicht damit zurecht, daheim herumzuhängen, und fürchtete, er würde nie wieder spielen können. Auch als er wieder am Platz stand, hatte er noch furchtbare Schmerzen, Monate hat das gedauert.«
Bethany mischte sich wieder ein. »Ali hat ihren Beruf an den Nagel gehängt und ist zu ihm gezogen, um ihn zu pflegen, aber dankt er ihr das? Gott bewahre. Der große Herr gibt ihr die Schuld an allem. Erzähl’s ihr, Ali, erzähl ihr, wie fies er sein konnte.«
Die Augen der jüngeren Schwester trübten sich ein. »Ich habe für ihn gekocht, und wenn es nicht das war, was er wollte, dann hat er es in den Abfall gekippt, und ich musste ihm was Neues kochen. Aus dem Nichts hat er diese Wutanfälle gekriegt, und ich hatte überhaupt keine Ahnung, womit ich ihn so böse gemacht habe. Sobald er mehr als ein Glas getrunken oder Schmerzmittel genommen hat, ist er komplett ausgerastet.«
Es klang, als versuche Ali das Verhalten ihres damaligen Lebensgefährten zu entschuldigen.
»Fing es da mit der Gewalt an?«
Langsam nickte sie, als schäme sie sich. »Die ersten paar Mal hat er gesagt, er hätte es nicht gewollt. Es hat ihm dann immer so leidgetan, und er hat versprochen, er macht es wieder gut. Ich habe ihn ja geliebt.«
»Haben Sie irgendwo Hilfe gesucht?«
»Ich habe versucht, mit seinem Trainer zu reden, damit er ihn nicht immer so unter Druck setzt, aber das hat ihn noch wütender gemacht. Beim Heimkommen hat er die Tür so zugeknallt, dass ich mich im Schrank im Flur versteckt habe. Er hat rumgebrüllt, ich soll mich nicht einmischen, und hat in alle Zimmer geguckt und die Türen zugeknallt, und dann habe ich gehört, wie er sich ein Bier aufmacht … und dann noch eins … ich habe mich im Schrank versteckt, bis er eingeschlafen war.«
Der Wasserkessel pfiff, und Bethany trocknete sich die Hände ab, ehe sie drei Tassen löslichen Kaffee aufsetzte und auf den Tisch stellte. Dann brachte sie eine Packung Milch, einen Löffel und eine angeschlagene Zuckerdose.
Anya holte die Akte mit den Fotos aus ihrer Tasche, die nach dem Messerangriff aufgenommen wurden.
»Hat sich die Brutalität vor dieser Nacht gesteigert?«
»Als er wieder zu spielen anfing, war er ganz lieb. Dann sah ich in der Zeitung ein Bild, wie er mit einer anderen Frau in irgendeinem Hotel frühstückt. Sie küssten sich.« Beim Reden berührte sie mit der Hand ihre Lippen. »Ich dachte, ich liebe ihn, und er liebt mich.« Sie fasste die Tasse mit beiden Händen. »Als er das nächste Mal heimkam, sagte ich ihm, es sei aus.«
Bethany setzte sich neben Anya. »Ich habe sie überredet, bei mir zu wohnen. Er hat andauernd angerufen und behauptet, das Foto sei nicht echt, und sie dürfe ihn nicht verlassen. Ich dachte, solange sie hier ist, ist sie sicher.«
Ethan hatte ihr erzählt, dass der Auslöser für häusliche Gewalt innerhalb der Beziehungen der Spieler häufig Untreue war. Er irrte sich. Untreue war keineswegs die Ursache. Das Erwischtwerden war es, was den untreuen Partner wütend machte und den anderen verstörte. In diesem Fall war nur eine Partei gewalttätig geworden.
Alison schwieg, als Anya die Fotos aus dem Krankenhaus präsentierte.
»Es ist Zeit, darüber zu sprechen«, sagte die ältere Schwester schließlich. »Der liebe Gott weiß, so können wir nicht weitermachen.«
Zum ersten Mal sah Anya eine unleugbare Familienähnlichkeit in den Mienen der beiden Frauen. Die eine hatte ein volleres Gesicht, aber die braunen Augen glichen einander vollends. Beide wirkten wie Frauen, deren Geist gebrochen war. Anya konnte nur erahnen, was sie hatten durchmachen müssen. Aber immer noch schwieg Ali.
»An diesem Abend ging ich zur Arbeit ins Pflegeheim. Ich war noch keine zehn Minuten aus dem Haus …« Tränen stiegen in Bethanys Augen, und sie fuhr mit dem Handrücken darüber.
Alison griff nach der Hand ihrer Schwester. »Ich habe es dir nie gesagt, aber ich bin froh, dass du nicht dabei warst. Er war völlig außer sich, und
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