Wer Boeses saet
und Fuß. Ein älterer Mann, ein einfacher Plan, ein schnelles Vergnügen. Der Rest war noch nicht so ganz klar.
»Und Ihr Internetname, das war dann Léo?«
»Genau.«
»Das Foto im Netz ist nicht von Ihnen. Wie erklären Sie sich das?«
»Das Foto war einfach kein Foto von mir.«
François zeigte ihm das Phantomporträt.
»Sie haben das da benutzt, stimmt’s?«
Ein resigniertes Nicken. Der Polizist fragte:
»Und wer ist das?«
»Keine Ahnung. Ich hab’s aus dem Internet.«
»Macht man das so?«
»Ich habe eine Ausbildung zum Informatikingenieur. Das kann man schon hinkriegen, das ist nicht so schwierig.«
»Warum dieses Versteckspiel?«
»Ich wollte nicht, dass mich jemand wiedererkennt.«
»Wieso nicht?«
Galthier schluckte schwer.
»Das konnte ich doch nicht ahnen … Als ich sie sah, da habe ich …«
»Machen Sie’s kürzer, ich bitte Sie.«
»Sie ist eine Freundin meines Sohnes. Ich weiß, ich hätte das nicht tun dürfen. Aber es war stärker als ich. Sie hat mir wahnsinnig gut gefallen.«
Jetzt war klar, warum er so herumdruckste. Dieses Geständnis sagte auch etwas über Lucies verschwiegenen Charakter aus. Sie hatte noch andere Freunde als Stephen, und wahrscheinlich interessierte sie sich auch für andere Dinge als nur für die Arbeit. Der Friseur kannte von ihrem Leben nur den kleinen Bereich, in den sie ihm Einblick gewährt hatte.
Trotzdem, François hatte noch Vorbehalte.
»Dank Meetic konnten Sie sie in aller Heimlichkeit treffen. Bis dahin kann ich noch folgen. Aber danach? Sie musste notgedrungen erfahren, wer Sie sind!«
»Sie hätte nichts herumerzählt.«
»Wirklich nicht?«
»Ich … Ich hatte ihr gleich von Anfang an ein Arrangement vorgeschlagen.«
»Ein Arrangement?«
»Wegen ihrer Eltern. Es war wünschenswert, dass sie nicht erfuhren, was ihre Tochter trieb.«
Das wurde ja immer besser. Dieser Mittfünfziger hatte sie erpresst. So übel die Erklärung auch war, sie war immerhin glaubhaft. Der Kommissar wollte schon weiterbohren, als Julia sich einmischte.
»Du armer Typ. Ich nehme mal an, du hattest auch nicht vor, sie zu bezahlen.«
»Doch! Natürlich!«
»Du lügst. Du wolltest dir einen hübschen Brocken Frischfleisch schnappen. Sie hat sich gewehrt. Und da hast du sie getötet.«
Der Mann geriet außer sich.
»Nein! Sie hatte das Treffen im Café Carnot vereinbart, in Châteaurenard. Mir ging es nicht so gut, deshalb habe ich draußen gewartet, in meinem Auto. Als sie rauskam, habe ich sie angesprochen. Es war nicht schwierig, sie dazu zu bringen, in mein Auto einzusteigen. Sie kannte mich ja.«
Jetzt sprudelten die Worte nur so aus ihm heraus, François ermunterte ihn fortzufahren.
»Und dann?«
»Sie war ein bisschen überrascht, als ich ihr alles erklärt habe. Aber sie hat sich schnell wieder beruhigt, die kleine Nutte.«
Julia zuckte zusammen. Der Profiler spürte, dass sie gleich ausrasten würde, und fragte schnell:
»Was ist danach geschehen?«
»Wir sind ins Hotel gegangen.«
»In welches?«
»In ein Ibis-Hotel im Gewerbegebiet.«
»Und dann?«
»Na ja, nichts. Ich hab’s ihr besorgt. Und ich kann Ihnen sagen, dass es ihr gefallen hat. Ich habe mich gefragt, ob sie das echt nur wegen der Kohle macht. Ich hab sie trotzdem bezahlt, und dann hab ich mich aus dem Staub gemacht.«
»Mit ihr?«
»Allein. Sie hat sich ein Taxi genommen.«
»Wie spät war es da?«
»Zwanzig Uhr. So um den Dreh.«
Das heißt, eine Ewigkeit vor dem Gemetzel. Um diese Angaben zu überprüfen, mussten sie sich nur mit dem Ibis in Verbindung setzen und nach dem Taxi fahnden. Aber danach? Hatte er Lucie verfolgt? Hatte er ihr aufgelauert und ihr vorgeschlagen, noch mal loszulegen?
François hakte weiter nach.
»Was haben Sie dann getan?«
»Ich bin zu mir nach Hause gegangen.«
»Auf direktem Weg?«
»Ja. Mein Sohn hatte uns was gekocht. Wir haben zusammen gegessen und ferngesehen. Ich bin sogar auf dem Sofa eingeschlafen. Sie können ihn fragen, wenn Sie möchten.«
Galthier hatte mechanisch gesprochen, wie ein gebrochener Mann. Seine Haltung, seine Antworten – nichts an dieser Person hatte etwas mit François’ Vorstellung von dem Mörder gemein.
Marchand sagte zu Julia:
»Lassen Sie einen Wagen kommen, und begleiten Sie ihn zum Kommissariat. Der Polizeigewahrsam beginnt genau jetzt.«
Der Kahlköpfige wurde bleich.
»Glauben Sie mir etwa nicht?«
»Wir werden Sie noch einmal vernehmen, Ihre Angaben überprüfen und Ihre Aussage dann
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