Wenn tausend Sterne fallen: Roman (German Edition)
blaue Sportwagen stand nicht mehr vor dem Haus, als Ellen zurückkam. Sie wusste nicht, ob sie erleichtert oder traurig sein sollte. Müde schleppte sie sich die Treppe hinauf, überlegte, was sie sich kochen könnte, und nahm sich vor, bald schlafen zu gehen.
Josie hatte natürlich alles stehen und liegen lassen, aber wenigstens waren ihre Sachen fort. Nachdem Ellen aufgeräumt hatte, war sie so erschöpft, dass sie nur ein Schinkenbrot aß.
Am nächsten Morgen fühlte sie sich frisch und munter. Sie zog das Bett ab, um die Wäsche in den Waschsalon zu bringen. Es war ein wunderschöner Morgen, und sie erwog, das gute Wetter auszunutzen und am Abend übers Wochenende nach Cornwall zu fahren.
Als sie um halb neun aus dem Haus wollte, fiel ihr ein, es war der Monatsletzte, und ihre Miete war fällig. Sie beschloss, das Geld bei Bert im Postamt nebenan zu hinterlegen, für den Fall, dass sie wegfahren sollte.
Sie nahm die Kladde, in der sie sich stets die Miete quittieren ließ, aus der Schublade ihrer Frisierkommode. Sie hatte vier Zehnpfundscheine hineingesteckt, aber das Geld war weg.
»Das kannst du nicht gewesen sein, Josie. Oder etwa doch?«, überlegte sie laut. Sie konnte nicht glauben, dass ein Mensch so tief sinken konnte. Aber niemand außer Josie kam infrage. Sie musste das Geld entdeckt haben, als sie ihre Sachen zusammengesucht hatte.
»Du gottverdammtes Miststück!«, schimpfte sie, außer sich vor Wut. Die eigene Schwester zu bestehlen! Wo sollte sie jetzt das Geld für die Miete hernehmen? Ihr Gehalt würde sie erst in einer Woche bekommen, und wenn sie das Geld dort abzwackte, würde es ihr nächsten Monat fehlen. »Das verzeih ich dir nie«, murmelte sie vor sich hin. »Zerstör dich meinetwegen mit deinen Drogen. Ich bin fertig mit dir.«
16. Kapitel
1991
W arum bin ich nur so unschlüssig, Fred?« Daisy vergrub die Nase im weißen Fell ihres Terriers, der neben ihr auf dem Bett lag. Auf dem Plattenspieler drehte sich ein Album von Whitney Houston. »Es ist ja nicht bloß der Job oder die Frage, wie es mit Joel weitergehen soll. Ich muss auch endlich was wegen meiner richtigen Mum unternehmen.«
Fred gähnte geräuschvoll und schmiegte sich enger an sie. Ihn störte es offenkundig nicht im Geringsten, dass sie unschlüssig war. Im Gegenteil, er schien es zu genießen.
Es war März. Neun Monate waren seit dem Tod ihrer Mutter vergangen, und Daisy hatte das Gefühl, auf der Stelle getreten zu sein. Die Trauer allein konnte sie nicht dafür verantwortlich machen: Es vergingen Tage, da dachte sie kaum an Lorna.
Am meisten vermisste sie die Gespräche mit ihr, die ihr geholfen hatten, ihre Gedanken und Ideen zu entwirren. Ohne diesen Austausch fiel es ihr schwer, positiv zu denken, Pläne zu machen und zu verwirklichen. Sie kam sich oft einsam und verlassen vor, und nicht einmal Joel oder ihre Freunde vermochten etwas daran zu ändern.
Etwas immerhin hatte sie in die Tat umgesetzt: Sie hatte einen Teil des Geldes, das ihre Mutter ihr hinterlassen hatte, in einen Intensivkurs für Küchenchefs investiert, der vergangenen September begonnen hatte. Sie hatte Talent fürs Kochen, und die Kursleiter lobten sie überschwänglich, was ihrem Selbstbewusstsein mächtig Auftrieb gegeben hatte. Dennoch war sie jetzt, da der Abschluss in greifbare Nähe rückte, nervös. Ein exzellentes Essen in einer ruhigen, netten Atmosphäre zuzubereiten, war eine Sache, berufsmäßig in einer hektischen Restaurantküche zu kochen, eine ganz andere.
Daisy seufzte. Noch mehr Fehlschläge konnte sie sich nicht leisten. Der nächste Job musste der richtige sein oder wenigstens die unterste Stufe auf der richtigen Leiter. Aber woran erkannte man die »richtige Leiter«?
Der Kursleiter hatte ihr geraten, sich mit ihrem Diplom entweder eine Stelle als stellvertretende Küchenchefin in einem erstklassigen Londoner Hotel oder Restaurant zu suchen oder sich in einem kleineren Restaurationsbetrieb irgendwo außerhalb um die Stelle der Chefköchin zu bewerben.
Die erste Möglichkeit sagte ihr eher zu. Als stellvertretende Küchenchefin würde sie Erfahrungen sammeln und außerdem weiterhin zu Hause wohnen und sich mit Joel treffen können. Der Nachteil war, dass in Londoner Restaurantküchen eine unglaubliche Hektik herrschte.
Ginge sie von London fort, würde sie sich eine eigene Wohnung suchen müssen. Andererseits wurde eine Chefköchin besser bezahlt, und ihr Kursleiter meinte, sie sei in dieser Position sicher
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