Wer will schon einen Traummann: Roman (German Edition)
und beschloss stattdessen, Button in eine der Schaukeln zu setzen. Sie wollte Mat und Lucy noch ein wenig Zeit allein gönnen.
Mats Sportlichkeit überraschte sie nicht. Er warf das Frisbee hinter dem Rücken hoch, machte anmutige Sprünge und genoss ganz allgemein das Rumtollen. Über Lucy staunte sie dagegen tatsächlich. Nach den ersten verkrampften Minuten kam plötzlich ein lebensfroher Teenager zum Vorschein. Lucy erwies sich als schneller, wendiger Gegner. Mat war hin- und hergerissen zwischen Neckereien und Lob.
Den kriegst du nie. Ich bin viel zu gut für dich. He, gar nicht schlecht für so einen Frechdachs … Oha, der hat aber’nen ganz schönen Drive drauf. Okay, du Ass, mal sehen, was du damit anfängst …
Nealy tat das Herz weh, als sie den beiden so zusah. Lucys braune Augen glänzten, und ihr Kinderlachen wehte mit jeder Brise zu ihr herüber. Sie wirkte jung, sorglos und glücklich, so wie das Mädchen, das sie eigentlich sein sollte, und nicht das, was die Umstände aus ihr gemacht hatten. Als Mat zum Spielplatz ging, um das danebengeflogene Frisbee aufzuklauben, folgten ihm Lucys Blicke, und in ihnen lag eine so tiefe Sehnsucht, wie sie nur dem einsamsten aller Herzen entspringen konnte.
Sie musste an ihre eigene schwierige Beziehung zu ihrem Vater denken. Weil er immer den Herrscher herauskehrte, sah sie sich als sein Opfer. Doch jetzt ertappte sie sich bei der Frage, inwieweit sie selbst die Schuld an ihrer Rolle trug. Es war erbärmlich, First Lady zu sein und immer noch Daddy alles recht machen zu wollen.
Vielleicht wäre es ja leichter für sie gewesen, wenn sie ihre Mutter nicht schon so früh verloren hätte. Sie und ihre Stiefmutter unterhielten zwar eine herzliche, aber nicht besonders enge Beziehung, was die Rolle des Vaters in ihrem Leben umso zentraler machte. Oft hatte sie gegen seine Manipulationen protestiert, sich ihm aber nie ernsthaft widersetzt, nicht bis vor vier Tagen jedenfalls, als sie dem Weißen Haus den Rücken gekehrt hatte. Hatte sie etwa Angst, dass er sie nicht mehr lieben würde, wenn sie tatsächlich rebellierte? Sie nahm sich vor, James Litchfield von nun an anders gegenüberzutreten. Wenn er sie nicht zu ihren Bedingungen akzeptierte, dann würde er eben nur mehr eine Nebenrolle in ihrem Leben spielen.
»Komm, Nell«, rief Mat. »Setz den Dämon da ins Gras ab. Mal sehen, ob du bei uns jungen Leuten mithalten kannst.«
Mit dem Gefühl, eine Last abgeschüttelt zu haben, schloss sich Nealy den beiden an. Obwohl sie ihnen nicht das Wasser reichen konnte, nahmen sie sie geduldig in ihren Kreis auf, und sie amüsierte sich prächtig.
Schließlich schlang Mat den Arm um Lucys Schulter und rieb ihr mit den Fingerknöcheln über den Kopf. »Zeit zum Aufbrechen, Ass! Du hast dich prima geschlagen.«
Lucy strahlte, als hätte er ihr ein unbezahlbares Geschenk gemacht.
Button schlief rasch in ihrem Autositz ein, und Lucy verzog sich mit einem Buch nach hinten. Nealy ließ sich mit dem Wegräumen der Picknickreste Zeit. Ohne die Kinder als Schutzschild fühlte sie sich in Mats Gegenwart unsicher. Wenn sie an die heißen Worte von gestern Abend dachte, an die intimen Berührungen und ihre Reaktion darauf, dann konnte sie ihm kaum in die Augen sehen. Sie mochte das gar nicht. Mit einunddreißig sollte Sex einen wirklich nicht mehr so verlegen machen.
Sie merkte, wie sehr sie sich daran gewöhnt hatte, die Leute auf Distanz zu halten, was jedoch nur Selbstschutz war für eine First Lady in einem Zeitalter des Sensationsjournalismus und der öffentlichen Outings. In den letzten Jahren hatten sogar ihre langjährigen Freundschaften darunter gelitten.
Vielleicht gefiel ihr ja am meisten an Nell Kelly, dass die sich keine Gedanken darüber machen musste, welchen Platz sie in der Geschichte einnahm. Sie konnte einfach sie selbst sein. Nell, erkannte sie plötzlich, hätte sicher keine Probleme, mit Mat über die Eskapaden der letzten Nacht zu reden.
Sie ging nach vorn und nahm auf dem Beifahrersitz Platz. »Willst du, dass ich eine Weile fahre?«
»Nie im Leben. Dir fällt dann bloß ein, dass Button nicht in den Kindergarten gehen kann, bevor sie nicht Lincolns Anwaltspraxis in Springfield oder den Schaufelraddampfer in Peoria gesehen hat.«
»In Peoria gibt’s einen Schaufelraddampfer?« Lincolns Anwaltspraxis kannte sie bereits.
»Ist abgesoffen.«
»Du lügst! Komm, Mat, lass uns hinfahren. Peoria ist ein solch perfektes Symbol für den amerikanischen
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