Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
Lichtkreis des Feuers hinaus, in die Dunkelheit der Nacht. Sie war in den zwei Sekunden, bis ich ihr auf den Fersen folgte, nicht sonderlich weit gekommen. Ihre Röcke verhakten sich im Unterholz und mit den zusammengeschnürten Händen konnte sie sie nicht hochheben. Sie kämpfte sich mehr vorwärts, als sie zum Laufen imstande war. Ich hatte sie sehr schnell eingeholt und mit einem kräftigen Stoß zu Boden geworfen.
Sie gab einen kurzen, erschreckten Schrei von sich, als sie mit dem Gesicht auf dem Waldboden aufschlug, ohne sich mit den Händen abfangen zu können. Als sie Anstalten machte, sich wieder aufzuraffen, stellte ich meinen Fuß hart auf ihren Rücken, sodass ihr ein schmerzhaftes Keuchen entfuhr.
„Bleib unten“, befahl ich ihr.
Aus dem Keuchen wurde ein Schluchzen, als sie zu weinen begann. Ich ließ ihr Elend mich nicht berühren, blendete die jämmerlichen Laute, die aus ihrem Mund drangen, einfach aus. Das Strick, das mir der Priester gebracht hatte, legte ich um ihre Fußknöchel und zog es fest an. Sie wimmerte, denn ich tat ihr dabei weh.
Inzwischen schlenderte der Priester gemächlich zu uns heran und blieb neben der am Boden liegenden Johanna stehen. Sein Körper war eine mächtige, dunkle Silhouette.
„Meine Saat erblüht“, sagte er mit seiner tiefen, vibrierenden Stimme. „Obwohl ich zeitweise dachte, sie sei unter Dornen gefallen.“
------- KONRAD ------
Obwohl er – wie immer – früher da war, als der Priester ihn geladen hatte, konnte er diesmal die Ruhe am Fluss nicht genießen. Der Priester war bereits anwesend. Und mit ihm Robert Adlam. Es war sicher kein Zufall, dass die beiden sich hier schon vor seiner Ankunft getroffen hatten. Dass sie ihn offensichtlich von irgendetwas ausgeschlossen hatten, gefiel ihm gar nicht. Aber wenn seine Pläne in Erfüllung gingen, dann wäre diese neue traute Zweisamkeit sehr schnell wieder Geschichte.
Sie hatten ein kleines Lagerfeuer entfacht und saßen dort friedlich nebeneinander, in ein Gespräch vertieft. Konrad hatte schon, als er von weitem die beiden schattenhaften Gestalten erblickt hatte, seine Kapuze übergestreift. Es reichte wirklich, dass Robert das Gesicht und der wahre Name des Priesters bekannt war. Seine eigene Identität wollte er auf keinen Fall preisgeben. Zu tief stocherte er nun schon mit dem Schürhaken im Feuer. Er setzte sich schweigend zu den beiden anderen Männern, bewusst direkt an
Roberts Seite.
Der Priester begrüßte ihn mit einem freundlichen Nicken. „Wir haben gerade ein neues Projekt für die heutige Nacht angedacht“, erklärte er ihm.
„Und das wäre?“ erkundigte Konrad sich, während er seinen Ärger darüber niederzuringen versuchte, dass der Priester plötzlich schon seine Vorhaben einträchtig mit diesem Kerl absprach.
„Du wirst etwas vollkommen Neues erleben“, war die Antwort. „Denn die Möglichkeiten, die sich uns bieten, nun, da wir wieder zu dritt, haben sich vervielfältigt.“
„Und was ist mit deinen Leuten?“ fragte Konrad ihn. „Sie haben schon beim letzten Mal nicht bekommen, was sie wollten.“
Der Priester wies mit dem ausgestreckten Arm in die Dunkelheit zu seiner Linken. „Sie werden sich gedulden, nur noch eine weitere Nacht. Inzwischen habe ich ein kleines Spielzeug für sie, das sie sehr erfreuen wird.“
Konrad folgte mit den Augen der Geste seines Meisters: Ein paar Meter entfernt, kaum berührt von dem Licht des Feuers, lag eine Gestalt auf der Erde. Er erkannte, dass es sich um eine Frau handelte, die wie tot dalag und sich nicht regte.
„Sie schläft, unsere liebe Johanna“, sagte der Priester mit sanfter Stimme. „Robert hat dafür gesorgt, dass sie sich für eine Weile keine Sorgen mehr machen muss. Dies sind wohl die letzten friedlichen Augenblicke ihres Lebens.“
„Und worauf wird es heute Nacht hinauslaufen?“ wollte Konrad weiter wissen und warf dabei einen kurzen Blick zu Robert, der mit unbewegtem Gesicht neben ihm saß.
„Ein Energiestrom“, war die knappe Antwort des Priesters. „Bleibe einfach bei uns und lerne.“
„Es wird jemand hinter dir stehen, der dich auffängt, falls du wieder umkippst“, ergänzte Robert die Worte des Priesters. „Damit du nicht auf einen Stein fällst und dir den Kopf aufschlägst.“
Bei dieser Feindseligkeit gelang es Konrad diesmal, ganz ruhig zu bleiben, denn die Antwort auf alle Beleidigungen würde nicht mehr lange auf sich warten lassen.
„Vergiss nicht, dass es dir selbst schon passiert
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