Wer bist du, schöne Juno
gemacht hatten. Das Vorgefundene Durcheinander hatte ihn genötigt, auf der Suche nach bestimmten Dokumenten nach London zurückzukehren. Dann war er wieder nach Leicestershire gereist, um darauf zu achten, daß seine Anordnungen ausgeführt wurden. Als der Staub sich schließlich gelegt hatte, waren drei Wochen vergangen.
Morgens war er mit der Absicht aufgestanden, die verlorene Zeit nach zuholen. White’s schien ihm der geeignete Ort zu sein, um mit den Nachforschungen zu beginnen. Er schlenderte durch die ineinander übergehenden Räume, blieb hin und wieder stehen, und hielt nach vertrauten Gesichtern Ausschau. Wie es sich ergab, war er derjenige, der erkannt wurde.
„Martin?“
Die Frage veranlaßte ihn, sich umzudrehen. Er blickte in haselnußbraune Augen und grinste erfreut.
„Marc!“
Die Herren schüttelten sich herzlich die Hände. Marc wies auf die vor ihnen liegenden Räumlichkeiten, nachdem er mit Martin die Neuigkeiten ausgetauscht und der Freund gebührend über seine kürzlich erfolgte Hochzeit gestaunt hatte.
„Tony ist dort irgendwo. Auch er ist verheiratet. Zufällig mit Dorotheas Schwester.“
Martin schaute Marc lachend an und erwiderte: „Das muß doch Anlaß für diverse Kommentare gewesen sein. Wie hat Tony die Hänseleien aufgenommen, er täte stets das, was du ihm vormachst?“
„Seltsam, diesmal scheint es ihn nicht gestört zu haben, wie ich meine.“ Man fand Lord Fanshawe und verschiedene andere Mitglieder des Clubs, die früher zu Martins Kreis gehört hatten, in einem der hinteren Räume. Martins Erscheinen erzeugte beträchtliches Aufsehen. Er wurde mit Fragen bombardiert, die er gutmütig beantwortete.
In Marcs und Tonys Begleitung verließ er einige Stunden später das Haus und dachte amüsiert, daß es ihm zumindest gelungen war, sich wieder einen Platz in der Gesellschaft zu verschaffen. Man war im Begriff, sich zu trennen, als Marc ihn aufhielt.
„Soeben ist mir etwas eingefallen. Komm morgen zum Dinner. Es wird zwanglos sein. Nur die Familie. Tony kommt auch. Dann kannst du unsere Gattinnen kennenlernen, und meinen Sprößling.“
,,Ja, gern“, willigte Martin ein.
„Um sechs Uhr. Zur Zeit speisen wir früh.“
Nickend und sich zuwinkend, verabschiedeten sich die Herren. Martin strebte mit langen Schritten seinem neueingerichteten Heim am Grosve-nor Square zu und dachte daran, daß Lady Hazelmere gut diejenige sein könne, die ihm dabei zu helfen vermochte, die wahre Identität der schönen Juno herauszufinden.
Der Donnerstagabend war mild und klar. Martin ging die kurze Strecke zum Cavendish Square. Er wurde von Mytton, den er kannte und der ihn zu seinem Erstaunen wiedererkannte, ins Haus gebeten.
„Willkommen in London, Mylord.“
„Hm, danke, Mytton.“
Marc kam in die Halle und sagte: „Ich dachte mir, daß du gekommen bist.“
Martin schüttelte ihm die Hand, doch sein Blick galt der Frau, die dem Hausherrn gefolgt war. Sie war schlank, hatte eine Fülle kastanienbrauner Locken, ein klassisch geschnittenes Gesicht und einen hellen Teint. Martin blickte den Freund an und zog fragend eine Braue hoch. Das Lächeln in Marcs Gesicht war Antwort genug.
„Erlaube mir, dich mit meiner Gattin bekannt zu machen. Dorothea, das ist mein Freund Martin, der Earl of Merton.“
Martin hob die ihm gereichte Hand der Dame zum Kuß an die Lippen. Sie schaute ihn offen und mit belustigtem Blick an und sagte: „Willkommen, Sir. Ich habe sehr viel über Sie gehört. Ich platze vor Stolz, die erste zu sein, die Sie bei sich zu Gast hat.“
„Das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite, Madam“, erwiderte er lächelnd.
Er fand, daß sie bezaubernd und genau die Richtige für Marc war. Sein Blick schweifte zum Gesicht des Freundes, der die Gattin beobachtete, einen eindeutig besitzergreifenden Ausdruck in den nußbraunen Augen.
„Kommen Sie und lernen Sie die anderen Gäste kennen.“
Dorothea nahm den Earl beim Arm und führte ihn in den Salon.
Marc ging neben ihm her und murmelte amüsiert: „Du mußt auch über unseren Sohn in Begeisterung ausbrechen.“
Man blieb auf der Schwelle des großen Salons stehen. Martin ließ den Blick über die Anwesenden schweifen und bemerkte Anthony, der ein hübsches blondes Mädchen neben sich hatte und sich mit Marcs verwitweter Mutter unterhielt. Neben ihr saß eine ältere Dame, die einen purpurfarbenen Turban trug. Sie kam Martin bekannt vor, aber er wußte nicht, wo er sie unterzubringen hatte. Sein Blick glitt zu
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