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Werbevoodoo

Titel: Werbevoodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ono Mothwurf
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Dafür wird er büßen.«
    »Timo, ich mag Sie persönlich gut leiden, bin aber trotzdem immer noch Kriminalkommissar. Seien Sie bitte vorsichtig mit solchen Drohungen. Wenn dem Olanger nun irgendetwas zustößt, sind Sie der Hauptverdächtige.«
    »Das will ich auch hoffen.«
    »Na dann ist’s ja gut«, antwortete Wondrak ebenso patzig. »Haben Sie denn irgendeine Idee, wie so ein Fernmord funktionieren sollte, nur so rein technisch?«
    In dem Moment fühlte er, dass er mit seiner Patzigkeit ein bisschen zu weit gegangen war. Er hatte sich kränken lassen und darauf reagiert – ein Riesenfehler, vor dem er seinen Nachwuchs in der Schule der Kommissare immer warnte. ›In dem Moment, in dem ihr persönlich werdet, habt ihr verloren. Ihr seid bei einer Vernehmung nicht als Menschen anwesend. Sondern ihr seid Medien zur Wahrheitsfindung. Das Geheimnis liegt darin, dass ihr eurem Gegenüber das Gefühl gebt, dass ihr mit ihm mitfühlt. Dabei müsst ihr aber eure wahren, eigenen Gefühle unter Kontrolle haben.‹
    Und genau diese Kontrolle war ihm gerade entglitten. Er hatte sich im Ton um eine Nuance vergriffen, und plötzlich stimmte die Melodie nicht mehr.
    Timo ging sofort auf die Palme: »Hallo? Es gibt Fernabitur, Fernstudium, Fernlenkwaffen, warum keine Fernmorde?«
    »Entschuldigung«, ruderte Wondrak zurück. »Natürlich sind Sie kein Mediziner. Aber vielleicht haben Sie eine Vermutung, wie so eine Verbindung funktionieren könnte.«
    »Liebe ist Ihnen ein Begriff, ja? Schon mal gehört? So funktioniert so eine Verbindung.«
    Na super, Wondrak, da hast du ja vor deiner Quelle einen tollen Staudamm aufgemauert. Jetzt hilft erst mal nur Schweigen.
    »War’s das?«, fragte Timo, nachdem sie ein bisschen zusammen geschwiegen hatten.
    »Von mir aus, ja«, sagte Wondrak. »Selena ist eines natürlichen Todes gestorben. Wenn Sie mir nicht helfen, das, was Sie als Tatwaffe bezeichnen, zu verstehen, wird niemals ein Mord oder ein Totschlag daraus.«
    Wondrak setzte seinen sanft-traurigen Blick auf und sah Timo so lange in die Augen, bis aus seinen Zügen die Härte wich.
    Timo glaubte zu merken, dass Wondrak auf seiner Seite stand. »Sie haben schon einmal etwas von Synästhetikern gehört?«
    Wondrak nickte. »Eine Wahrnehmungsstörung, die die Sinne vermischt.«
    »Durch eine konventionelle Mediziner-Brille betrachtet, ist das eine Wahrnehmungsstörung«, entgegnete Timo. »Menschen, die Zahlen mit Farben in Verbindung bringen, die Musik riechen können, und so Sachen. Ich finde, das ist keine Störung, sondern eine phänomenale Gabe. Eine Erweiterung der Sinne. Selena war Synästhetikerin, alles war miteinander verknüpft. Manchmal fragte sie mich: ›Hörst du das?‹, und als ich verneinte, summte sie mir eine Melodie vor, und sagte: ›Hörst du, das sind die gelben Sonnenstrahlen.‹ Es gibt auch Synästhetiker, die können sich keine Actionfilme ansehen, weil sie die Schmerzen auf der Leinwand körperlich nicht ertragen.«
    »Und die Liebesszenen können sie auch nachfühlen?«, fragte Wondrak neugierig.
    »Klar. Die fühlen, was andere nur sehen.«
    »Beneidenswert«, konstatierte Wondrak, dessen Liebesleben unter echter Unterversorgung litt.
    »Bei Selena waren alle Sinne synästhetisch miteinander verbunden. Sogar meine Sinne. Meine Arbeit bereitete ihr Schmerzen. Mehr Schmerzen als mir selbst. Aber ich habe das einfach nicht ernst genommen.« Timo stand auf und öffnete die Flügeltür zur Terrasse. Wondrak trat mit ihm hinaus und ihn befiel sofort ein leichtes Urlaubsgefühl. »Leider weiß ich erst jetzt, was sie damit meinte, ich sollte besser Merinoschafe züchten. Irgendetwas, das man gern macht, aber wo man nicht mit ganzem Herzen dabei sein muss.«
    »Glauben Sie, Sie wären glücklich, wenn Sie das hier gegen einen Schafstall getauscht hätten? Sie sagen es doch selbst – Sie sind hier der kommende Mann, Timo.«
    »Selena würde noch leben.«
    »Aber sie hätte Ihre tiefe Unzufriedenheit gespürt. Und darunter erst recht gelitten. Selenas Großmutter hatte recht: Sein Schicksal kann man keinem anderen überlassen. Und man kann ihm nicht entkommen.«
    Sie gingen wieder ins Besprechungszimmer. »Also kriegen wir den Olanger nicht dran?«
    »Soweit ich weiß, steht auf unserer Liste anerkannter Methoden des Totschlags nichts über einen synästhetischen Schock oder dergleichen. Aber ich unterhalte mich noch einmal mit unserem Gerichtsmediziner, vielleicht hat der eine Idee.«
    »Danke, Herr

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